
BFH zum Leistungsaustausch eines Fitnessstudios im Lockdown (I)
Umsatzsteuer
BFH, Urteil vom 13.11.2024, XI R 5/23
Verfahrensgang: FG Hamburg, 6 K 239/21 vom 16.02.2023
Leitsatz:
1. Wurde für eine vereinbarte Lieferung oder sonstige Leistung ein Entgelt entrichtet, die Lieferung oder sonstige Leistung jedoch nicht ausgeführt, tritt die Minderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 des Umsatzsteuergesetzes nicht schon dann ein, wenn ein Rückzahlungsanspruch des Zahlenden besteht, sondern erst dann, wenn das bereits gezahlte Entgelt tatsächlich zurückgezahlt worden ist (Bestätigung der Rechtsprechung).
2. Das Einräumen der Möglichkeit zur Weiternutzung eines Fitnessstudios nach Ablauf der ursprünglich vereinbarten Vertragslaufzeit (kostenfreie Zusatzmonate) ist auch dann ein verbrauchsfähiger Vorteil, wenn dem keine zivilrechtlich wirksame Vereinbarung mit dem Kunden zugrunde liegt, weil der Leistungsaustausch umsatzsteuerrechtlich aus dem wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den vom Unternehmer im Voraus vereinnahmten Mitgliedsbeiträgen (Gegenleistung) und dem verbrauchsfähigen Vorteil (in Gestalt von kostenfreien Zusatzmonaten) folgt, den die Mitglieder eines Fitnessstudios aufgrund ihrer Zahlung während der coronabedingten Schließung (Lockdown) erlangt haben. Auf die Beurteilung nach dem nationalen Zivilrecht kommt es insoweit nicht an (Parallelentscheidung zum Urteil des Bundesfinanzhofs vom 13.11.2024 - XI R 36/22).
Gründe:
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betrieb im Jahr 2020 (Streitjahr) in Schleswig-Holstein ein Fitnessstudio. Die Laufzeit einer Mitgliedschaft in seinem Fitnessstudio betrug je nach Vereinbarung 12 oder 24 Monate. Der Kläger wurde vertraglich ermächtigt, die monatlich zu entrichtenden Beiträge der Mitglieder mittels Lastschrift einzuziehen. Der Beitrag wurde jeweils im Voraus fällig und per SEPA-Lastschrift zum Monatsersten eingezogen. Die Mitglieder waren zur "gemeinschaftlichen Mitbenutzung sämtlicher Einrichtungen der Räume des ..." berechtigt.
Das Fitnessstudio des Klägers war aufgrund der Landesverordnung über Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in Schleswig-Holstein (im Folgenden: Landesverordnung) in der Zeit vom 17.03.2020 bis zum 17.05.2020 geschlossen. Der Kläger teilte seinen Mitgliedern in einem Aushang vor Ort dazu unter anderem mit, dass der Zeitraum, in dem in seinem Fitnessstudio nicht trainiert werden könne, neben vielfältiger Alternativangebote am Ende der Mitgliedschaft beitragsfrei ersetzt werde. In den sozialen Medien wies der Kläger als "wichtige Corona-Mitteilung" außerdem auf seine tägliche Telefon-Hotline, die gratis Online-Live-Kurse und den kostenlosen 3D-Körperscan hin. Er teilte darüber hinaus mit, dass jeder Schließungsmonat ersetzt werde und seine Mitglieder "3 Gratis-Monate, 3 x 1 Gratis-Monat zum Verschenken, 1 x Personal-Training" erhielten. Die in diesem Rahmen vom Kläger angebotenen Online-Live-Kurse waren öffentlich zugänglich, so dass nicht nur Mitglieder, sondern auch Nichtmitglieder daran teilnehmen konnten. Nur wenige der rund 800 Mitglieder verlangten die vom Kläger eingezogenen Mitgliedsbeiträge, die auf die Zeit der behördlich angeordneten Schließung des Fitnessstudios entfielen, per Rücklastschrift zurück; 761 Mitglieder, von denen 85 die Zeitgutschriften beziehungsweise Bonus-Monate tatsächlich in Anspruch nahmen, zahlten den Mitgliedsbeitrag weiter.
In den Umsatzsteuer-Voranmeldungen erklärte der Kläger für den Monat April 2020 keine und für den Monat Mai 2020 anteilig keine Umsätze und kündigte zugleich an, die Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Monat März 2020 zu berichtigen. Es seien während der behördlich angeordneten Schließzeit keine Leistungen an die Mitglieder erbracht worden. Der Kläger rechnete für die Monate März und Mai 2020 die Schließzeiten anteilig taggenau als umsatzlos aus den eingegangenen Mitgliedsbeiträgen heraus.
Nach einer Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) die Ansicht, dass die Umsätze steuerbar seien. Den Mitgliedern gegenüber sei die Zusage erteilt worden, dass eine Beitragsfortzahlung zu einer Zeitgutschrift führe. Zwischen der jeweiligen Zahlung und der in Aussicht gestellten Leistung bestehe ein innerer Zusammenhang, der einen Leistungsaustausch begründe. Die nicht belegte, möglicherweise bestehende Absicht der Mitglieder, das Fitnessstudio finanziell unterstützen zu wollen, werde durch die angekündigte Leistung überlagert.
Das FA erhöhte --den Prüfungsfeststellungen folgend-- mit Bescheiden vom 28.07.2021 die Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für die Monate März, April und Mai 2020 um insgesamt ... €. Die hiergegen eingelegten Einsprüche wies das FA als unbegründet zurück (Einspruchsentscheidung vom 26.11.2021). Es nahm an, die Zahlungen der Mitgliedsbeiträge seien im Rahmen eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustausches erfolgt. Selbst wenn der Kläger gegenüber den Mitgliedern seines Fitnessstudios keine Leistung erbracht hätte, seien die vereinnahmten Entgelte jedenfalls Anzahlungen für steuerpflichtige Leistungen. Erst die Rückgewähr des Entgelts berechtige nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) zur Minderung der Bemessungsgrundlage.
Der Kläger reichte am 28.12.2022 eine Umsatzsteuer-Jahressteuererklärung ein, in der die streitigen Mitgliedsbeiträge nicht enthalten waren und der das FA zustimmte. In der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht (FG) am 16.02.2023 übergab das FA dem Kläger einen Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für das Streitjahr vom selben Tag, in dem es demgegenüber die Beträge als Entgelte für steuerpflichtige Umsätze erfasst hatte.
Das FG gab der Klage, die auf die Aufhebung des vorgenannten Umsatzsteuer-Änderungsbescheids gerichtet war, mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2023, 867 veröffentlichten Urteil vom 16.02.2023 - 6 K 239/21 teilweise statt. Es änderte den angefochtenen Umsatzsteuer-Änderungsbescheid dahingehend, dass die Umsatzsteuer für das Streitjahr um ... € auf ... € herabgesetzt wurde. Im Übrigen wies es die Klage ab. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ging das FG davon aus, dass der in der mündlichen Verhandlung dem Kläger übergebene Änderungsbescheid wirksam sei. In der Sache nahm das FG an, es fehle für den gesamten Schließungszeitraum (17.03.2020 bis 17.05.2020) an dem für die Umsatzsteuerbarkeit erforderlichen Leistungsaustausch. Dem Kläger sei die Leistungserbringung in dieser Zeit unmöglich gewesen. Die Ersatzleistungen hätten nach Art und Umfang die geschuldete Leistung nicht ersetzen können. Hinsichtlich der Bonus-Monate könne schon kein Vertragsschluss angenommen werden, weil Schweigen keine Willenserklärung sei. Die Weiterzahlung der Mitgliedsbeiträge könne nicht als konkludente Annahmehandlung angesehen werden, weil insoweit nach dem objektiven Empfängerhorizont kein eindeutiger Rechtsbindungswille erkennbar gewesen sei. Zahlungen aus Solidarität, Bequemlichkeit oder aufgrund eines Rechtsirrtums seien nicht steuerbar. Ferner liege hinsichtlich der Monate April und Mai 2020 auch keine Anzahlung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG vor, da jeweils im Zeitpunkt der Zahlung zum Monatsersten festgestanden habe, dass die Leistungserbringung unmöglich sei. Hingegen handele es sich bei der Zahlung der Mitgliedsbeiträge Anfang März 2020 um eine Anzahlung. Demgemäß saldierte das FG im Hinblick auf den streitgegenständlichen Umsatzsteuer-Jahresbescheid die aus seiner Sicht auf die Anzahlung für den gesamten Monat März 2020 entfallende Umsatzsteuer mit derjenigen, die aus seiner Sicht zu Unrecht aufgrund der Mitgliedsbeiträge für die Zeit vom 17.05.2020 bis zum 31.05.2020 in dem Bescheid erfasst war.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Es macht im Wesentlichen geltend, dass die Mitglieder ihre Beiträge für die Monate der behördlich angeordneten Schließung vom Kläger hätten in der Annahme einziehen lassen, dass ihre Vertragslaufzeit verlängert werde. Sie hätten bei der Einziehung der Beiträge davon ausgehen dürfen, dass ein Anspruch auf Zeitgutschrift allein durch die Beitragsfortzahlung bestehe. Die Mitgliedsbeiträge seien steuerbare Vorauszahlungen auf noch zu erbringende Teilleistungen, deren Bemessungsgrundlage nur unter der Voraussetzung der Rückzahlung geändert werden könne.
Das FA beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision des FA als unbegründet zurückzuweisen.
Er tritt der Revision entgegen und bringt dazu unter anderem vor, die für die Verschiebung des Leistungszeitraums erforderliche vertragliche Änderung sei abgesehen von den 85 Mitgliedern, die während der Schließzeit ihre Beiträge gezahlt und von der Zeitgutschrift Gebrauch gemacht hätten, mangels Angebotsannahme nicht erfolgt. Die Mitglieder hätten über die bloße Duldung der Abbuchung hinaus keine Tätigkeit entfaltet, die als Betätigung eines Annahmewillens hätte gewertet werden können. Eine Geldzahlung allein, auch wenn sie im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses erfolgt sei, löse keine Steuerbarkeit aus. Hierzu müsse eine Lieferung ausgeführt oder eine Dienstleistung erbracht werden. Die Leistungserbringung und nicht die Entgeltentrichtung unterliege der Besteuerung. Keine Dienstleistung gegen Entgelt liege vor, wenn der Unternehmer zwar eine Zahlung erhalte, diese aber von dem Zahlenden nicht für einen verbrauchsfähigen Vorteil, sondern aus anderen Gründen entrichtet werde. Insoweit fehle es an dem für die Umsatzsteuerbarkeit erforderlichen Leistungsaustausch. Die Erbringung der vereinbarten Leistung, die wegen Zeitablaufs nicht mehr nachholbar sei, sei zivilrechtlich aufgrund der hoheitlich angeordneten Schließung des Fitnessstudios unmöglich gewesen.
II. Die Revision des FA ist begründet. Die Vorentscheidung ist aufzuheben. Der Senat entscheidet nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in der Sache selbst und weist die Klage insgesamt als unbegründet ab.
Ein umsatzsteuerrechtlicher Leistungsaustausch folgt im Streitfall aus dem wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen der im Rahmen eines bestehenden Rechtsverhältnisses angebotenen Leistung und der entrichteten Gegenleistung. Das FG hat zu Unrecht angenommen, die Wertung des Zivilrechts entspreche auch der unionsrechtlichen Betrachtungsweise im Umsatzsteuerrecht. Entgegen der Auffassung des FG sind daher die während der behördlich angeordneten Schließzeit für die Monate April und Mai 2020 vereinnahmten Mitgliedsbeiträge ebenfalls Entgelte (Anzahlungen) für steuerbare und steuerpflichtige Teilleistungen. Die Sache ist spruchreif.
1. In verfahrensrechtlicher Hinsicht hat das FG zutreffend angenommen, dass der Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für das Streitjahr vom 16.02.2023 dem Kläger wirksam bekanntgegeben worden ist. Die Form der Bekanntgabe eines Steuerbescheids liegt grundsätzlich im Ermessen der zuständigen Finanzbehörde. Diese kann daher auch andere als die in § 122 der Abgabenordnung (AO) geregelten Formen der Bekanntgabe wählen, zum Beispiel durch Übergabe im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vor dem FG. Der Änderungsbescheid vom 16.02.2023 hat den Umsatzsteuer-Jahresbescheid, der nach § 168 Satz 2 i.V.m. Satz 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand, ersetzt und ist gemäß § 68 Satz 1 FGO zum Gegenstand des Verfahrens geworden (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 19.07.2011 - XI R 21/10, BFHE 235, 14, BStBl II 2012, 434, Rz 19 ff.; vom 17.03.2022 - XI R 39/19, BFHE 275, 526, BStBl II 2023, 295).
2. Zu Unrecht hat das FG allerdings angenommen, dass die von den Kunden gezahlten Beträge kein Entgelt für eine steuerbare Leistung seien. Die Vorentscheidung ist daher aufzuheben.
a) Entgelt ist nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der leistende Unternehmer vom Leistungsempfänger oder von einem anderen als dem Leistungsempfänger für die Leistung erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen, jedoch abzüglich der für diese Leistung gesetzlich geschuldeten Umsatzsteuer. Dies beruht unionsrechtlich auf Art. 73 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL). Der Wert der Gegenleistung ist auch unter Berücksichtigung der Perspektive des Leistenden zu ermitteln (BFH-Urteil vom 10.12.2020 - V R 34/18, BFHE 272, 167, BStBl II 2021, 576, Rz 38).
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH und des BFH setzt eine "Leistung gegen Entgelt" im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG und Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und c MwStSystRL einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen einer (steuerbaren) Leistung und einer tatsächlich vom Steuerpflichtigen empfangenen Gegenleistung voraus (vgl. u.a. EuGH-Urteile Tolsma vom 03.03.1994 - C-16/93, EU:C:1994:80, Rz 13 und 14; Gemeente Borsele vom 12.05.2016 - C-520/14, EU:C:2016:334, Rz 24; Lajver vom 02.06.2016 - C-263/15, EU:C:2016:392, Rz 26; BFH-Urteile vom 30.08.2017 - XI R 37/14, BFHE 259, 175, BStBl II 2019, 336, Rz 19; vom 02.08.2018 - V R 21/16, BFHE 262, 548, BStBl II 2019, 339, Rz 22, m.w.N.).
bb) Der unmittelbare Zusammenhang beruht regelmäßig auf dem "Rechtsverhältnis", das heißt den vertraglichen Beziehungen zwischen Leistendem und Leistungsempfänger (vgl. z.B. EuGH-Urteile Bally vom 25.05.1993 - C-18/92, EU:C:1993:212; Tolsma vom 03.03.1994 - C-16/93, EU:C:1994:80, Rz 14; Elida Gibbs vom 24.10.1996 - C-317/94, EU:C:1996:400; BFH-Urteil vom 24.02.2021 - XI R 15/19, BFHE 272, 252, BStBl II 2021, 729, Rz 17, m.w.N.).
b) Der Umsatzsteuer unterliegen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG die Umsätze aus Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Unionsrechtlich beruht dies auf Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL. Ein steuerbarer Umsatz liegt dabei vor, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Leistung bildet (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 05.08.2010 - V R 54/09, BFHE 231, 289, BStBl II 2011, 191, Rz 12; vom 22.04.2015 - XI R 10/14, BFHE 250, 268, BStBl II 2015, 862, Rz 18; vom 22.02.2017 - XI R 17/15, BFHE 257, 169, BStBl II 2017, 812, Rz 22; vom 11.12.2019 - XI R 13/18, BFHE 268, 262, BStBl II 2020, 296, Rz 17 f.; vom 08.05.2024 - XI R 16/20, BStBl II 2024, 662, Rz 26). Der Leistungsempfänger muss identifizierbar sein; er muss einen Vorteil erhalten, der zu einem Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems führt (vgl. BFH-Urteile vom 07.07.2005 - V R 34/03, BFHE 211, 59, BStBl II 2007, 66, unter II.1.; vom 29.10.2008 - XI R 76/07, BFH/NV 2009, 795, unter II.2.a; vom 15.04.2015 - V R 46/13, BFHE 250, 253, BStBl II 2015, 947, Rz 39; vom 14.01.2016 - V R 63/14, BFHE 253, 279, BStBl II 2016, 360, Rz 14; vom 06.04.2016 - V R 12/15, BFHE 253, 475, BStBl II 2017, 188, Rz 26; vom 22.02.2017 - XI R 17/15, BFHE 257, 169, BStBl II 2017, 812, Rz 22; vom 08.05.2024 - XI R 16/20, BStBl II 2024, 662, Rz 26).
aa) Entscheidend dafür, ob eine Zahlung "für die Leistung" beziehungsweise "für die Umsätze" gewährt wird beziehungsweise der Leistende sie hierfür erhält, ist nach der Rechtsprechung des EuGH und des BFH, dass zwischen Leistung und Gegenleistung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht (vgl. EuGH-Urteile Tolsma vom 03.03.1994 - C-16/93, EU:C:1994:80, Rz 13 f.; SAWP vom 18.01.2017 - C-37/16, EU:C:2017:22, Rz 25 f.; BFH-Urteile vom 16.10.2013 - XI R 39/12, BFHE 243, 77, BStBl II 2014, 1024, Rz 32; vom 15.04.2015 - V R 46/13, BFHE 250, 253, BStBl II 2015, 947, Rz 39; vom 22.02.2017 - XI R 17/15, BFHE 257, 169, BStBl II 2017, 812, Rz 26; vom 31.05.2017 - XI R 2/14, BFHE 258, 191, BStBl II 2017, 1024; vom 08.05.2024 - XI R 16/20, BStBl II 2024, 662, Rz 29).
bb) Es bestimmt sich in erster Linie nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis, ob eine Leistung des Unternehmers vorliegt, die derart mit der Zahlung verknüpft ist, dass sie sich auf die Erlangung einer Gegenleistung (Zahlung) richtet (vgl. EuGH-Urteil Kennemer Golf vom 21.03.2002 - C-174/00, EU:C:2002:200, Rz 39; BFH-Urteile vom 18.12.2008 - V R 38/06, BFHE 225, 155, BStBl II 2009, 749, unter II.3.a ee; vom 30.06.2010 - XI R 22/08, BFHE 231, 248, BStBl II 2010, 1084, Rz 13; vom 30.06.2022 - V R 36/20, BFHE 277, 508, Rz 24; jeweils m.w.N.). Bei Leistungen aufgrund eines gegenseitigen Vertrags, durch den sich eine Vertragspartei zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen und die andere sich hierfür zur Zahlung einer Gegenleistung verpflichtet, sind die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG regelmäßig erfüllt, falls der leistende Vertragspartner Unternehmer ist (vgl. BFH-Urteile vom 18.12.2008 - V R 38/06, BFHE 225, 155, BStBl II 2009, 749, unter II.3.a ee; vom 16.01.2014 - V R 22/13, BFH/NV 2014, 736, Rz 21; vom 13.12.2017 - XI R 3/16, BFHE 261, 84, BStBl II 2018, 727, Rz 35; vom 10.04.2019 - XI R 4/17, BFHE 264, 382, BStBl II 2019, 635, Rz 17).
cc) Ob die Voraussetzungen für einen Leistungsaustausch vorliegen, ist dabei nicht nach zivilrechtlichen, sondern ausschließlich nach den vom Unionsrecht geprägten umsatzsteuerrechtlichen Maßstäben zu beurteilen (vgl. BFH-Urteile vom 16.01.2014 - V R 22/13, BFH/NV 2014, 736, Rz 22; vom 21.12.2016 - XI R 27/14, BFHE 257, 154, BStBl II 2021, 779, Rz 29; vom 10.04.2019 - XI R 4/17, BFHE 264, 382, BStBl II 2019, 635, Rz 18; jeweils m.w.N.). Es stellt eine unionsrechtliche, unabhängig von der Beurteilung nach nationalem Recht zu entscheidende Frage dar, ob die Zahlung eines Entgelts als Gegenleistung für die Erbringung von Dienstleistungen erfolgt (vgl. EuGH-Urteil Meo - Serviços de Comunicações e Multimédia vom 22.11.2018 - C-295/17, EU:C:2018:942, Rz 68 f.; BFH-Urteile vom 21.12.2016 - XI R 27/14, BFHE 257, 154, BStBl II 2021, 779, Rz 29; jeweils m.w.N.). Auf die Frage, ob nach deutschem Zivilrecht objektive (oder subjektive) Unmöglichkeit der ursprünglich geschuldeten Leistung vorliegt, kommt es deshalb nicht an (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 16.01.2014 - V R 22/13, BFH/NV 2014, 736, Rz 22, m.w.N.).
dd) Eine Geldzahlung ohne eine ausgeführte Lieferung oder eine erbrachte Dienstleistung allein löst jedoch noch keine Steuerpflicht beim Empfänger aus, auch wenn dieser ein Steuerpflichtiger sein sollte (vgl. EuGH-Urteil BUPA Hospitals und Goldsborough Developments vom 21.02.2006 - C-419/02, EU:C:2006:122, Rz 50; Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 07.06.2018 - C-295/17, EU:C:2018:413, Rz 33). Die Leistungserbringung und nicht die Entgeltentrichtung unterliegt der Besteuerung (vgl. BFH-Urteil vom 15.09.2011 - V R 36/09, BFHE 235, 507, BStBl II 2012, 365, Rz 28). Keine Dienstleistung gegen Entgelt liegt vor, wenn das Unternehmen zwar eine Zahlung erhält, dieses Geld aber von dem Zahlenden nicht für einen verbrauchbaren Vorteil aufgrund eines Rechtsverhältnisses, sondern aus persönlichen Motiven gezahlt wird (vgl. EuGH-Urteil Tolsma vom 03.03.1994 - C-16/93, EU:C:1994:80, Rz 17; Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 07.06.2018 - C-295/17, EU:C:2018:413, Rz 35; EuGH-Urteil Meo -Serviços de Comunicações e Multimédia vom 22.11.2018 - C-295/17, EU:C:2018:942).
c) Wird das Entgelt für Lieferungen oder sonstige Leistungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ganz oder teilweise vereinnahmt, bevor die Leistung oder die Teilleistung ausgeführt worden ist, entsteht insoweit die Steuer nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt oder das Teilentgelt vereinnahmt worden ist.
Diese Regelung beruht auf Art. 65 MwStSystRL (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 29.11.2022 - XI R 11/21, BFHE 279, 283, BStBl II 2023, 424, Rz 28). Das Entstehen des Steueranspruchs nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG (Art. 65 MwStSystRL) erfordert, dass alle maßgeblichen Elemente des Steuertatbestands, das heißt der künftigen Lieferung oder der künftigen Dienstleistung, bereits bekannt und somit die Gegenstände oder die Dienstleistungen zum Zeitpunkt der Anzahlung genau bestimmt sind (vgl. EuGH-Urteile BUPA Hospitals und Goldsborough Developments vom 21.02.2006 - C-419/02, EU:C:2006:122, Rz 48; Lebara vom 03.05.2012 - C-520/10, EU:C:2012:264, Rz 26; Kollroß und Wirtl vom 31.05.2018 - C-660/16 und C-661/16, EU:C:2018:372, Rz 40; BFH-Urteile vom 15.09.2011 - V R 36/09, BFHE 235, 507, BStBl II 2012, 365, Rz 16; vom 29.11.2022 - XI R 11/21, BFHE 279, 283, BStBl II 2023, 424, Rz 29).
d) Teilleistungen liegen gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 3 UStG vor, wenn für bestimmte Teile einer wirtschaftlich teilbaren Leistung das Entgelt gesondert vereinbart wird.
aa) Die nationale Regelung für Teilleistungen beruht auf Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 01.02.2022 - V R 37/21 (V R 16/19), BFHE 275, 460, BStBl II 2022, 860, Rz 23). Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL erfasst unter anderem Dienstleistungen, die "zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen Anlass [geben]", das heißt Leistungen mit kontinuierlichem oder wiederkehrendem Charakter (vgl. EuGH-Urteil X-Beteiligungsgesellschaft vom 28.10.2021 - C-324/20, EU:C:2021:880, Rz 45), die in den Zeiträumen erbracht werden, auf die sich die hierfür erfolgenden Zahlungen beziehen (vgl. EuGH-Urteil X-Beteiligungsgesellschaft vom 28.10.2021 - C-324/20, EU:C:2021:880, EU:C:2021:880, Rz 38).
bb) Dem entspricht der nationale Begriff der Teilleistung in § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 3 UStG zumindest im Regelfall, da es sich bei der wirtschaftlich teilbaren Leistung um eine Leistung mit einem "kontinuierlichen oder wiederkehrenden Charakter" handelt, wie sie im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen erbracht wird (vgl. BFH-Urteile vom 01.02.2022 - V R 37/21 (V R 16/19), BFHE 275, 460, BStBl II 2022, 860, Rz 26; vom 28.09.2022 - XI R 28/20, BFHE 278, 355, BStBl II 2023, 598, Rz 22).
e) Nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG gilt § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG sinngemäß, wenn für eine vereinbarte Lieferung oder sonstige Leistung ein Entgelt entrichtet, die Lieferung oder sonstige Leistung aber nicht ausgeführt wurde.
aa) Dies beruht auf Art. 65, 90 und 193 MwStSystRL (vgl. EuGH-Urteil FIRIN vom 13.03.2014 - C-107/13, EU:C:2014:151, Rz 56 sowie Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache FIRIN vom 19.12.2013 - C-107/13, EU:C:2013:872, Rz 43). Was die in Art. 90 MwStSystRL verwendeten Begriffe der Annullierung, der Rückgängigmachung und der Auflösung betrifft, so finden diese drei Fallgestaltungen in der Mehrheit der Sprachfassungen der in Rede stehenden Bestimmung Erwähnung, während andere nur zwei Fallgestaltungen erwähnen (vgl. EuGH-Urteil Lombard Ingatlan Lízing vom 12.10.2017 - C-404/16, EU:C:2017:759, Rz 22). Die Verwendung der Begriffe der Annullierung, der Rückgängigmachung und der Auflösung ist mit dem Bestreben zu erklären, sowohl die Fälle der rückwirkenden Auflösung (ex tunc) als auch die Fälle der Auflösung mit Wirkung für die Zukunft (ex nunc) zu erfassen; aber auch die Sprachfassungen mit nur zwei Fallgruppen stehen einer solchen Auslegung nicht entgegen, da sie sich auf die rückwirkende Beendigung eines Vertrags oder auf das Scheitern eines Geschäfts beziehen (vgl. EuGH-Urteil Lombard Ingatlan Lízing vom 12.10.2017 - C-404/16, EU:C:2017:759, Rz 23 und 24). Eine nachträgliche Änderung der vertraglichen Beziehungen ist nicht Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Bestimmung (vgl. bereits EuGH-Urteil Freemans vom 29.05.2001 - C-86/99, EU:C:2001:291, Rz 33).
bb) Die Minderung der Bemessungsgrundlage gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 2 UStG, Art. 90 MwStSystRL tritt nicht schon dann ein, wenn die vereinbarte Leistung tatsächlich nicht erbracht wird und deshalb ein Rückzahlungsanspruch des Zahlenden besteht, sondern erst dann, wenn das bereits gezahlte Entgelt tatsächlich zurückgezahlt worden ist (vgl. EuGH-Urteil FIRIN vom 13.03.2014 - C-107/13, EU:C:2014:151, Rz 56, m.w.N.; BFH-Urteile vom 19.07.2007 - V R 11/05, BFHE 219, 220, BStBl II 2007, 966; vom 18.09.2008 - V R 56/06, BFHE 222, 162, BStBl II 2009, 250; vom 02.09.2010 - V R 34/09, BFHE 231, 321, BStBl II 2011, 991; vom 05.12.2018 - XI R 44/14, BFHE 263, 359, Rz 70, m.w.N.; vom 17.07.2019 - V R 9/19 (V R 29/15), BFHE 265, 565, Rz 31). Der Umstand, dass der Zahlende aufgrund der Unmöglichkeit der Leistung einen Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung für die vereinbarte, aber nicht erbrachte Leistung hat, reicht danach für eine Minderung der Bemessungsgrundlage beim Leistenden nicht aus (s. zur Nichtberichtigung beim Leistenden ohne Rückzahlung der Anzahlung in Fällen der objektiven Unmöglichkeit der Leistung auch EuGH-Urteil Kollroß und Wirtl vom 31.05.2018 - C-660/16 und C-661/16, EU:C:2018:372, Rz 62).
f) Ausgehend davon hat das FG zu Unrecht angenommen, dass nur die für den Monat März 2020, nicht aber auch die für die Monate April und Mai 2020 jeweils zum Monatsersten eingezogenen Mitgliedsbeiträge Entgelte für eine steuerbare Leistung sind.
aa) Bei den vom Kläger im Rahmen der Mitgliedsvereinbarungen während der Laufzeit der jeweiligen Mitgliedschaft in seinem Fitnessstudio geschuldeten Leistungen handelt es sich um Teilleistungen im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 3 UStG. Es liegen mit den eingeräumten Nutzungsmöglichkeiten der Einrichtungen im Fitnessstudio des Klägers wirtschaftlich teilbare Leistungen vor, die im Rahmen der 12 oder 24 Monate umfassenden Laufzeiten der jeweils als Dauerschuldverhältnis zu beurteilenden Mitgliedschaft kontinuierlich und in zeitlichen Abschnitten von jeweils einem Monat zu erbringen waren und die im Sinne des Art. 64 MwStSystRL zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen Anlass gaben.
bb) Im Zeitpunkt der durch Einzug vereinnahmten Vorauszahlungen am jeweiligen Monatsersten waren, was für die Entstehung des Steueranspruchs nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG erforderlich ist, nach den Mitgliedsvereinbarungen alle maßgeblichen Elemente des Steuertatbestands der vom Kläger für die für den jeweiligen Zeitraum vertraglich geschuldeten Teilleistungen bekannt und genau bestimmt. Nach den die Mitgliedschaften betreffenden Vereinbarungen schuldete der Kläger seinen Mitgliedern kontinuierlich, fortlaufend und abschnittsbezogen für die Monate März, April und Mai 2020 die gemeinschaftliche Mitbenutzung sämtlicher Einrichtungen der Räume seines Fitnessstudios, also insbesondere die Mitbenutzung der Trainingsanlage und die Teilnahme an Gymnastikstunden. Hierfür schuldeten die Mitglieder ein Entgelt in Höhe des jeweils zum Monatsersten vom Kläger eingezogenen Beitrags. Die monatlich zu entrichtenden Zahlungen erfolgten als Gegenleistung für die im Rahmen der Mitgliedschaften im Fitnessstudio des Klägers zu erbringenden monatlichen Teilleistungen.
cc) Die von den Mitgliedern auf Grundlage der bestehenden Vereinbarungen als Anzahlung entrichteten Beiträge für die monatlichen Teilleistungen sind nach den Ausführungen unter II.2.e selbst dann weiter Entgelte für steuerbare Leistungen, soweit die Erbringung dieser Leistungen aufgrund der Landesverordnung vom 17.03.2020 bis 17.05.2020 unmöglich geworden ist, falls sie nicht beziehungsweise nicht anteilig zurückgewährt wurden. Eine Minderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG wegen einer nicht erbrachten Teilleistung erfolgt gemäß den Ausführungen unter II.2.e bb auch im Falle der Unmöglichkeit der Leistung erst dann, wenn die hierfür entrichtete Anzahlung zurückgewährt wird. Dies ist hinsichtlich der im Streit stehenden Beiträge für die Monate März, April und Mai 2020 nicht der Fall. Die überwiegende Mehrzahl der rund 800 Mitglieder des Fitnessstudios des Klägers forderten die in der pandemiebedingten Schließzeit im Voraus entrichteten Beiträge für die Monate März, April und Mai 2020 nicht zurück, so dass es in 761 Fällen insoweit nicht zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG kam (vgl. zur zeitweisen Schließung von Fitnessstudios auch Weber, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht --UVR-- 2023, 276). Soweit einige wenige Mitglieder die eingezogenen Beiträge zurückverlangt haben, war --was zwischen den Beteiligten nicht im Streit steht-- die gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG mit Ablauf der Monate März, April und Mai 2020 entstandene Steuer (erst) in dem Besteuerungszeitraum der Beitragsrückgewähr nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 und Satz 8 UStG zu berichtigen.
g) Unabhängig von der vorstehenden Beurteilung sind die Beiträge --entgegen der Auffassung des FG-- auch deshalb Entgelt für eine steuerbare Leistung, weil der Kläger seinen Mitgliedern in Gestalt der zugesagten Bonus-Monate für die geleisteten Zahlungen einen verbrauchsfähigen Vorteil als Leistung dergestalt verschafft hat, dass sie im Anschluss an den Ablauf der jeweiligen Mitgliedschaft beitragsfrei für die Zeit, in denen das Fitnessstudio schließen musste, weiter trainieren konnten.
aa) Der Kläger hat den Beitragseinzug aufgrund der weiterhin bestehenden Mitgliedschaft als Rechtsverhältnis vorgenommen. Durch Aushänge hatte er zu dieser Zeit den Mitgliedern zugesagt, dass (neben den vielfältigen Alternativangeboten) der Zeitraum, in dem in seinem Fitnessstudio nicht trainiert werden könne, am Ende der Mitgliedschaft beitragsfrei ersetzt werde.
bb) Die eingezogenen Mitgliedsbeiträge, die auf die Monate der behördlich angeordneten Schließung seines Fitnessstudios entfallen, sind danach, auch unabhängig von der Betrachtung unter II.2.e und f, als steuerbare Vorauszahlung im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG für die nachfolgend noch zu gewährenden Bonus-Monate zu sehen. Auf die Frage, ob die vom Kläger zugesagte Verlängerung der Vertragslaufzeit durch Gewährung der Bonus-Monate zivilrechtlich wirksam zu einer Vertragsänderung geführt hat, kommt es umsatzsteuerrechtlich nicht an. Das FG hat insoweit rechtsfehlerhaft darauf abgestellt, ob --was es verneint hat-- nach Maßstäben des Zivilrechts rechtswirksam durch Angebot und Annahme eine vertragliche Vereinbarung über nachfolgend zu gewährende Bonus-Monate zustande gekommen ist. Unabhängig davon, ob die Weiterzahlung der Mitgliedsbeiträge durch deren unwidersprochen gebliebenen Einzug nur aus Solidarität, Bequemlichkeit oder aufgrund eines Rechtsirrtums der wirtschaftlichen Realität widerspricht (vgl. dazu Weber, UVR 2023, 276), folgt der umsatzsteuerrechtliche Leistungsaustausch aus dem wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen dem vom Kläger gewährten verbrauchsfähigen Vorteil, den der Leistungsempfänger für die von ihm gezahlte Gegenleistung erhält, und nicht aus der zivilrechtlichen Beurteilung des Vorgangs (s. dazu vorstehend unter II.2.b cc). Ein derartiger Leistungsaustausch, der im Rahmen des Vertrags über die Mitgliedschaft im Fitnessstudio des Klägers erfolgt ist, liegt im Streitfall hinsichtlich der Bonus-Monate vor.
cc) Der Umstand, dass nur 85 der 761 weiter zahlenden Mitglieder nachfolgend von dem Angebot der Bonus-Monate tatsächlich Gebrauch gemacht haben, hindert das Vorliegen einer Leistung gegen Entgelt auch bei den anderen Mitgliedern nicht. Als (ausgeführte) entgeltliche Leistung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL ist auch eine (fortbestehende) Leistungsbereitschaft des Unternehmers anzusehen, so dass es auf den Umfang der tatsächlichen Inanspruchnahme der Leistung nicht ankommt (vgl. EuGH-Urteile Air France - KLM und Hop!-Brit Air vom 23.12.2015 - C-250/14 und C-289/14, EU:C:2015:841, Rz 28; Meo - Serviços de Comunicações e Multimédia vom 22.11.2018 - C-295/17, EU:C:2018:942, Rz 40; Marcandi vom 05.07.2018 - C-544/16, EU:C:2018:540, Rz 32; UniCredit Leasing vom 03.07.2019 - C-242/18, EU:C:2019:558, Rz 74; BFH-Urteile vom 02.08.2018 - V R 37/17, BFHE 263, 63, Rz 17; vom 18.12.2019 - XI R 21/18, BFHE 267, 560, BStBl II 2020, 723, Rz 46; BFH-Beschluss vom 10.01.2024 - XI R 14/23 (XI R 22/21), BStBl II 2024, 610, Rz 31). Hat der Leistungsempfänger die Möglichkeit, eine bestimmte Leistung in Anspruch zu nehmen, liegt eine steuerbare Leistung auch dann vor, wenn der Leistungsempfänger sie nicht tatsächlich in Anspruch nimmt, nehmen will oder kann.
dd) Es bedarf danach vorliegend keiner Entscheidung, ob der Kläger mit seinen während der Schließzeit darüber hinaus gratis angebotenen Online-Live-Kursen, der täglichen Telefon-Hotline und dem kostenlosen 3D-Körperscan seinen Mitgliedern einen verbrauchsfähigen Vorteil für die geleisteten Monatsbeiträge verschafft hat und auch insoweit von einem umsatzsteuerbaren Leistungsaustausch ausgegangen werden kann, wogegen jedenfalls in Bezug auf die Online-Live-Kurse sprechen könnte, dass diese Online-Live-Kurse nicht nur für Mitglieder, sondern für jedermann frei und unentgeltlich zugänglich waren (vgl. EuGH-Urteil Gemeinde A vom 13.07.2023 - C-344/22, EU:C:2023:580, Rz 40; BFH-Urteile vom 18.10.2023 - XI R 21/23 (XI R 30/19), BFHE 283, 110, Rz 22; vom 06.12.2023 - XI R 33/21, BFHE 283, 159, Rz 38).
3. Die Sache ist spruchreif. Sonstige Rechtsfehler des zum Gegenstand des Verfahrens gewordenen Umsatzsteuer-Jahresbescheids vom 16.02.2023 sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Klage ist daher insgesamt abzuweisen. Damit verbleibt es bei der --mit am 16.02.2023 bekanntgegebenem Umsatzsteuer-Änderungsbescheid-- für das Streitjahr festgesetzten Umsatzsteuer.