BFH: Reichweite der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG im Falle des Betriebs eines Museums bei einem Denkmal
Umsatzsteuer
BFH, Beschluss vom 18.10.2023, XI B 41/23 (AdV)
Verfahrensgang: FG Berlin-Brandenburg, 7 V 7031/23 vom 15.05.2023
Leitsatz:
1. NV: Es ist ernstlich zweifelhaft, ob entgeltliche Umsätze aus dem Betrieb einer WC-Anlage, die an zahlende Besucher eines Museums ausgeführt werden, umsatzsteuerpflichtig oder als Nebenleistung zum steuerfreien Museumsumsatz der anerkannten Einrichtung steuerbefreit sind.
2. NV: Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass Umsätze aus dem Betrieb eines Parkplatzes keine Nebenleistungen zum steuerfreien Museumsumsatz sind.
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten im Verfahren der Beschwerde gegen die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung (AdV) durch das Finanzgericht (FG) darüber, ob entgeltliche Umsätze aus dem Betrieb einer Toiletten-Anlage (WC-Anlage) und eines Parkplatzes nach § 4 Nr. 20 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) umsatzsteuerfrei sind.
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin), eine GmbH, deren Gesellschafterin eine Gemeinde ist, betrieb im Streitzeitraum (2021 sowie 01.04.2022 bis 30.09.2022) neben dem … (Denkmal) ein Museum, ein Informationszentrum, eine WC-Anlage und einen Parkplatz. Überdies verpachtete die Antragstellerin unter Verzicht auf die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 UStG Flächen neben dem Denkmal an Gastronomiebetriebe.
Das Denkmal ist in die Denkmalliste des Bundeslandes eingetragen. Am 26.01.2022 bescheinigte die zuständige Behörde der Antragstellerin außerdem, dass das Denkmal die gleichen kulturellen Aufgaben erfülle wie die in § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG genannten vergleichbaren Einrichtungen des Bundes, der Gemeinden oder Gemeindeverbände.
Für das Begehen des Denkmals, für Führungen, für die Nutzung der WC-Anlage und des Parkplatzes (nicht jedoch für das Informationszentrum) erhebt die Antragstellerin gesonderte Entgelte; auch die Entgelte für die Verpachtung der Flächen an Gastronomiebetriebe wurden gesondert erhoben. Ihre Umsätze, auf deren Steuerfreiheit sie nicht verzichtet hatte, sah sie in ihren Steueranmeldungen für das Jahr 2021 und das I. bis III. Quartal 2022 als nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG umsatzsteuerfrei an. Die Gewährung der WC- und Parkplatz-Nutzung gegen Entgelt sei eine steuerfreie Nebenleistung zur steuerfreien Gewährung von Eintrittsberechtigungen und die dort durchgeführten Führungen. Die Steueranmeldungen der Antragstellerin für die Streitzeiträume wirkten als Umsatzsteuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 168 Satz 2 der Abgabenordnung).
Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (Finanzamt –FA–) folgte dieser Auffassung nicht, sondern erließ Änderungsbescheide für den Streitzeitraum, in denen er die Verpachtung der Flächen an Gastronomiebetriebe, die Gewährung der WC- und Parkplatz-Nutzung gegen Entgelt als steuerpflichtig zum Regelsteuersatz ansah und den Vorsteuerabzug zuließ, was –abgesehen vom I. Quartal 2022– zu Nachzahlungen führte.
Gegen diese Bescheide hat die Antragstellerin Einspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden ist. Gleichzeitig beantragte sie die Gewährung von AdV, was das FA ablehnte.
Das FG lehnte den Antrag auf Gewährung von AdV ebenfalls ab. Es nahm an, dass eine AdV für das I. Quartal 2022 nicht beantragt und der Antrag im Übrigen unbegründet sei. Die Gewährung der WC- und Parkplatz-Nutzung sei weder selbst nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG steuerfrei noch handele es sich um Nebenleistungen zur Gewährung der Eintrittsberechtigung in das Museum. Der Beschluss ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2023, 1176 (mit Anmerkung Herbert) veröffentlicht.
Mit der vom FG zugelassenen Beschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat, verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter. Sie macht geltend, dass eine einheitliche Leistung vorliege, soweit ein Besucher des Denkmals auch die WC-Anlage oder den Parkplatz nutze, wobei der Besuch des Denkmals die Hauptleistung sei. All diejenigen Leistungen, die die Antragstellerin (ob nun entgeltlich oder unentgeltlich) erbringe, um das Denkmal einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, seien als einheitliche Leistung anzusehen. Es sei lebensfremd, dass der Durchschnittsverbraucher den in Rede stehenden, der Antragstellerin zuzuordnenden Ort aufsuche, um ausschließlich dort zu parken und/oder die Toiletten zu besuchen, die der Antragstellerin zugerechnet werden. Auch würde der Durchschnittsverbraucher nicht annehmen, dass der Besuch der WC-Anlage im Zusammenhang mit einer kostenfreien Informationseinholung über das Denkmal eine andere umsatzsteuerrechtliche Behandlung erfahren würde als bei einem kostenpflichtigen Besuch des Denkmals.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des FG aufzuheben und die Vollziehung der angefochtenen Bescheide über Umsatzsteuer 2021 sowie Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für das 2. und 3. Quartal 2022 vollumfänglich auszusetzen.
Das FA beantragt,
die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die gemäß § 128 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zulässige Beschwerde ist teilweise begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.
Zutreffend geht das FG davon aus, dass die Überlassung von Plätzen zum Abstellen von Fahrzeugen im Streitfall umsatzsteuerpflichtig und mithin nicht –als Nebenleistung zu einer kulturellen Hauptleistung– nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG steuerbefreit ist (siehe dazu unter 3.). Es ist demgegenüber ernstlich zweifelhaft, ob die entgeltliche Überlassung der WC-Anlage an zahlende Besucher des Denkmals sowie an Personen, die an Führungen teilnehmen, der Umsatzsteuerpflicht unterliegt (siehe dazu unter 4.). Schließlich gehen die Beteiligten zutreffend davon aus, dass die Verpachtung von Flächen an Gastronomiebetriebe im Streitfall umsatzsteuerpflichtig und nicht nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG steuerbefreit ist (siehe dazu unter 5.).
1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO soll das Gericht die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts unter anderem aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen. Ernstliche Zweifel liegen vor, wenn neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 16.05.2019 - XI B 13/19, BFHE 264, 521, BStBl II 2021, 950; vom 26.09.2022 - XI B 9/22 (AdV), BFHE 276, 467). Es ist nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe im Sinne einer Erfolgswahrscheinlichkeit überwiegen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 04.07.2019 - VIII B 128/18, BFH/NV 2019, 1060, Rz 11; vom 31.07.2019 - XI B 15/19, BFH/NV 2019, 1259, Rz 12).
2. Soweit zwischen den Beteiligten in Streit steht, ob die entgeltliche Gewährung einer Eintrittsberechtigung in das Denkmal, die entgeltliche Nutzung der WC-Anlage und die entgeltliche Überlassung von Plätzen zum Abstellen von Fahrzeugen eine einheitliche Leistung ist, sind auch bei summarischer Prüfung folgende Rechtsgrundsätze zugrunde zu legen:
a) Allgemein gilt für das Verhältnis von Haupt- und Nebenleistungen (vgl. Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union –EuGH– CPP vom 25.02.1999 - C-349/96, EU:C:1999:93; Frenetikexito vom 04.03.2021 - C-581/19, EU:C:2021:167, Rz 37 ff., 40 ff.; Finanzamt X () und machines fixés à demeure vom 04.05.2023 - C-516/21, EU:C:2023:372, Rz 29 ff.; BFH-Urteile vom 26.01.2022 - XI R 19/19 (XI R 12/17), BFHE 275, 440, BStBl II 2022, 582, Rz 46 ff.; vom 16.03.2023 - V R 17/21, BFH/NV 2023, 965, Rz 18 ff.):
Bei einem Leistungsbündel ist eine Gesamtbetrachtung erforderlich, um zu ermitteln, ob sich ihm eine oder mehrere Leistungen entnehmen lassen; diese obliegt in erster Linie dem FG.
Jeder Umsatz ist zwar im Hinblick auf die Mehrwertsteuer in der Regel als eigenständige und selbständige Leistung zu betrachten.
Ein Umsatz, der eine wirtschaftlich einheitliche Leistung darstellt, darf aber im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden.
Eine einheitliche Leistung liegt vor, wenn mehrere Einzelleistungen oder Handlungen des Steuerpflichtigen für den Kunden so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre.
Das ist namentlich dann der Fall, wenn ein Teil oder mehrere Teile als Hauptleistung anzusehen sind, während andere Teile als eine oder mehrere Nebenleistungen einzustufen sind, die steuerlich ebenso zu behandeln sind wie die Hauptleistung.
Insbesondere ist eine Leistung als Nebenleistung einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für die Kunden keinen eigenen Zweck darstellt, sondern das Mittel, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen.
Ob die betreffende Leistung unter den Umständen des konkreten Falles eine einheitliche Leistung darstellt, haben im Rahmen der mit Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union errichteten Zusammenarbeit die nationalen Gerichte festzustellen, die dazu alle endgültigen Tatsachenbeurteilungen vorzunehmen haben.
Die vorzunehmende tatsächliche Würdigung obliegt dem FG und unterliegt nur eingeschränkter revisionsrechtlicher Kontrolle.
b) In Bezug auf die nach § 4 Nr. 20 UStG steuerfreien Umsätze ist zusätzlich zu beachten, dass der BFH in ständiger Rechtsprechung den Kreis der steuerfreien Nebenleistungen eng fasst (vgl. bereits BFH-Urteile vom 03.03.1988 - V R 183/83, BFHE 153, 90, BStBl II 1989, 205; vom 07.03.1995 - XI R 46/93, BFHE 177, 165, BStBl II 1995, 429; vom 01.06.1995 - V R 90/93, BFHE 178, 248, BStBl II 1995, 914). Eine Nebenleistung zu einer kulturellen Hauptleistung ist nur gegeben, wenn sie im Vergleich zur Hauptleistung nebensächlich ist, mit ihr eng (im Sinne einer wirtschaftlich gerechtfertigten Abrundung und Ergänzung) zusammenhängt und üblicherweise in ihrem Gefolge vorkommt (vgl. BFH-Urteil vom 14.05.1998 - V R 85/97, BFHE 186, 151, BStBl II 1999, 145, unter II.1.a). Leistungen, die dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen zu verschaffen und in unmittelbarem Wettbewerb mit gewerblichen Unternehmen ausgeführt werden, fallen nicht darunter (vgl. BFH-Urteil vom 18.08.2005 - V R 20/03, BFHE 211, 85, BStBl II 2005, 910), weil bei der richtlinienkonformen Auslegung des § 4 Nr. 20 UStG zu beachten ist, dass Umsätze von der Steuerbefreiung ausgenommen sind, die zur Ausübung der Tätigkeiten, für die Steuerbefreiung gewährt wird, nicht unerlässlich und im Wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden (vgl. BFH-Urteil vom 21.04.2005 - V R 6/03, BFHE 210, 479, BStBl II 2005, 899, unter II.). Steuerfrei sind nur solche Leistungen, die für den Betrieb eines Theaters, Museums oder Ähnliches typisch sind (vgl. BFH-Urteil vom 10.12.2020 - V R 39/18, BFH/NV 2021, 947, Rz 21). Eine Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, wenn die Leistung zur Durchführung kultureller Dienstleistungen nicht unerlässlich ist, auch wenn sie nach den heutigen Anforderungen an den äußeren Rahmen üblich ist und von den Besuchern erwartet wird (vgl. BFH-Beschluss vom 07.12.2009 - XI B 52/09, BFH/NV 2010, 482, unter b; s. aus unionsrechtlicher Sicht auch EuGH-Urteil Ygeia vom 01.12.2005 - C-394/04 und C-395/04, EU:C:2005:734, Rz 25, 27 f., zu Krankenhausbehandlungen).
Nicht nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG steuerfrei sind deshalb auch zum Beispiel die Vermietung von Flächen der Einrichtung und das Dulden der Aufstellung von Automaten (zutreffend insoweit BFH-Urteil vom 18.05.1988 - X R 11/82, BFHE 153, 459, BStBl II 1988, 799, unter 3.a, das insoweit nicht durch die BFH-Urteile vom 14.05.1998 - V R 85/97, BFHE 186, 151, BStBl II 1999, 145, unter II.2. und vom 18.08.2005 - V R 20/03, BFHE 211, 85, BStBl II 2005, 910, unter II.3.c aufgegeben worden ist).
3. Ausgehend davon hat das FG zutreffend angenommen, dass bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des Sachverhalts die Überlassung von Parkplätzen nicht nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG steuerfrei ist. Denn diese Überlassung von Parkplätzen ist (ebenso wie die Bewirtung von Gästen beziehungsweise hier die Verpachtung von Flächen an Gastronomiebetriebe, siehe hierzu unter 5.) weder eine Leistung, die für ein Museum typisch ist, noch ist sie für eine Museumsleistung unerlässlich. Dies ergibt sich im Streitfall schon daraus, dass das Museum auch auf andere Weise als mit dem Personenkraftwagen erreichbar ist. Das FG hat dabei zu Recht unter anderem auf das BFH-Urteil vom 10.12.2020 - V R 39/18 (BFH/NV 2021, 947) Bezug genommen. Die Überlassung von Flächen an Gastronomiebetriebe und der Betrieb des Parklatzes sind daher weder selbst nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG steuerfrei noch Nebenleistungen zu einem nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG steuerfreien Museumsumsatz.
4. Ernstlich zweifelhaft ist indes, ob dies für die entgeltliche Bereitstellung von Toiletten in gleicher Weise gilt.
a) Das FG hat angenommen, dass die Bereitstellung der WC-Anlage unter die oben genannte, vom FG exemplarisch durch das BFH-Urteil vom 10.12.2020 - V R 39/18 (BFH/NV 2021, 947) angeführte Rechtsprechung falle. Weiter hat es angenommen, dass es nicht feststellen könne, welcher Anteil der Besucher vor, während oder nach dem Besuch die WC-Anlage benutzt haben. Auch könne es nicht feststellen, dass die Besucher, die eine Eintrittskarte oder ein Führungsentgelt bezahlt haben, keine weiteren Zwecke mit dem Aufsuchen der WC-Anlage verbunden haben. Auch hat es die Aussage nicht für glaubhaft gehalten, dass im Wesentlichen nur die entgeltliche Begehung des Denkmals Anlass für die Nutzung der WC-Anlage waren.
Dabei hat das FG unbeachtet gelassen, dass die Bereitstellung einer WC-Anlage für den Betrieb einer Einrichtung wie die der Antragstellerin unerlässlich sein könnte. Selbst wenn die Antragstellerin nicht nach irrevisiblem Landesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO) verpflichtet sein sollte, den zahlenden Besuchern eine WC-Anlage zur Verfügung zu stellen, ist aus Sicht des erkennenden Senats das Vorhandensein einer WC-Anlage für den Betrieb einer Einrichtung wie die der Klägerin unerlässlich. An einem potentiellen Wettbewerb mit Betreibern von WC-Anlagen, die ihre Anlagen steuerpflichtig zur Verfügung stellen, könnte es fehlen, weil insoweit möglicherweise kein Wettbewerb besteht (vgl. dazu allgemein EuGH-Urteil National Roads Authority vom 19.01.2017 - C-344/15, EU:C:2017:28; s. unabhängig davon auch BFH-Urteil vom 10.12.2020 - V R 41/19, BFH/NV 2021, 949, Rz 20 ff.). Der Betrieb der WC-Anlage ist daher zwar nicht selbst nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG steuerfrei, aber dürfte eine für den Betrieb der Einrichtung unerlässliche, steuerfreie Nebenleistung sein. Feststellungen dazu hat das FG nicht getroffen.
b) Die vom FG angesprochene Nutzung der WC-Anlage durch Personen, die keine nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG steuerfreie Hauptleistung in Anspruch genommen haben (zum Beispiel durch Wanderer, Radfahrer, Besucher des Informationszentrums, Besucher, die das Denkmal nur von außen betrachtet haben, ohne Eintritt zu zahlen, oder Besucher der Gastronomiebetriebe) führt –anders als das FG möglicherweise meint– nicht dazu, dass Leistungen an die zahlenden Besucher des Museums, an die die Klägerin steuerfreie Umsätze als Hauptleistung ausgeführt hat, keine steuerfreie Nebenleistung sein könnten, sondern zur fehlenden Spruchreife. Der Senat hebt deshalb die Vorentscheidung auf und verweist den Rechtsstreit an das FG zurück, wozu er auch im Verfahren der Beschwerde gegen einen AdV-Beschluss berechtigt ist (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 23.02.2021 - I B 55/20 (AdV), BFH/NV 2021, 1064, Rz 40).
aa) Das Vorliegen einer Nebenleistung scheidet aus, soweit es keine steuerfreie Hauptleistung gibt, zu der die Leistung der Antragstellerin Nebenleistung sein könnte (vgl. BFH-Urteil vom 29.11.2022 - XI R 13/20, BFHE 279, 278, Rz 23). Auch wäre eine Zusammenfassung von Haupt- und Nebenleistung bei Leistungen mehrerer Unternehmer (zum Beispiel einer WC-Betreiberin und der Antragstellerin) ausgeschlossen (vgl. BFH-Urteile vom 18.03.2015 - XI R 15/11, BFHE 249, 359, BStBl II 2015, 1058, Rz 23; vom 30.06.2022 - V R 36/20, BFHE 277, 508, Rz 41).
bb) Allerdings schließt der Umstand, dass andere Personen eine Leistung als einzige (und damit selbständige) Leistung beziehen, es nicht aus, dass dieselbe Leistung bei anderen Personen eine Nebenleistung zu einer von ihnen in Anspruch genommenen Hauptleistung ist (vgl. BFH-Urteil vom 10.12.2020 - V R 41/19, BFH/NV 2021, 949, Rz 4 f., 20 ff. zur entgeltlichen Überlassung von Plätzen zum Abstellen von Fahrzeugen an Wohnungsmieter und an Personen, die keine Wohnungsmieter sind). Der Anteil der Personen, bei denen die Nutzung der WC-Anlage keine Nebenleistung zur Hauptleistung ist, ist gegebenenfalls zu schätzen. Die Antragstellerin hat dazu Schätzungsvorschläge unterbreitet und Zahlenmaterial zu ihren Umsätzen zur Verfügung gestellt, die das FG –auf Basis seiner Rechtsauffassung konsequenterweise– nicht geprüft hat. Diese Prüfung wird es im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben.
cc) Als nicht durchgreifend erweist sich aus diesem Grund der Einwand der Antragstellerin, dass für Personen, die das WC aufgesucht haben, ohne eine steuerfreie Hauptleistung in Anspruch zu nehmen, umsatzsteuerrechtlich das gleiche gelten müsse wie für Personen, die eine steuerfreie Hauptleistung in Anspruch nehmen. Existiert keine steuerfreie Hauptleistung, weil diese nicht in Anspruch genommen wird, liegt keine steuerfreie Nebenleistung zu ihr vor. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Neutralität scheidet insoweit aus (vgl. BFH-Urteil vom 10.12.2020 - V R 41/19, BFH/NV 2021, 949, Rz 20 ff.).
c) Die Sache ist insoweit nicht spruchreif, weil das FG –ausgehend von seiner Rechtsauffassung– zum Anteil der Museumsbesucher an der Zahl der Nutzer der WC-Anlage keine tatsächlichen Feststellungen getroffen hat; dieser Anteil ist zu schätzen.
5. Ergänzend weist der Senat auf Folgendes hin:
Bei summarischer Betrachtung erweist sich die umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Verpachtung von Flächen an Gastronomiebetriebe als steuerpflichtig –und nicht nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG steuerfrei– als zutreffend (siehe schon unter 3.).
Anhaltspunkte, dass die Antragstellerin keine wirtschaftlichen Tätigkeiten ausüben könnte, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Zum Vorsteuerabzug der Antragstellerin aus dem Betrieb der Parkplätze wird auf das BFH-Urteil vom 20.10.2021 - XI R 10/21 (BFHE 274, 342) verwiesen. Im Streitfall ist allerdings bisher nicht ersichtlich, dass dieses Urteil zu einem weitergehenden Vorsteuerabzug als geltend gemacht führen könnte.