
BAG: Widerruf der privaten Nutzung eines Dienstwagens im Fall der berechtigten Freistellung während der Kündigungsfrist
AGB-Kontrolle
BAG, Urteil vom 12.02.2025, 5 AZR 171/24
Verfahrensgang: ArbG Köln, 7 Ca 2358/23 vom 27.10.2023
LAG Köln, 5 Sa 659/23 vom 24.04.2024
Leitsatz:
Orientierungssätze:
1. Eine Allgemeine Geschäftsbedingung, nach der ein Arbeitnehmer ein auch privat nutzbares Dienstfahrzeug im Fall der berechtigten Freistellung während der Kündigungsfrist entschädigungslos an den Arbeitgeber zurückgeben muss, ist wirksam. Die Regelung genügt den formellen Anforderungen von § 308 Nr. 4 BGB (Rn. 16 ff.). Nach dem dort vorgesehenen Transparenzgebot muss eine solche Klausel klar und verständlich gefasst sein und zumindest die Richtung angeben, aus der der Widerruf möglich sein soll. Hinsichtlich der möglichen Leistungsänderung muss für den Arbeitnehmer ein gewisses Mindestmaß an Kalkulierbarkeit bestehen. Auch materiell ist die Widerrufsklausel wirksam, weil sie unter Berücksichtigung der Freistellung die dienstliche und private Nutzung in sachgerechter Weise verknüpft (Rn. 19).
2. Ein in einer Allgemeinen Geschäftsbedingung enthaltener Widerrufsvorbehalt unterliegt neben einer Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB auch der auf den konkreten Einzelfall bezogenen Ausübungskontrolle nach § 315 Abs. 1 BGB. In die gebotene Interessenabwägung sind das Interesse des Arbeitgebers an einer unverzüglichen Rückgabe und das Interesse des Arbeitnehmers an einer weiteren privaten Nutzung einzustellen. Da die private Nutzung eines Dienstwagens bei gewählter Pauschalversteuerung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG auch dann mit der vollen Monatspauschale zu versteuern ist, wenn der Arbeitnehmer das Fahrzeug nicht im gesamten Kalendermonat nutzen kann, wird im Regelfall nur ein Widerruf zum Monatsende billigem Ermessen entsprechen (Rn. 33).
3. Entspricht ein Widerruf der Privatnutzung wegen einer zu kurz gewählten Auslauffrist nicht billigem Ermessen, können die Gerichte eine Ersatzleistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 BGB vornehmen (Rn. 30).
Tatbestand:
Die Parteien streiten in der Revision noch über eine Entschädigung des Klägers für die entgangene Privatnutzung seines Dienstwagens.
Der Kläger war vom 20. Oktober 2022 bis zum 31. August 2023 bei der Beklagten, die Seniorenzentren betreibt, auf Grundlage eines Arbeitsvertrags vom 18. Oktober 2022 als "kaufmännische und operative Leitung" beschäftigt. Das Bruttomonatsgehalt des Klägers belief sich auf 10.457,00 Euro. Gemäß § 10 des Arbeitsvertrags stand ihm ein Dienstfahrzeug der Mittelklasse zu, das er auch privat nutzen durfte. Diese private Nutzung berücksichtigte die Beklagte in den Entgeltabrechnungen mit 457,00 Euro brutto monatlich, was einem Prozent des Listenpreises des überlassenen Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung entsprach.
§ 10 Abs. 2 des Arbeitsvertrags lautet auszugsweise wie folgt:
"Die private Nutzung des Dienstfahrzeugs kann vom Arbeitgeber widerrufen werden, wenn der Mitarbeiter das Dienstfahrzeug vertragswidrig benutzt, wenn das Arbeitsverhältnis gekündigt ist und der Arbeitgeber den Mitarbeiter berechtigt von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt oder suspendiert hat, und wenn der Mitarbeiter wegen Krankheit oder aus einem anderen persönlichen Grund für mehr als sechs Wochen an der Erbringung der Arbeitsleistung verhindert ist. ... Ein Anspruch des Mitarbeiters wegen des Entzugs der privaten Nutzung besteht in diesen Fällen nicht."
In § 15 Abs. 2 des Arbeitsvertrags war für die Beklagte die Möglichkeit vorgesehen, den Kläger im gekündigten Anstellungsverhältnis freizustellen.
Mit Schreiben vom 8. Mai 2023 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31. August 2023. Sie stützte die Kündigung nach einer Umorganisation und Neuverteilung der Aufgaben des Klägers auf betriebsbedingte Gründe. Die Wirksamkeit der Kündigung steht rechtskräftig fest. Mit dem Kündigungsschreiben stellte die Beklagte den Kläger mit sofortiger Wirkung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses unwiderruflich von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung frei. Zugleich verlangte sie die Rückgabe des Dienstfahrzeugs zum 24. Mai 2023. Der Kläger kam dieser Aufforderung am 23. Mai 2023 nach.
Der Kläger ist der Auffassung, ihm stünde wegen des Entzugs des Dienstfahrzeugs für die Zeit vom 23. Mai bis zum 31. August 2023 ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung zu. Dieser belaufe sich auf Basis des steuerlichen Nutzungswertes auf jeweils 457,00 Euro netto für die drei vollen Kalendermonate und für Mai 2023 anteilig auf 137,10 Euro netto. Der Kläger hat zuletzt insbesondere darauf abgestellt, dass der Widerruf der privaten Nutzungsmöglichkeit durch die Beklagte der Ausübungskontrolle nach § 315 BGB nicht standhalte.
Der Kläger hat - soweit für die Revision noch von Bedeutung - zuletzt sinngemäß beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag iHv. 1.508,10 Euro netto als Nutzungsausfallentschädigung für die Monate Mai bis August 2023 nebst zeitlich und betragsmäßig gestaffelten Zinsen zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat gemeint, die in § 10 Abs. 2 des Arbeitsvertrags vorgesehene Widerrufsklausel hinsichtlich der privaten Nutzung des Dienstfahrzeugs sei wirksam. Sie habe den Kläger nach Ausspruch der betriebsbedingten Kündigung wegen des Wegfalls des Beschäftigungsbedarfs berechtigt von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt. Das vertraglich vereinbarte Widerrufsrecht habe sie unter Berücksichtigung der Vorgaben von § 315 Abs. 1 BGB auch wirksam ausgeübt.
Das Arbeitsgericht hat mit Teilurteil vom 27. Oktober 2023 unter anderem die Anträge des Klägers auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung und Zahlung der Nutzungsausfallentschädigung abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers, die sich zuletzt nur noch auf diese Streitgegenstände bezog, zurückgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht beschränkt zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Zahlungsansprüche auf Nutzungsausfallentschädigung weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Revision des Klägers ist teilweise begründet. Dem Kläger steht für die Zeit vom 23. bis zum 31. Mai 2023 ein Anspruch auf Entschädigung für den Entzug der Privatnutzung des Dienstwagens nach § 280 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 283 Satz 1 BGB iHv. 137,10 Euro brutto zu.
I. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass das Arbeitsgericht zulässigerweise ein Teilurteil erlassen konnte (zu den Anforderungen: vgl. BAG 21. März 2024 - 2 AZR 113/23 - Rn. 14; BGH 11. Mai 2011 - VIII ZR 42/10 - Rn. 19, 26, BGHZ 189, 356).
II. Die Revision des Klägers ist teilweise begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zwar zu Recht angenommen, dass die Regelung in § 10 Abs. 2 des Arbeitsvertrags, nach der die Beklagte bei einer berechtigten Freistellung während der Kündigungsfrist die Privatnutzung des Dienstfahrzeugs entschädigungslos widerrufen kann, wirksam ist. Der Widerruf zum 24. Mai 2023 entsprach im Streitfall - anders als das Landesarbeitsgericht gemeint hat - jedoch nicht billigem Ermessen. Er konnte erst zum Monatsende, also zum 31. Mai 2023 erfolgen, was der Senat im Rahmen einer Ersatzleistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB selbst entscheiden kann. Für die Zeit vom 23. bis zum 31. Mai 2023 steht dem Kläger die beantragte Nutzungsausfallentschädigung - als Bruttobetrag - zu.
1. Die arbeitsvertragliche Regelung ist einer AGB-Kontrolle am Maßstab der §§ 305 ff. BGB zu unterziehen und hält dieser stand. Hiervon ist das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgegangen.
a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts handelte es sich bei dem Arbeitsvertrag vom 18. Oktober 2022 um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB.
b) Die Vereinbarung des Widerrufsvorbehalts weicht von Rechtsvorschriften ab, § 307 Abs. 3 BGB. Die Überlassung eines Dienstwagens auch zur privaten Nutzung stellt einen geldwerten Vorteil und Sachbezug iSd. § 107 Abs. 2 Satz 1 GewO dar. Sie ist steuer- und abgabenpflichtiger Teil des geschuldeten Arbeitsentgelts und damit Teil der Arbeitsvergütung. Die Gebrauchsüberlassung ist regelmäßig zusätzliche Gegenleistung für die geschuldete Arbeitsleistung. Sie ist so lange geschuldet, wie der Arbeitgeber Arbeitsentgelt leisten muss. Diese Rechtslage wird durch das vertraglich vereinbarte Widerrufsrecht geändert, denn ohne den Widerrufsvorbehalt ist der Arbeitgeber nach § 611a Abs. 2 BGB verpflichtet, dem Arbeitnehmer während des Arbeitsverhältnisses und damit auch bis zum Ablauf der Kündigungsfrist die vereinbarte Privatnutzung eines Dienstwagens zu ermöglichen. Einseitige Leistungsbestimmungsrechte, die dem Verwender das Recht einräumen, die Hauptleistungspflichten einzuschränken, zu verändern, auszugestalten oder zu modifizieren, unterliegen einer Inhaltskontrolle (zum Ganzen BAG 21. März 2012 - 5 AZR 651/10 - Rn. 15 mwN).
c) Der im Arbeitsvertrag vorgesehene Widerrufsvorbehalt ist nicht aus formellen Gründen unwirksam.
aa) Ein in Allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelter Widerrufsvorbehalt, der sich auf die Höhe der Arbeitsvergütung bezieht, muss den formellen Anforderungen von § 308 Nr. 4 BGB gerecht werden. Die Vorbehaltsklausel muss transparent gefasst und klar und verständlich sein. Bei den Widerrufsgründen muss zumindest die Richtung angegeben werden, aus der der Widerruf möglich sein soll, zB wirtschaftliche Gründe, Leistung oder Verhalten des Arbeitnehmers (BAG 24. Januar 2017 - 1 AZR 774/14 - Rn. 19; 21. März 2012 - 5 AZR 651/10 - Rn. 16 mwN; Bayreuther NZA 2019, 735). Für den Arbeitnehmer muss ein gewisses Mindestmaß an Kalkulierbarkeit der möglichen Leistungsänderung bestehen (vgl. Clemenz/Kreft/Krause/Roloff AGB-Arbeitsrecht 3. Aufl. BGB § 308 Rn. 81 ff.). Insbesondere, wenn die finanziellen Auswirkungen des vorbehaltenen Widerrufs genau feststehen, sind an die Präzisierung des Widerrufsgrundes in der Regel keine überhöhten Anforderungen zu stellen (vgl. Clemenz/Kreft/Krause/Roloff aaO Rn. 85a). Denn in diesem Fall ist für den Arbeitnehmer als Vertragspartner des Klauselverwenders die durch den Widerruf mögliche Leistungsänderung einfach und genau kalkulierbar.
bb) Diesem Transparenzgebot wird die hier zu prüfende Widerrufsklausel in § 10 Abs. 2 des Arbeitsvertrags gerecht. Sie sieht - klar getrennt von anderen Fallgruppen - ausdrücklich vor, dass der Arbeitnehmer im Falle einer berechtigten Freistellung nach einer Kündigung mit dem entschädigungslosen Entzug der Privatnutzung des Dienstfahrzeugs rechnen muss. Damit ist der maßgebliche Grund für einen möglichen Widerruf ausreichend klar benannt. Wie sich der Widerruf auf die Vergütung des Klägers auswirken würde, war für ihn jedenfalls unter Berücksichtigung des in den Gehaltsabrechnungen ausgewiesenen geldwerten Vorteils eindeutig erkenn- und kalkulierbar.
d) Die Widerrufsklausel ist auch materiell wirksam. Nach § 308 Nr. 4 BGB ist die Vereinbarung eines Widerrufsrechts zumutbar, wenn der Widerruf nicht grundlos erfolgen soll, sondern wegen der unsicheren Entwicklung der Verhältnisse als Instrument der Anpassung notwendig ist. Der Widerruf der privaten Nutzung eines Dienstwagens im Zusammenhang mit einer wirksamen Freistellung des Arbeitnehmers während der Kündigungsfrist ist zumutbar. Der Arbeitnehmer muss bis zum Kündigungstermin keine Arbeitsleistung erbringen, insbesondere entfallen Dienstfahrten mit dem Pkw (BAG 21. März 2012 - 5 AZR 651/10 - Rn. 17; MüKoBGB/Spinner 9. Aufl. § 611a Rn. 625; MHdB ArbR/Krause 6. Aufl. § 67 Rn. 9; aA für den entschädigungslosen Entzug der Privatnutzung ErfK/Preis 25. Aufl. BGB § 611a Rn. 481). Ausgehend hiervon verknüpft die Klausel die dienstliche und private Nutzung in sachgerechter Weise.
e) Die Regelung einer Ankündigungs- bzw. Auslauffrist in der Widerrufsklausel selbst ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung. Hierfür gibt es keinen Ansatz im Gesetz. Die Einräumung einer Auslauffrist ist jedoch bei der Ausübungskontrolle in Betracht zu ziehen (vgl. BAG 21. März 2012 - 5 AZR 651/10 - Rn. 18 mwN).
f) Die Rechtslage des Widerrufs einer Naturalvergütung entspricht der Rechtslage des Widerrufs anderer Entgeltbestandteile. Der Entzug der Privatnutzung des Dienstwagens bedarf deshalb keiner Änderungskündigung, wenn durch den Wegfall der privaten Nutzungsmöglichkeit das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung im Arbeitsverhältnis nicht grundlegend berührt ist. Das ist der Fall, wenn - wie hier - weniger als 25 vH des regelmäßigen Verdienstes betroffen sind (BAG 21. März 2012 - 5 AZR 651/10 - Rn. 19 mwN; HWK/Roloff 11. Aufl. Anh. §§ 305 - 310 BGB Rn. 25, 57).
2. Die Voraussetzungen für einen Widerruf der privaten Nutzungsmöglichkeit des Dienstwagens nach der arbeitsvertraglich vereinbarten Widerrufsklausel lagen vor. Nach § 10 Abs. 2 des Arbeitsvertrags konnte die private Nutzung des Dienstfahrzeugs widerrufen werden, wenn das Arbeitsverhältnis gekündigt ist und der Arbeitgeber den Mitarbeiter berechtigt von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt hat. Das Landesarbeitsgericht hat diese Voraussetzungen nicht ausdrücklich geprüft. Der Senat kann aber auf Grundlage der getroffenen Feststellungen, insbesondere zur Wirksamkeit der betriebsbedingten Kündigung, diese Prüfung selbst vornehmen (vgl. zu dieser Möglichkeit auch BAG 15. Juni 2021 - 9 AZR 217/20 - Rn. 52 mwN).
a) Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 8. Mai 2023, welches dem Kläger am 12. Mai 2023 zugegangen ist, gekündigt. Die Wirksamkeit dieser Kündigung - die im Übrigen rechtskräftig feststeht - spielt für das Eingreifen der Widerrufsklausel keine Rolle.
b) Die Beklagte hat den Kläger während der Kündigungsfrist auch iSv. § 10 Abs. 2 des Arbeitsvertrags "berechtigt von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt".
aa) Die Auslegung der Widerrufsklausel ergibt, dass sie - schon nach ihrem eindeutigen Wortlaut - lediglich auf eine Freistellung des Arbeitnehmers während der Kündigungsfrist bezogen ist (vgl. zu den für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen geltenden Grundsätzen und zum revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstab BAG 28. Juni 2023 - 5 AZR 9/23 - Rn. 20 ff.). Auf einen - nach Ablauf der Kündigungsfrist ggf. bestehenden - allgemeinen oder betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch kommt es insoweit nicht an.
bb) Die Beklagte war unter Berücksichtigung der Grundsätze des allgemeinen Beschäftigungsanspruchs zur Freistellung des Klägers berechtigt (vgl. zum Ganzen BAG 15. Juni 2021 - 9 AZR 217/20 - Rn. 45 ff. mwN).
(1) §§ 611a, 613 iVm. § 242 BGB begründen einen Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers, geben ihm aber keine Beschäftigungsgarantie. Der Beschäftigungsanspruch kann ausgeschlossen sein, wenn eine Beschäftigung des Arbeitnehmers, zB wegen Auftragsmangels oder einer Umorganisation, die auf einer rechtmäßigen unternehmerischen Entscheidung beruht, nicht (mehr) möglich ist (vgl. BAG 15. Juni 2021 - 9 AZR 217/20 - Rn. 45 f.). Auch wenn die Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers auf einer unternehmerischen Entscheidung beruht, ist eine Abwägung mit Interessen des Arbeitnehmers nicht von vornherein ausgeschlossen. Die unternehmerische Entscheidung, die gerichtlich lediglich einer Willkür- und keiner Zweckmäßigkeitskontrolle unterliegt, ist jedoch ein wichtiger Abwägungsgesichtspunkt (vgl. zur Bedeutung unternehmerischer Entscheidungen im Rahmen der Abwägung der beiderseitigen Interessen auch: BAG 18. Oktober 2023 - 5 AZR 68/23 - Rn. 31; 30. November 2022 - 5 AZR 336/21 - Rn. 41, BAGE 179, 304). Einer so begründeten Freistellung können im Einzelfall besonders schwerwiegende, insbesondere verfassungsrechtlich geschützte Belange des Arbeitnehmers entgegenstehen (vgl. BAG 15. Juni 2021 - 9 AZR 217/20 - Rn. 47).
(2) Vorliegend standen dem Beschäftigungsinteresse des Klägers überwiegende schutzwürdige Interessen der Beklagten entgegen. Das Landesarbeitsgericht hat zwar keine eigenständige Prüfung des Beschäftigungsanspruchs vorgenommen. Es ist aber nach ausführlicher Prüfung und Abwägung von der Wirksamkeit der betriebsbedingten Kündigung ausgegangen, weil es zu der Überzeugung gelangt ist, dass die Beklagte die Tätigkeiten des Klägers im Rahmen einer betrieblichen Umorganisation dem neu bestellten zweiten Geschäftsführer übertragen hat (vgl. S. 11 ff. und 14 ff. des Berufungsurteils). Es hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass die Beklagte ab der Freistellung des Klägers keine eigenen Arbeitnehmer mehr mit den von ihm zuvor ausgeübten Tätigkeiten betraut hat und angenommen, die Beschäftigung des Klägers mit seinen bisherigen Arbeitsaufgaben sei der Beklagten nach ihrer im April 2023 getroffenen und umgesetzten unternehmerischen Entscheidung nicht mehr möglich gewesen. Der Kläger habe keine Umstände dargelegt, aus denen sich ergeben würde, dass die von der Beklagten beschlossene Organisationsmaßnahme offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich sei. Damit ist für das Revisionsverfahren im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung davon auszugehen, dass das Interesse der Beklagten an der Durchsetzung ihrer Organisationsentscheidung vorliegend die Nichtbeschäftigung des Klägers rechtfertigte. Anhaltspunkte dafür, dass aufgrund besonders geschützter Belange des Klägers dennoch das Interesse der Beklagten an der Nichtbeschäftigung des Klägers gegenüber dessen Beschäftigungsinteresse zurücktreten müsste, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Sie sind auch aus dem weiteren Parteivorbringen nicht ersichtlich.
3. Die Ausübung des Widerrufsrechts durch die Beklagte zum 24. Mai 2023 entsprach jedoch, anders als das Landesarbeitsgericht angenommen hat, nicht billigem Ermessen iSv. § 315 Abs. 1 BGB. Der Senat kann auf Grundlage der getroffenen Feststellungen eine Ersatzleistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB dahingehend vornehmen, dass der Widerruf der Privatnutzung zum 31. Mai 2023 erfolgen konnte. Ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung stand dem Kläger danach nur anteilig für die Zeit vom 23. bis zum 31. Mai 2023 zu.
a) Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Maßgebend ist der Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat. Ob die Entscheidung der Billigkeit entspricht, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB (BAG 13. Oktober 2021 - 10 AZR 729/19 - Rn. 97; 25. Februar 2015 - 1 AZR 642/13 - Rn. 36, BAGE 151, 35). Entspricht eine einseitige Leistungsbestimmung nicht der Billigkeit, wird nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB die Bestimmung grundsätzlich durch Urteil getroffen (vgl., auch zur anders gelagerten Prüfung von Weisungen iSv. § 106 GewO, BAG 18. Oktober 2017 - 10 AZR 330/16 - Rn. 73, BAGE 160, 296; ebenso Staudinger/Rieble [2020] BGB § 315 Rn. 15 ff. und Rn. 589).
b) Auch wenn man von einem nur eingeschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstab ausgeht (vgl. BAG 24. Oktober 2018 - 10 AZR 285/16 - Rn. 52 ff., BAGE 164, 82), hat das Landesarbeitsgericht zu Unrecht angenommen, dass der Widerruf der Privatnutzung des Dienstwagens zum 24. Mai 2023, der zur Rückgabe des Pkw am 23. Mai 2023 führte, billigem Ermessen entsprach.
aa) Das Berufungsgericht hat die finanziellen Auswirkungen der steuerrechtlichen Rechtslage nicht ausreichend berücksichtigt. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG kann der zu versteuernde geldwerte Vorteil nur monatlich und nicht kalendertäglich angesetzt werden (vgl. Schober in Herrmann/Heuer/Raupach EStG/KStG 330. Lieferung 1/2025 § 6 EStG Rn. 809). Das führt dazu, dass der Arbeitnehmer bei einer Rückgabe des Dienstwagens innerhalb des laufenden Monats die Steuerlast für den ganzen Monat trägt und damit auch für die Zeit, in der er den Pkw nicht mehr nutzen kann.
bb) Die sich hieraus ergebende Einkommensminderung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht nicht ausreichend gewichtet, weil es von einer Kompensation durch die gewährte Auslauffrist ausgegangen ist. Dass der Kläger das Fahrzeug "rund zwei Wochen" länger nutzen durfte, war aber zum Ausgleich der aus den steuerlichen Regelungen folgenden Einkommensminderung nicht geeignet. Hätte die Beklagte das Dienstfahrzeug ohne Auslauffrist unmittelbar mit der Freistellung zurückgefordert, wäre der finanzielle Nachteil des Klägers wegen der monatsweisen steuerlichen Berücksichtigung noch höher ausgefallen. Unter Berücksichtigung auch dieser Gesichtspunkte überwiegt das Interesse des Klägers, den von ihm versteuerten Vorteil vollständig real nutzen zu können, das Interesse der Beklagten am sofortigen Entzug des Dienstwagens (vgl. auch NK-ArbR/Elz 2. Aufl. BGB § 315 Rn. 57). Insoweit wird - abgesehen vom Fall einer außerordentlichen Kündigung während des laufenden Monats - im Regelfall nur ein Widerruf der Privatnutzung zum jeweiligen Monatsende billigem Ermessen entsprechen können. Aus diesem Grund ist es im Übrigen rechtlich unerheblich, ob - wie von der Beklagten behauptet - zum 24. Mai 2023 der Kfz-Leasingvertrag endete. Selbst wenn der Kläger das Fahrzeug allein aus diesem Grund der Beklagten zurückgeben musste, hätte sie ihm für die verbleibenden Tage des Monats Mai eine Nutzungsausfallentschädigung leisten müssen. Für die Monate Juni bis August 2023 ist die Abwägung des Landesarbeitsgerichts nicht zu beanstanden.
c) Da alle wesentlichen Umstände festgestellt sind, kann der Senat eine Ersatzleistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 BGB vornehmen. Unter Berücksichtigung der steuerlichen Rechtslage konnte ein entschädigungsloser Widerruf der Privatnutzung nur zum Monatsende, also zum 31. Mai 2023, erfolgen.
d) Ausgehend hiervon hat der Kläger für neun Tage Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung iHv. insgesamt 137,10 Euro brutto. Dieser Schadensersatzanspruch steht ihm aber - anders als beantragt - nicht als Nettovergütung zu. Der Schadensersatzanspruch tritt wegen der von der Beklagten zu vertretenden Unmöglichkeit des Naturallohnanspruchs an dessen Stelle und ist steuerlich in gleicher Weise zu behandeln (vgl. BAG 21. März 2012 - 5 AZR 651/10 - Rn. 27).