Anm. zu BSG: Verspätete Pauschalversteuerung kann teuer werden
Sozialversicherungspflicht
Das BSG hat unter Aufhebung der gegenteiligen Entscheidungen der Vorinstanzen mit Urteil v. 23.4.2024 (B 12 BA 3/22 R) entschieden, dass Aufwendungen von mehr als 110 € je Beschäftigten für eine betriebliche Jubiläumsfeier als geldwerter Vorteil in der Sozialversicherung beitragspflichtig sind, wenn sie nicht mit der Entgeltabrechnung, sondern erst erheblich später pauschal versteuert werden (Entscheidungszusammenfassung mit Praxishinweisen der Kanzlei Friedrich Graf von Westphalen & Partner mbB).
Sachverhalt:
Das klagende Unternehmen feierte mit seinen Beschäftigten am 5. September 2015 ein Firmenjubiläum. Am 31. März 2016 zahlte es für September 2015 auf einen Betrag von rund 163.000 Euro die für 162 Arbeitnehmer angemeldete Pauschalsteuer, was das Finanzamt akzeptierte. Nach einer Betriebsprüfung forderte der beklagte Rentenversicherungsträger von dem Unternehmen unter Berücksichtigung der maßgeblichen Beitragsbemessungsgrenzen Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen i.H.v. rund 60 000 € nach.
Das Sozialgericht hat die vom klagenden Unternehmen angefochtenen Bescheide des Beklagten aufgehoben, das Landessozialgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und argumentiert, das Beitragsrecht müsse in möglichst weitgehender Übereinstimmung mit dem Steuerrecht ausgelegt werden. Die Beklagte müsse deshalb die Entscheidung des Finanzamts, die pauschale Besteuerung zuzulassen, gegen sich gelten lassen. Nach erfolgter pauschaler Besteuerung dürfe der Betrag nicht mehr dem Arbeitsentgelt der Beschäftigten zugerechnet und verbeitragt werden.
Entscheidungsgründe:
Dieser Argumentation des LSG erteilte das Bundessozialgericht eine Absage und gab dem beklagten Rentenversicherungsträger Recht. Der Beitragsbemessung in der Sozialversicherung unterliege unter anderem das Arbeitsentgelt. Dazu gehörten auch die Aufwendungen, die der Klägerin für Güter und Dienstleistungen auf Grund der Betriebsfeier zum Firmenjubiläum für ihre Beschäftigten entstanden sind und 110 Euro pro Beschäftigten überschreiten. Die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Beitragsfreiheit seien nicht erfüllt. Dafür hätte die Klägerin zeitgleich mit den Entgeltabrechnungen diese Aufwendungen zumindest zur pauschalen Besteuerung anmelden und dadurch den Übergang der Steuerschuld auf sich auslösen müssen. Nach § 1 Abs. 1 S. 2 der zum 22. April 2015 geänderten Sozialversicherungsentgeltverordnung reiche die bloße Möglichkeit der pauschalen Besteuerung nicht mehr aus. Sie müsse vielmehr tatsächlich und mit der Entgeltabrechnung durchgeführt werden. Insofern unterscheide sich das Beitragsrecht vom Steuerrecht. Eine Pauschalbesteuerung erst am 31. März 2016 sei jedenfalls zu spät. In diesem Zeitpunkt seien die Entgeltabrechnungen sowohl sozialversicherungs- als auch steuerrechtlich nicht mehr änderbar gewesen.
Hinweis für die Praxis:
Das BSG bringt es in der Überschrift seiner Pressemitteilung treffend auf den Punkt: Eine verspätete Pauschalversteuerung kann teuer werden. Arbeitgebern ist bei Sonderzuwendungen an Beschäftigte wie z.B. die Ausrichtung von Unternehmensfeiern oder Betriebsausflügen zu raten, frühzeitig die damit verbundenen steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Folgen zu prüfen und entsprechend zeitnah zu handeln, um eine anschließende Katerstimmung zu vermeiden.
Autor: Rechtsanwalt Max Maiorano-Fahr, Friedrich Graf von Westphalen & Partner mbB Freiburg
Quelle: Pressemitteilung des BSG Nr. 14/24 v. 23.4.2024 (B 12 BA 3/22 R)