EFG Einzelheft

Die EFG Zeitschrift bietet eine Rechtsprechungssammlung der Finanzgerichte zum Steuerrecht und zum Steuerberatungsgesetz. Entscheidungen erfahrener Richter werden in Anmerkungen analysiert und kommentiert. Die Fachzeitschrift wird unter Mitwirkung der Richter an den Finanzgerichten herausgegeben.

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Aktuelles aus Heft 17 der EFG (September 2023) u.a.

Gewerblichkeit des Goldhandels

Das FG des Landes Sachsen-Anhalt hat mit Urteil vom 7.7.2022 (2 K 265/20) zur Gewerblichkeit des Goldhandels entschieden. Der Richter am FG Dr. Michael Hennigfeld kommentiert das Urteil und gibt Hinweise für die Praxis:

I. Problemstellung
Streitig war die Frage, ob die Kl., eine GbR, gewerbliche Einkünfte aus einem Goldhandel hatte. 2011 wurde nach englischem Recht die P-Partnership gegründet. Die Geschäftsführung oblag einer britischen Limited. Alleinige Gesellschafterin war die Kl., deren Gesellschafter die beiden Beigeladenen waren. Diese Beigeladenen hatten ihre Einlage aus dem Verkauf von Anteilen an einer GmbH finanziert. 2011 erwarb die P in vier Transaktionen physische Goldbarren, die 2012 wieder an die jeweiligen Banken zurückveräußert wurden. Die Erwerbe wurden im Wesentlichen durch die Einlagen der Gesellschafter der Kl. i.H.v. ca. 16 Mio. € sowie durch Rahmenkredite finanziert. 2012 erwarb die P durch vier weitere Ankäufe allocated Gold, denen 2013 zwei Verkäufe gegenüberstanden. Im selben Jahr wurden darüber hinaus zwei Ankäufe getätigt, denen 2014 entsprechende Verkäufe gegenüberstanden. Darüber hinaus handelte die P nach dem Streitjahr außerdem mit Gold, das nicht durchbaren Listen identifizierbar war. Insgesamt kam es zu fünf Ankäufen und drei Verkäufen. Im Anschluss wurde nur noch ein Nicht-Edelmetallhandel fortgeführt. Die Goldgeschäfte sicherte die P durch diverse Optionsgeschäfte ab. Im gesamten Zeitraum führten die Goldgeschäfte einschließlich der Optionsgeschäfte zu einem Verlust von rund 3,3 Mio. €. Die Kl. erklärte im Streitjahr 2011 in ihrer Feststellungserklärung Verluste und nach DBA steuerfreie Einkünfte aus einer gewerblichen Betriebstätte, die dem Progressionsvorbehalt unterlägen. 2012 ermittelte die Kl. einen Gewinn. Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurden die in Großbritannien erzielten Einkünfte als solche aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens qualifiziert. In diesem VZ sei mangels Veräußerungen der Tatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG noch nicht verwirklicht worden. In der Folge berücksichtigte der Bekl. im Feststellungsbescheid keine dem Progressionsvorbehalt unterliegenden und nach DBA steuerfreien negativen Einkünfte mehr. Hiergegen richtete sich die Klage. Die Kl. vertrat die Auffassung, sie habe gewerbliche Einkünfte erzielt. Der Bekl. wies darauf hin, dass die Gestaltung letztlich dadurch motiviert gewesen sei, steuerliche Vorteile der Beigeladenen durch Anerkennung der erklärten Verluste im Zusammenhang mit der zuvor erfolgten Veräußerung der Anteile an der GmbH zu erzielen. Die P sei letztlich eine Verlustzuweisungsgesellschaft gewesen.

II. Die Entscheidung des FG
Das FG hat die Klage abgewiesen. Die Kl. habe aus ihrer Beteiligung an der P in Großbritannien keine Unternehmensgewinne i.S. von Art. 7 Abs. 1 DBA UK erzielt. Daher lägen keine dem Progressionsvorbehalt unterfallenden Einkünfte vor. Bei einem Goldhandel lägen Indizien für eine gewerbliche Tätigkeit vor, wenn ein kurzfristiger und häufiger Umschlag von physischem Gold erfolge. Im Streitfall seien wenige Handelsgeschäfte mit Gold erfolgt, die allerdings von den erst im Folgejahr nachfolgenden Verkäufen nicht zu lösen seien. Diese Transaktionen seien bereits nach eigenen Angaben der Kl. erfolgt, um für die Beigeladenen durch Ausnutzung des negativen Progressionsvorbehaltes im Wege des sog. Goldfingermodells steuerliche Vorteile zu erzielen. Im Streitfall habe der Handel der Kl. mit allocated Gold sowie unallocated Gold nicht die Grenze der Vermögensverwaltung überschritten und sei daher nicht gewerblich gewesen. Zur Gesamtbeurteilung dürften nicht nur die ersten, sondern müssten auch die in den folgenden Zeiträumen durchgeführten Transaktionen betrachtet werden. Es könne auch nicht festgestellt werden, dass die Kl. ihre Geschäfte im Wesentlichen durch Fremdfinanzierungen durchgeführt habe. Die P habe sich durch die jeweiligen Optionen weitaus geringer gegen Verluste abgesichert, als Gewinne verhindert worden seien. Auch dies spreche gegen eine Händlertätigkeit.

III. Hinweise für die Praxis
Die Entscheidung erfolgte am zweiten Rechtsgang. Das Gericht hatte bereits am 6.4.2016 unter dem Az. 6 K 194/15 (n.v.) die Klage abgewiesen. Der BFH hatte die Entscheidung mit Urteil vom 28.11.2019, IV R 43/16 (BFH/NV 2020, 511) aufgehoben und die Sache zurückverwiesen, woraufhin das Gericht die bisher unterbliebene Beiladung der Gesellschafter der Kl. nachholte. Darüber hinaus wies der BFH auf die zwischenzeitlich ergangene Rspr. zur Einkünftequalifikation beim Handel mit physischem Gold hin. Der BFH hatte entschieden, dass die Frage der Gewerblichkeit des Goldhandels anhand der Besonderheiten von Goldgeschäften beurteilt werden müsse. Ein kurzfristiger und häufiger Umschlag des Goldbestands sowie der Einsatz von Fremdkapital könnten Indizien für eine gewerbliche Tätigkeit sein. Die Grundsätze des Wertpapierhandels seien auf den Handel mit physischem Gold nicht übertragbar (BFH-Urteil vom 19.1.2017, IV R 50/14, BStBl II 2017, 456). Auch im zweiten Rechtsgang kam das FG unter Berücksichtigung der neueren Rspr. des BFH dazu, dass die Kl. nicht gewerblich gehandelt habe. Hintergrund der gesamten Gestaltung war das so genannte Goldfingermodell. Mit solchen Gestaltungen sollten durch negative Einkünfte ausländischer Personengesellschaften auf Grund des Progressionsvorbehalts die Besteuerung hoher inländischer Einkünfte beschränkt werden. Der Gesetzgeber hat auf die Gestaltungen ab 2013 durch die Neufassung von § 32b Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c EStG reagiert (zum Ganzen Hennigfeld in BeckOK AO, § 42 Rz. 423 ff.).

Aktuelles aus Heft 16 der EFG (August 2023) u.a.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht eines Bürgen

Das FG Nürnberg hat mit Urteil vom 18.11.2021 (4 K 519/18) zum maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht eines Bürgen entschieden. Der Richter am FG Dr. Matthias Wackerbeck kommentiert das Urteil und gibt Hinweise für die Praxis:

I. Problemstellung
Die Entscheidung befasst sich mit der Frage, ob die Inanspruchnahme des Kl. als Bürge steuerlich zu berücksichtigen ist.
Am 20.12.2010 hatte der Kl. gegenüber einer Bank eine Bürgschaft i. H. v. 200 000 € zu Gunsten der A-GmbH (Familienunternehmen der Ehefrau des Kl.) übernommen. Besichert worden war damit ein am 21.12.2010 von der Bank an die GmbH ausgereichtes Darlehen i.H.v. 200 000 €. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH im Januar 2012 hatte die Bank ihr Kreditengagement gegenüber der GmbH beendet, ihre Forderung fällig gestellt und den Kl. aus der Bürgschaft in Anspruch genommen. Die sich inzwischen auf 188 276,61 € belaufende Forderung erfüllte der Kl. am 20.4.2012.

II. Die Entscheidung des FG
Das FG hat die Klage abgewiesen. Im Streitfall sei die Darlehensforderung gegen die GmbH zum maßgeblichen Zeitpunkt ihres Übergangs auf den Kl. gem. § 774 BGB auf Grund der bereits eröffneten Insolvenz der GmbH wertlos gewesen, so dass es an der Einkünfteerzielungsabsicht des Kl. im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen fehle.

III. Einordnung und Würdigung der Entscheidung
Entgegen der Auffassung des FG erscheint es m. E. zweifelhaft, für die Frage der Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht auf den Zeitpunkt des Forderungsübergangs nach § 774 Abs. 1 Satz 1 BGB abzustellen. Vielmehr dürfte insoweit auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Bürgschaftsvertrages abzustellen sein, da der Kl. bereits mit der Übernahme der Bürgschaft – aufschiebend bedingt durch seine Befriedigung des Gläubigers – Inhaber der Darlehensforderung geworden ist (FG Düsseldorf, Urteil vom 11.11.2021 14 K 2330/19 E, EFG 2022, 394, mit Anm. Tiedchen; Jachmann-Michel, BB 2018, 2329, 2331; Kahlert, DStR 2018, 229, 231). Der Bürgschaftsvertrag wurde jedoch im Streitfall zeitgleich mit dem Darlehensvertrag und deutlich vor Insolvenzeröffnung abgeschlossen.
Allerdings wäre die Einkünfteerzielungsabsicht bei unentgeltlicher Hingabe einer privaten Bürgschaft zu einem Zeitpunkt, in dem von der Inanspruchnahme des Bürgen auszugehen und ein Ersatz des Schuldners nicht zu erwarten ist, wohl widerlegt (Jachmann-Michel, BB 2018, 2329, 2331). Hierzu enthält das Besprechungsurteil jedoch keine konkreten Feststellungen. Immerhin hatte die A-GmbH es aber offenbar geschafft, die Darlehensvaluta i.H.v. ursprünglich 200 000 € zumindest teilweise zurückzuführen.

IV. Konsequenzen/Hinweise für die Praxis
Auf die Nichtzulassungsbeschw. des Kl. hat der BFH die Revision zugelassen (Az.: VIII R 3/23). Dies dürfte im Hinblick auf die unter Tz. III. dargelegte streitige Rechtsfrage geschehen sein.

Aktuelles aus Heft 15 der EFG (August 2023) u.a.

Keine Besteuerung von Corona-Hilfen als außerordentliche Einkünfte

Das FG Münster hat mit Urteil vom 26.4.2023 (13 K 425/22 E) zur Besteuerung von Corona-Hilfen als außerordentliche Einkünfte entschieden. Der Richter am FG Dr. Fabian Schmitz-Herscheidt kommentiert das Urteil und gibt Hinweise für die Praxis:

I. Problemstellung
Das FG Münster befasste sich mit der Frage, ob sog. Corona-Hilfen als außerordentliche Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 1 und 2 EStG begünstigt besteuert werden können. Soweit ersichtlich liegt zu dieser Frage bislang keine finanzgerichtliche Rspr. vor.
Im Einzelnen handelte es sich um eine sog. Soforthilfe, eine sog. Überbrückungshilfe I und die sog. „November-/Dezemberhilfe“. Diese wurden dem Kl. auf Grund einer Betriebsschließung durch die Coronaschutzverordnungen des Landes NRW im Jahr 2020 gezahlt. Der Kl., der eine Gaststätte mit Hotel betrieb, begehrte eine begünstigte Besteuerung der Corona-Hilfen als außerordentliche Einkünfte gem. § 34 Abs. 1 und 2 EStG.

II. Die Entscheidung des FG
Das FG Münster wies die Klage ab und bestätigte die vorherige ablehnende Entscheidung der FinVerw. Zur Begründung führte es zunächst im Einzelnen aus, was unter einer Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a und b zu verstehen sei. Die Frage, ob sog. Corona-Hilfen tatsächlich als Entschädigung in diesem Sinne angesehen werden können, ließ das FG Münster aber dahinstehen.
Denn es fehlte im Streitfall an einer Zusammenballung von Einkünften. Das FG Münster erklärte, außerordentliche Einkünfte i. S. des § 34 Abs. 1 und 2 EStG würden in ständiger Rspr. grundsätzlich nur bejaht, wenn die zu begünstigenden Einkünfte in einem VZ zu erfassen seien und durch die Zusammenballung von Einkünften erhöhte steuerliche Belastungen entstünden (BFH-Urteil vom 15.12.2022, VI R 19/21, juris, Rz. 14). Außerordentliche Einkünfte seien solche, deren Zufluss in einem VZ zu einer für den Stpfl. im Vergleich zu seiner regelmäßigen sonstigen Besteuerung einmaligen und außergewöhnlichen Progressionsbelastung führe. Diese abzumildern, sei der Zweck der Regelung des § 34 Abs. 1 und 2 EStG (BFH-Urteil vom 15.12.2022, VI R 19/21, juris, Rz. 15).
Diese Voraussetzungen hätten im Streitfall aber nicht vorgelegen. Im Streitjahr 2020 habe der Kl. lediglich Finanzhilfen und Zuschüsse gewinnerhöhend erfasst, die sich auf dieses Kalenderjahr bezogen hätten. Die Finanzhilfen und Zuschüsse seien auch nicht in einem anderen VZ als dem, für den sie gezahlt worden seien, mit regulären anderen Einkünften des Kl. aus seinem Gewerbebetrieb zusammengetroffen. Bei dem Kl. sei es daher nicht zu einer einmaligen und außergewöhnlichen Progressionsbelastung i.S. des zitierten BFH-Rspr. gekommen.

Aktuelles aus Heft 14 der EFG (Juli 2023) u.a.

Angemessenheit einer Pensionszusage

Das FG Nürnberg hat mit Urteil vom 25.10.2022 (1 K 503/21) zur Angemessenheit einer Pensionszusage entschieden. Der Richter am FG Dr. Michael Hennigfeld kommentiert das Urteil und gibt Hinweise für die Praxis:

I. Problemstellung

Streitig war die Frage, ob der vereinbarte Zinssatz einer Versorgungszusage zu einer vGA führte. Die Kl. ist eine GmbH. Gesellschafter war u. a. der C zu 40 %, dem vertraglich ein Vetorecht bei allen Entscheidungen zustand und der Geschäftsführer der Kl. war. Seine Schwester Ca war Führungskraft bei der Kl. 2013 erteilte die Kl. dem Arbeitnehmer D (geboren 1972) eine arbeitgeberfinanzierte Versorgungszusage, bei der Beträge von 200 € monatlich durch die Kl. getragen wurden. Die Versorgungszusage war durch eine Versicherung insolvenzgeschützt und enthielt eine Verzinsung von 3 % p. a. Ebenfalls 2013 erteilte die Kl. C (geboren 1978) und Ca (geboren 1987) arbeitnehmerfinanzierte Versorgungszusagen. Hierfür wurden Lohnbestandteile i. H. v. 6 500 € pro Jahr in Altersversorgungsbeiträge umgewandelt. Die Versorgungszusagen waren nicht insolvenzgesichert. Als Zinssatz wurden 6 % p. a. vereinbart. Im Rahmen einer Betriebsprüfung vertrat die FinVerw. die Auffassung, dass die vertraglich vereinbarte Verzinsung des Versorgungskapitals von C und Ca lediglich i. H. v. 3 % angemessen sei. Dies ergebe sich aus dem Fremdvergleich mit dem Arbeitnehmer D und den Erfahrungen des Fachprüfers. Die darüber hinausgehende Verzinsung sei als vGA zu erfassen. Hiergegen wandte sich die Kl.

II. Die Entscheidung des FG
Das FG hat der Klage stattgegeben. Die Versorgungszusagen an C und Ca hielten einem Fremdvergleich stand. Ein externer Fremdvergleich führe nicht zu einer Verzinsung von 3 %. Die vom Frachtprüfer vorgebrachten eigenen Erfahrungssätze seien dem Gericht nicht bekannt. Darüber hinaus gebe es auch keine statistische Erfassung der Verzinsung von Altersvorsorgezusagen bei Gesellschafter-Geschäftsführern. Abzulehnen sei auch der Ansatz, die Obergrenze der Verzinsung des Versorgungskapitals am Garantiezins von Lebensversicherung zu orientieren. Der Garantiezins sei bei kapitalbildenden Lebensversicherungen die Mindestverzinsung für den jeweiligen Sparanteil. Die Mehrheit der neueren Lebensversicherungsverträge sähe eine garantierte Verzinsung nur für einen Teil des Vertragskapitals vor, während der Rest in chancenreichere Anlageklassen investiert werde. Ein externer Fremdvergleich habe sich jedoch an den wahrscheinlich zu erwartenden Renditen zu orientieren. Die Beitragsrendite eines ablaufenden Vertrages mit einer Laufzeit von 30 Jahren habe 2013 bei 5,05 % gelegen. Die angemessene Verzinsung des Vorauskapitals könne auch nicht nach den auf dem Kapitalmarkt zum Zeitpunkt der Zusage vorherrschenden langfristigen Zinssätzen beurteilt werden, da diese im Jahr 2013 durch die Niedrigzinsphase geprägt gewesen seien. Die lange Laufzeit der Versorgungszusagen für C und Ca sei insoweit zu berücksichtigen. Die Versorgungszusage an den Arbeitnehmer D sei im Rahmen eines internen Fremdvergleichs nicht heranziehbar. Für D wende die Kl. zusätzliches Kapital auf, welches mit 3 % verzinst werde, während für C und Ca lediglich Entgeltbestandteile umgewandelt würden, die mit 6 % verzinst würden. Darüber hinaus verbiete sich eine Vergleichbarkeit auf Grund der unterschiedlichen beruflichen Stellungen der betroffenen Personen. Die mangelnde Vergleichbarkeit ergebe sich auch aus dem Umstand, dass für C das BetrAVG keine Anwendung finde. Die im Streit stehenden Versorgungszusagen seien für die Kl. finanzierbar. Daher sei die Gesamtausstattung von C und Ca nicht unangemessen.

III. Hinweise für die Praxis
Das FG hat die Revision zugelassen. Das Verfahren wird beim BFH unter dem Az. I R 4/23 geführt. Zu klären wird die Frage sein, ob es eine Höchstprozentsatz für die Verzinsung einer Versorgungszusage gibt und ob die Herkunft der Mittel auf die Höhe der zulässigen Verzinsung einen Einfluss hat. Versorgungszusagen an Mitarbeiter einer KapG haben zur Folge, dass Pensionsrückstellungen gem. § 6a EStG zu bilden sind. Die Anerkennung einer Pensionszusage an einen Gesellschafter-Geschäftsführer setzt voraus, dass ein wirksamer Anstellungsvertrag besteht und die Zusage klar und eindeutig im Voraus (schriftlich) gegeben wird. Eine Pensionszusage muss ernsthaft, erdienbar, finanzierbar und angemessen sein (Neumann in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 8 Rz. 963). Pensionsrückstellungen können zu vGA führen, wenn den Gesellschaftern oder diesen nahe stehenden Personen Versorgungszusagen erteilt werden, die einem internen oder externen Fremdvergleich nicht standhalten (vgl. zu den Einzelheiten bei der betrieblichen Altersversorgung: Neumann in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 8 Rz. 955 ff.). Im Streitfall hat das Gericht darauf hingewiesen, dass für die Verzinsung von Versorgungszusagen ein externer Fremdvergleich mangels ausreichender Datenbasis nicht möglich sei. Nur für Geschäftsführergehälter gibt es entsprechende Vergleichsstudien, die zur Beurteilung der Angemessenheit herangezogen werden können. Für den internen Betriebsvergleich stand ausschließlich die Versorgungszusage an den Arbeitnehmer D zur Verfügung, die allerdings von der Kl. zusätzlich zum vereinbarten Gehalt finanziert wurde, während bei C und Ca bereits bestehende Gehaltsbestandteile umgewandelt wurden. Insoweit bleibt abzuwarten, wie der BFH diesen Umstand im Revisionsverfahren beurteilen wird. Vergleichbare Fälle sollten bis zu einer Entscheidung des BFH offengehalten werden.

Aktuelles aus Heft 13 der EFG (Juli 2023) u.a.

Veräußerungsgewinn bei teilentgeltlicher Übertragung von GmbH-Anteilen

Das FG Rheinland-Pfalz hat mit Urteil vom 22.3.2023 (2 K 1617/19) zum Veräußerungsgewinn bei teilentgeltlicher Übertragung von GmbH-Anteilen entschieden. Die Richterin am FG Regina-Maria Everling kommentiert das Urteil und gibt Hinweise für die Praxis:

I. Der entscheidungserhebliche Sachverhalt
Das FG hatte über die Höhe des Veräußerungsgewinns nach § 17 EStG aus der teilentgeltlichen Übertragung von GmbH-Anteilen zu entscheiden. Während das beklagte Finanzamt bei Aufteilung des Geschäft nach dem Verhältnis des erhaltenen Entgelts und des Verkehrswerts der übertragenen Anteile in einen voll entgeltlichen und einen voll unentgeltlichen Teil die Anschaffungskosten nur entsprechend der Entgeltlichkeitsquote dem entgeltlichen Teil zuordnete (strenge Trennungstheorie), begehrte der Kläger, die Anschaffungskosten bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns in voller Höhe von der Gegenleistung in Abzug zu bringen (modifizierte Trennungstrennungstheorie).

II. Problemstellung
Teilentgeltliche Übertragungsvorgänge steuerverstrickter Wirtschaftsgüter des Privatvermögens wurden in der Rspr. des BFH bisher durchweg nach den Grundsätzen der strengen Trennungstheorie beurteilt, wonach unter Aufteilung des Vorgangs in ein voll entgeltliches und einen voll unentgeltliches Geschäft die Anschaffungskosten des Wirtschaftsguts anteilig nach dem Verhältnis zwischen dem erhaltenen Entgelt und dem Verkehrswert des Wirtschaftsgut dem entgeltlichen bzw. dem unentgeltlichen Teil zugeordnet werden. Dagegen ist bei teilentgeltlichen Übertragungen von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens unter Beteiligung von Mitunternehmerschaften in Rspr. und Literatur umstritten, ob die Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach Maßgabe der strengen Trennungstheorie vorzunehmen ist – so die Ansicht des X. Senats des BFH – oder ob nach den Grundsätzen der vom IV. Senat des BFH vertretenen modifizierten Trennungstheorie zwar eine Aufteilung des Vorgangs in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil zu erfolgen hat, der Buchwert des übertragenen Wirtschaftsguts jedoch bis zur Höhe des Entgelts dem entgeltlichen Teil und im Übrigen dem unentgeltlichen Teil zuzuordnen ist. Der X. Senat des BFH hat diese umstrittene Rechtsfrage mit Beschluss vom 27.10.2015, X R 28/12 (BFHE 251, 349, BStBl II 2016, 81) dem Großen Senat des BFH zur Entscheidung vorgelegt. Dabei hat der X. Senat des BFH in seinem Vorlagebeschluss wie auch in der Beitrittsaufforderung an das BMF (BFH-Beschluss vom 19.3.2014, X R 28/12, BFHE 245, 164, BStBl II 2014, 629) die Auffassung vertreten, dass teilentgeltliche Übertragungen sowohl im Betriebsvermögen als auch im steuerverstrickten Privatvermögen nach denselben Grundsätzen beurteilt werden müssen. Das unter dem Az. GrS 1/16 geführte Verfahren wurde mit BFH-Beschluss vom 30.10.2018, GrS 1/16 (BFHE 262, 434, BStBl II 2019, 70) ohne Entscheidung in der Sache eingestellt.

III. Entscheidung des FG
Das FG hat für den Fall der teilentgeltlichen Übertragung von GmbH-Anteilen an der Ermittlung des Veräußerungsgewinns i.S. von § 17 EStG nach Maßgabe der strengen Trennungstheorie festgehalten. Der im Zusammenhang mit der teilentgeltlichen Übertragung von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens geführte Meinungsstreit biete keinen Anlass für eine Abweichung von der bisherigen Rspr. zur teilentgeltlichen Übertragung steuerverstrickter Wirtschaftsgüter des Privatvermögens. Die Anwendung der strengen Trennungstheorie führe zu sachgerechten Ergebnissen. Sei der Vorgang – wovon auch die modifizierte Trennungstheorie ausgehe – in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen, sei es gesetzes- und steuersystematisch schlüssig, auch die Anschaffungskosten des Wirtschaftsguts in gleicher Weise aufzuteilen.

IV. Hinweise für die Praxis
Das FG hat im Hinblick darauf, dass der X. Senat des BFH eine einheitliche Beurteilung im Bereich des Betriebsvermögens und des Privatvermögens für erforderlich hält und damit der weiterhin ungeklärten Frage, welcher Theorie bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns bei teilentgeltlicher Übertragung von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens zu folgen ist, auch für die ertragsteuerliche Behandlung teilentgeltlicher Übertragungen von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens Bedeutung zukommen kann, die Revision zugelassen. Es bleibt abzuwarten, wie sich der für das unter dem Az. IX R 15/23 geführte Revisionsverfahren zuständige IX. Senat des BFH in dieser Frage positionieren wird.

Aktuelles aus Heft 12 der EFG (Juni 2023) u.a.

Keine gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Mietaufwendungen für gelegentliche Unterbringung von Arbeitnehmern

Das Sächsische FG hat mit Urteil vom 27.9.2022 (3 K 1352/20) zur gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Mietaufwendungen für die gelegentliche Unterbringung von Arbeitnehmern entschieden. Die Richterin am FG Claudia Büchter-Hole kommentiert das Urteil und gibt Hinweise für die Praxis:

I. Problemstellung
Streitig ist die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Mietzinsen bei kurzzeitiger Anmietung von Hotelzimmern/Ferienwohnung zur Unterbringung von Arbeitnehmern bei Ausführung von Aufträgen außerhalb des normalen (regional beschränkten) Einzugsgebietes.
Die Hinzurechnungsvorschrift des § 8 GewStG ist – ebenso wie die Kürzungsvorschrift des § 9 GewStG – im Zusammenhang mit dem Objektsteuercharakter der GewSt zu sehen (vgl. BVerfG-Beschluss vom 15.2.2016, 1 BvL 8/12, BStBl II 2016, 557) und dient der Ermittlung eines objektiven, von den Beziehungen des Unternehmens zum Betrieb losgelösten Gewerbeertrags. Hierfür schließt § 8 GewStG unterschiedliche Abzüge, die bei der Ermittlung des Gewinns nach einkommensteuerlichen oder körperschaftsteuerlichen Regeln (§§ 4, 5 EStG ggf. i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG) statthaft sind, für die Ermittlung des Gewerbeertrags aus.

II. Rechtslage
Nach den für den vorliegenden Streitfall einschlägigem Hinzurechnungstatbestand des § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG werden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb im Ergebnis ein Viertel aus der Hälfte (d.h. 12,5 %) der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, hinzugerechnet, soweit die Beträge bei der Ermittlung des Gewinns jeweils abgesetzt worden sind.
Der Hinzurechnungstatbestand für Miet- und Pachtzinsen setzt zum einen voraus, dass ein Miet- oder Pachtverhältnis i. S. des BGB vorliegt. Zum anderen muss es sich bei den angemieteten Wirtschaftsgütern um sog. fiktives Anlagevermögen handeln, d.h., die Wirtschaftsgüter, die im Eigentum eines anderen stehen, müssen bei unterstelltem Eigentum des Mieters dessen Anlagevermögen zuzuordnen sein.
Bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals fiktives Anlagevermögen ist u.a. umstritten, ob und inwieweit bei nur kurzzeitigen Anmietungen von Wirtschaftsgütern fiktives Anlagevermögen vorliegen kann. Allein die Kurzzeitigkeit der Anmietung steht dabei der Annahme fiktiven Anlagevermögens nicht entgegen. Es ist bei kurzzeitigen Anmietungen jedoch genau zu prüfen, ob der Unternehmer das angemietete Wirtschaftsgut – sein Eigentum unterstellt – auch über die kurzzeitige Nutzung hinaus im Hinblick auf eine zukünftige Nutzung behalten würde oder es nach kurzzeitiger Nutzung direkt wieder veräußern würde. Nur im ersten Fall liegt fiktives Anlagevermögen vor.

III. Die Entscheidung des FG und deren Einordnung und Würdigung
Das Gericht ist im Besprechungsfall von den Rechtsprechungsgrundsätzen zur Annahme fiktiven Anlagevermögens ausgegangen und hat insbesondere auch den Geschäftsgegenstand des Unternehmens berücksichtigen und sich an den betrieblichen Verhältnissen der Klin. orientiert. Da die Klin. grundsätzlich ein nur regionales Einzugsgebiet für ihre Tätigkeit hatte, war das dauerhafte Vorhandensein von Unterkünften für ihre Arbeitnehmer nicht erforderlich. Dies war nur angelegentlich bei überregional übernommenen Aufträgen der Fall, die jedoch immer an unterschiedlichen Orten erfolgten, so dass hierfür – i.S. einer Kontrollfrage – die betreffende Tätigkeit es wirtschaftlich nicht erforderte, das Eigentum an den Wirtschaftsgütern langfristig zu erwerben.

IV. Hinweise für die Praxis
Die FinVerw. hat in ihren gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder zur gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen sowie zum Vorliegen fiktiven Anlagevermögens vom 6.4.2022 (BStBl I 2022, 638) Einzelfälle aus der Rspr. aufgeführt betreffend „Filmhersteller“ (BFH-Urteil vom 12.11.2020, III R 38/17, BFHE 272, 65, BStBl II 2022, 283), „Konzertveranstalter“ (BFH-Urteil vom 8.12.2016, IV R 24/11, BFHE 256, 526, BStBl II 2022, 276), Messedurchführungsgesellschaft“ (BFH-Urteil vom 25.10.2016, I R 57/15, BFHE 255, 280, BStBl II 2022, 273) und „Pauschalreiseveranstalter“ (BFH-Urteil vom 25.7.2019, III R 22/16, BFHE 265, 386, BStBl II 2020, 51).

Aktuelles aus Heft 11 der EFG (Juni 2023) u.a.

Anscheinsbeweis für private PKW-Nutzung

Das FG Köln hat mit Urteil vom 8.12.2022 (13 K 1001/19) zum Anscheinsbeweis für private PKW-Nutzung entschieden. Der Richter am FG Dr. Michael Hennigfeld kommentiert das Urteil und gibt Hinweise für die Praxis:

I. Sachverhalt
Streitig war die Frage, ob bei der Klin. eine vGA und unentgeltliche Wertabgaben wegen der privaten Nutzung eines betrieblichen PKW durch den Gesellschafter-Geschäftsführer zu berücksichtigen waren. Die Klin. ist eine GmbH. Sie überließ ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer einen PKW Porsche Cayenne. Die private Nutzung war vertraglich ausgeschlossen. Der Geschäftsführer besaß privat einen Porsche Boxter, der 16 Jahre alt war. Darüber hinaus war auf den Geschäftsführer ein Opel Agila zugelassen, der (auch) durch dessen Mutter genutzt wurde. Im Rahmen einer Bp kam das FA zu dem Ergebnis, dass ungeachtet des vertraglichen Nutzungsverbots davon auszugehen sei, dass der Geschäftsführer den betrieblich überlassenen PKW privat genutzt habe. Hierfür spreche die allgemeine Lebenserfahrung und, dass es sich bei dem überlassenen Fahrzeug um ein repräsentatives Kfz gehandelt habe. Organisatorische Maßnahmen zur Überwachung des privaten Nutzungsverbotes seien nicht festzustellen. In der Folge setzte das FA eine vGA i.H.v. 1 % des inländischen Listenpreises des überlassenen PKW sowie für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte 0,03 % des Listenpreises an. Darüber hinaus wurde für die Nutzungsüberlassung Umsatzsteuer erhoben. Hiergegen wandte sich die Klin. und trug vor, dass der Geschäftsführer ein vergleichbares Fahrzeug im Privatvermögen gehalten habe und daher kein Anscheinsbeweis für eine private Nutzung des überlassenen Fahrzeugs spreche. Objektive Nachweise für eine Privatnutzung seien nicht gegeben.

II. Entscheidung des Gerichts
Das Gericht hat die Klage abgewiesen. Das FA habe zu Recht eine vGA für die private PKW-Nutzung angesetzt. Dass trotz vertraglichen Nutzungsverbots von einer Privatnutzung auszugehen sei, beruhe auf einem Anscheinsbeweis. Die allgemeine Lebenserfahrung spreche dafür, dass ein Geschäftsführer ein ihm überlassenes Fahrzeug auch für private Fahrten nutze. Dies entspreche der Rspr. des I. Senats des BFH. Demgegenüber habe der VI. Senat des BFH für lohnsteuerliche Zwecke einen derartigen Anscheinsbeweis verneint. Dieser Auffassung sei jedoch nicht zu folgen. Das vertragliche Nutzungsverbot sei im Streitfall nicht durch organisatorische Maßnahmen abgesichert gewesen. Würde es nur auf die vertraglichen Regelungen ankommen, wäre es ein Leichtes durch Aufnahme eines formalen Nutzungsverbotes eine vGA auszuschließen. Im Streitfall seien die Grundsätze des Anscheinsbeweises auch nicht erschüttert worden, da die im Privatvermögen befindlichen Fahrzeuge nicht mit dem dienstlich überlassenen Fahrzeug in Status und Gebrauchswert vergleichbar gewesen seien. Aus den gleichen Gründen sei umsatzsteuerlich von einer unentgeltlichen Wertabgabe auszugehen.

III. Hinweis für die Praxis
Das FG hat die Revision zugelassen, die allerdings offenbar nicht eingelegt wurde. Das Gericht setzt sich in seiner Entscheidung intensiv mit der Frage auseinander, ob trotz eines vertraglichen Nutzungsverbots von einem Anscheinsbeweis für eine private Nutzung des PKW durch den Geschäftsführer ausgegangen werden darf. Das Gericht bejaht dies unter Hinweis auf die Rspr. des I. Senats des BFH und die herrschende Meinung in der Literatur. Der I. Senat des BFH geht in ständiger Rspr. davon aus, dass eine vertraglich nicht geregelte bzw. vertragswidrige private PKW-Nutzung durch einen Geschäftsführer einer Gesellschaft eine vGA darstellt (BFH-Urteil vom 23.1.2008 I R 8/06, BStBl II 2012, 260). Der VI. Senat des BFH hatte in Zusammenhang mit lohnsteuerlichen Fragen entschieden, dass ein Anscheinsbeweis nur dafür streite, dass ein Arbeitnehmer einen vom Arbeitgeber zur privaten Nutzung überlassenen PKW auch tatsächlich nutze, nicht aber dafür, dass ein Arbeitnehmer ein überlassenes Fahrzeug unbefugt privat nutze. Es gebe keinen Erfahrungssatz, wonach ein Geschäftsführer generell gegen arbeitsvertraglich vereinbarte Nutzungsverbote verstoßen würde (BFH-Urteil vom 14.11.2013 V  R 25/13, BFH/NV 2014, 678). Die Streitfragen sind vorerst

Aktuelles aus Heft 10 der EFG (Mai 2023) u.a.

Keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Höhe der Aussetzungszinsen

Das FG Münster hat mit Beschluss vom 3.4.2023 (3 V 2464/22) zu verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Höhe der Aussetzungszinsen entschieden. Die Richterin am FG Dr. Bernadette Mai kommentiert das Urteil und gibt Hinweise für die Praxis:

I. Problemstellung
Das FG Münster hatte in einem Verfahren wegen AdV über die Frage zu entscheiden, ob die Höhe des Zinssatzes von 0,5 % pro Monat für Aussetzungszinsen zur ErbSt (§ 237 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 238 Abs. 1 Satz 1 AO) verfassungsrechtlichen Bedenken begegnete. Dabei ging es um einen Zinszeitraum von Ende 2017 bis Anfang 2021.

II. Rechtslage
§ 238 Abs. 1 Satz 1 AO bestimmt die Höhe der Aussetzungszinsen gem. § 237 Abs. 1 Satz 1 AO auf 0,5 % pro Monat. Die Höhe dieses Zinssatzes ist, anders als bei Steuernachforderungen und -erstattungen, für die der Zinssatz ab dem 1 1.2019 auf 0,15 % pro Monat reduziert wurde, während der Niedrigzinsphase unverändert geblieben.

III. Die Entscheidung des FG
Das FG entschied unter Anlegung des im Verfahren wegen AdV gebotenen summarischen Prüfungsmaßstabs, dass es die Höhe der Aussetzungszinsen von 0,5 % pro Monat für den streitgegenständlichen Zeitraum für verfassungsgemäß halte. Weder liege ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vor, noch sei Art. 2 Abs. 1 GG verletzt. Das FG Münster stützte sich dabei auf die Überlegung, dass es der Stpfl. durch sein Verhalten grundsätzlich selbst in der Hand habe, die Aussetzungszinsen zu vermeiden. Außerdem nahm es den Telos der Aussetzungszinsen in den Blick, der – anders als die Nachzahlungs- und Erstattungszinsen – über die Abschöpfung eines Liquiditätsvorteils hinausgehe. Aussetzungszinsen seien das Pendant zu Prozesszinsen, die sich ebenfalls auf 0,5 % beliefen, und sollten auch zur Vermeidung unnötiger Prozesse beitragen.

IV. Einordnung der Entscheidung
Der vorliegende FG-Beschluss beschäftigt sich nach der Entscheidung des BVerfG vom 8.7.2021 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17 (BVerfGE 158, 282) mit der Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Aussetzungszinsen in der Niedrigzinsphase. Das BVerfG hatte in jenem Beschluss den Zinssatz der Vollverzinsung gem. § 233a i.V.m. § 238 Abs. 1 Satz 1 AO von 0,5 % für alle Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2014 für verfassungswidrig erklärt. Aus diesem Grund wurde zwischenzeitlich § 238 Abs. 1a AO geschaffen, der für Vollverzinsungstatbestände ab dem 1.1.2019 einen Zinssatz von 0,15 % pro Monat vorschreibt. Da das BVerfG die Unvereinbarkeitserklärung ausdrücklich nicht auf die weiteren Verzinsungstatbestände nach der AO ausgedehnt hatte, stellt sich nun für jeden einzelnen Verzinsungstatbestand die Frage nach einer etwaigen Verfassungswidrigkeit neu.

Das FG München hat im Urteil vom 7.9.2022 15 K 358/22 (juris) für einen im Jahr 2020 beginnenden Verzinsungszeitraum zu Aussetzungszinsen ausgeführt, dass es die Differenzierung zwischen der Höhe der Nachzahlungs- und Erstattungszinsen gem. § 233a i.V.m. § 238 Abs. 1a AO einerseits und der Höhe der anderen Zinstatbestände nach der AO ab dem 1.1.2019 für sachlich gerechtfertigt hält und deshalb keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG sieht. Dieser Ansicht hat sich das FG Düsseldorf (Beschluss vom 24.1.2023 12 V 1597/22 A(AO), juris) angeschlossen.

V. Hinweise für die Praxis
Soweit ersichtlich ist derzeit weder beim BFH noch beim BVerfG ein Verfahren anhängig, in dem über die Verfassungsmäßigkeit des gesetzlichen Zinssatzes für Aussetzungszinsen in der Niedrigzinsphase gestritten wird. Im Interesse der Stpfl. dürfte eine höchstrichterliche Klärung dieser Frage allerdings wünschenswert sein.

Aktuelles aus Heft 9 der EFG (Mai 2023) u.a.

Kein Anspruch auf Vorlage einer anonymen Anzeige nach Art. 15 DSGVO

Das FG Düsseldorf hat mit Urteil vom 10.8.2022 (4 K 879/21 AO) zum Anspruch auf Vorlage einer anonymen Anzeige nach Art. 15 DSGVO entschieden. Der Richter am FG Dr. Andreas Frantzmann kommentiert das Urteil und gibt Hinweise für die Praxis:

I. Problemstellung
Das Auskunftsrecht nach Art. 15 DSGVO ist Gegenstand zahlreicher finanzgerichtlicher Verfahren. Dabei ist häufig – wie auch in der Besprechungsentscheidung – zwischen den Beteiligten streitig, ob Art. 15 DSGVO einen Anspruch auf Akteneinsicht oder auf Vorlage bestimmter Dokumente begründet (zuletzt FG Berlin-Brandenburg, Gerichtsbescheid vom 4.8.2022 16 K 5109/20, juris; FG München, Urteil vom 5.5.2022 15 K 193/20, EFG 2022, 1352, Rev. beim BFH anhängig unter II R 22/22; vgl. auch die ausführliche Darstellung des Meinungsstandes in FG Münster, Urteil vom 24.2.2022 6 K 3515/20, EFG 2022, 820, Rev. beim BFH anhängig unter IX R 20/22).

Im Besprechungsfall begehrte die Klin. Einsicht in die Betriebsprüfungsakte und dabei insbesondere Zugang zu den Informationen und Dokumenten, die zu einer anonymen Anzeige vorhanden sind.
Der Bekl. lehnte die Einsichtnahme unter Verweis auf die Ausschlusstatbestände nach § 32c Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a AO (Gefährdung einer ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung) und § 32c Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (Geheimhaltung wegen überwiegender berechtigter Interessen eines Dritten) ab.

II. Die Entscheidung des FG
Nach der Besprechungsentscheidung steht der Klin. kein Anspruch auf Zugang zu den im Rahmen der Ap von der FinVerw. erzeugten Daten in der Gestalt von Dokumenten und Aktenvermerken zu. Das FG begründet dies damit, dass Art. 15 Abs. 1 und 3 Satz 1 DSGVO bereits nach seinem Wortlaut nur das Recht auf Auskunft über personenbezogene Daten i.S. des Art. 4 Nr. 1 DSGVO vermittele und dass in der Betriebsprüfungsakte nicht nur personenbezogene Daten enthalten seien.

Nach Auffassung des FG könnte die Klin. zwar grds. gem. Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO Zugang zu der anonymen Anzeige selbst verschafft werden, da es sich bei dieser um ein personenbezogenes, die Klin. betreffendes Datum i. S. des Art. 4 Nr. 1 DSGVO handele. Der Gewährung von Akteneinsicht durch die Überlassung einer Kopie der anonymen Anzeige stehe allerdings Rechte Dritter entgegen (Art. 15 Abs. 4 DSGVO). Nach § 32c Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO bestehe kein Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO, wenn die Daten, ihre Herkunft, ihre Empfänger oder die Tatsache ihrer Verarbeitung nach § 30 AO oder ihrem Wesen nach, insbesondere wegen überwiegender berechtigter Interessen Dritter i.S. des Art. 23 Abs. 1 Buchst. i DSGVO geheim gehalten werden müssten. Im Streitfall sei die anonyme Anzeige in Anbetracht ihrer Herkunft wegen überwiegender berechtigter Interessen Dritter i. S. des Art. 23 Abs. 1 Buchst. i DSGVO geheim zu halten.

Der Name eines Anzeigeerstatters unterliege gem. § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a AO dem Steuergeheimnis. Entsprechendes gelte für die wortgetreue Offenbarung des Inhalts einer anonymen Anzeige, weil der Inhalt einer solchen Anzeige häufig Rückschlüsse auf den Verfasser zulasse. Die nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO vorzunehmende Interessenabwägung falle zu Lasten der Klin. aus, da der Anzeigeerstatter ein gesetzlich geschütztes Interesse daran habe, dass seine Anzeige der Klin. nicht ohne weiteres zur Verfügung gestellt werde.

III. Einordnung und Würdigung der Entscheidung
Die Reichweite des Art. 15 DSGVO und die Auslegung der Ausschlusstatbestände nach § 32c Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 32b Abs. 1 und 2 AO sind in Rspr. und Fachliteratur umstritten.
Die Klin. hat gegen die Besprechungsentscheidung Revision eingelegt (Az. beim BFH: II R 35/22). Der BFH wird daher – wie in zahlreichen anderen Revisionsverfahren – Gelegenheit haben, für mehr Rechtssicherheit zu sorgen.

Aktuelles aus Heft 8 der EFG (April 2023) u.a.

Im Nachlassinsolvenzverfahren nach der Betriebsaufgabe erstattete USt erhöht den Betriebsaufgabegewinn

Das FG Düsseldorf hat mit Urteil vom 9.2.2023 (9 K 2035/20 E) zur im Nachlassinsolvenzverfahren nach der Betriebsaufgabe erstatteten Umsatzsteuer entschieden. Der Richter am FG Helmut Jelinek kommentiert das Urteil und gibt Hinweise für die Praxis:
In dem Urteilsfall ist das Gericht nicht der Auffassung der FinVerw. gefolgt, die im BMF-Schreiben vom 5.7.2006 IV B 2-S 2141-7/06 (BStBl I 2006, 418, Tz. 7) zum Ausdruck gebracht ist. Der Bekl. fühlte sich durch dieses Schreiben daran gebunden, die Rechtsauffassung zu vertreten, dass die spätere Umsatzsteuererstattung nach Maßgabe des § 4 Abs. 3 EStG im Zuflussjahr einkommensteuerlich zu erfassen sei. Ebenso wie das FG Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 5.7.2018 1 K 2501/15 (EFG 2018, 1712, mit Anm. Frank, Rev. anhängig, Az. des BFH: V R 27/18, durch die Revisionsklägerin zurückgenommen) und das FG Düsseldorf in seinem Urteil vom 19.7.2016 10 K 2384/10 E (EFG 2016, 1443) ist das Gericht zum Ergebnis gelangt, dass die Zahlung des FA auf eine bei der Betriebsaufgabe wegen ihrer Ungewissheit nicht bilanzierungsfähige Erstattungsforderung aus Glückspielumsätzen ein rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO darstellt.

Das Gericht hat der späteren Zahlung Rückwirkung i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO beigemessen, obwohl, anders als in den beiden zuvor zitierten Urteilen und auch in anderen Entscheidungen (z.B. BFH-Urteil vom 10.2.1994 IV R 37/92, BFHE 174, 140, BStBl II 1994, 564: Schadensersatz), der dem Grunde und der Höhe nach ungewisse Erstattungsanspruch sich für U bzw. für den Kl. nicht in einem Schwebezustand befand. Denn die USt für die Jahre 2003 und 2004 war zunächst bestandskräftig festgesetzt, woran auch der üblicherweise mit Umsatzsteuervoranmeldungen und Umsatzsteuerjahresfestsetzungen verbundene Nachprüfungsvorbehalt (§ 164 Abs. 1 AO) nichts zu ändern vermochte. Erst durch die in 2006 gestellten Anträge auf Änderung der Umsatzsteuerfestsetzungen, verbunden mit der Einreichung berichtigter Umsatzsteuererklärungen, wurde die Höhe der USt in Frage gestellt. Auch in diesem Fall soll die Berichtigung auf den Betriebsaufgabezeitpunkt zurückwirken. Dem richtigen und punktuell auf den Aufgabezeitpunkt festzustellenden Gewinn bzw. Verlust wird dadurch unter Berücksichtigung des Leistungsfähigkeitsprinzips der Vorrang insbesondere vor dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung eingeräumt.

Aus fiskalischer Sicht des Bekl. ist allerdings misslich, dass eine Berichtigung der ESt des Betriebsaufgabejahres 2004 nicht mehr möglich erscheint, denn einer Berichtigung nach §175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO steht trotz der Ablaufhemmung nach § 175 Abs. 1 Satz 2 AO der Verjährungseintritt entgegen. Weder die Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 und 4 AO noch die Bedingungen einer sog. Bilanzberichtigung sind gegeben.

Aktuelles aus Heft 7 der EFG (April 2023) u.a.

Zinsen gem. § 233a AO bei Änderung des Veranlagungswahlrechts

Das FG Köln hat mit Urteil vom 13.10.2022 (14 K 642/21) zu Zinsen gem. § 233a AO bei Änderung des Veranlagungswahlrechts entschieden. Der Richter am FG Dr. Michael Hennigfeld kommentiert das Urteil und gibt Hinweise für die Praxis:

I. Sachverhalt
Im Kern ging es im Besprechungsfall um die Frage, wie sich ein Antrag auf Durchführung von Einzelveranlagungen auf bereits im Zusammenhang mit Zusammenveranlagungen festgesetzte Zinsen auswirkt. Die Kl. wurden ursprünglich im März 2019 zusammen zur ESt veranlagt. Die Steuerbescheide der Jahre 2010 bis 2015 waren jeweils mit Zinsfestsetzungen nach § 233a AO verbunden. Die Kl. wandten sich gegen die Steuerbescheide mit Einsprüchen und beantragten die Durchführung von Einzelveranlagungen nach § 26a EStG. Entsprechende Bescheide erließ der Bekl. im Juli 2019, wobei die Einkünfte zu 100 % auf den Ehemann zu 0 % auf die Ehefrau verteilt wurden. In den Aufhebungsbescheiden bezüglich der Zusammenveranlagungen wies der Bekl. darauf hin, dass die bisherige Zinsfestsetzung gem. § 233a AO bestehen bleibe. Hiergegen wandten sich die Kl. und trugen vor, dass der Bekl. lediglich die Einkommensteuerfestsetzungen aufgehoben und nicht zugleich die Zinsfestsetzungen geändert habe. Mit Bekanntgabe der Einzelveranlagungen seien auch die Zinsfestsetzungen aufzuheben und neu zu verfügen gewesen. Im weiteren Verlauf wies der Bekl. darauf hin, dass die bis zum Erlass der Aufhebungsbescheide aufgelaufenen Zinsen bestehen blieben und der sich aus der Aufhebung der Steuerfestsetzung ergebende Unterschiedsbetrag erst ab April 2021 zu verzinsen sei.

II. Entscheidung des Gerichts
Die Klage des Kl. verwarf das Gericht als unzulässig, da dieser im Ergebnis die Höhe der festgesetzten Zinsen nicht bestritten habe. Die Klage der Kl. wies das Gericht als unbegründet ab. Zwar sei ihre Überlegung, dass mit der Aufhebung der Zusammenveranlagung und der Durchführung von Einzelveranlagungen auch die im Zusammenhang mit der Zusammenveranlagung auf sie entfallenden Zinsen aufzuheben seien, nachvollziehbar. Gleichwohl ergebe sich aus § 233a AO, dass die bis zum Antrag auf Durchführung der Einzelveranlagung aufgelaufenen Zinsen auch gegenüber der Kl. weiterhin festgesetzt blieben und die Kl. als Gesamtschuldnerin hierfür in Anspruch genommen werden könne. Der Antrag auf Einzelveranlagung stelle ein rückwirkendes Ereignis dar. Dieses sei nach § 233a Abs. 2a, Abs. 7 AO zu beurteilen. Der Wechsel der Veranlagungsart sei im März 2019 erfolgt, so dass der hieraus resultierende abweichende Zinslauf aus den Steuerfestsetzungen vom Juli 2019 für die hieraus hervorgehenden Unterschiedsbeträge erst 15 Monate später, also im April 2021 begonnen habe. Die im abgelaufenen Zeitraum bereits entstandenen Zinsen seien nach § 233a Abs. 7 Satz 2 AO endgültig aufrechtzuerhalten. Eine teleologische Reduktion der Vorschrift käme nicht in Betracht. Die entsprechende Aufrechterhaltung der Verzinsung entspreche vielmehr den Willen des Gesetzgebers, wie er aus der Gesetzesbegründung deutlich werde. Ein rückwirkendes Ereignis könne zu Gunsten wie zu Lasten eines Stpfl. bei der ursprünglichen Steuerfestsetzung noch nicht berücksichtigt werden, weshalb weder der Steuerpflichtige noch das FA vor Eintritt des rückwirkenden Ereignisses einen Liquiditätsvorteil oder -nachteil erlitten haben könne, der nach § 233a AO zu kompensieren sei.

III. Hinweise für die Praxis
Das FG hat die Revision zugelassen. Das Gericht hat sein Ergebnis schlüssig hergeleitet. Die bis zum Antrag auf Änderung der Veranlagungsart aufgelaufenen Zinsen schuldet die Kl. weiterhin als Gesamtschuldnerin. Erst ab dem Zeitpunkt der Antragstellung auf Einzelveranlagung sind die Zinsen nach Maßgabe der neuen Verhältnisse neu zu berechnen. Der BFH hatte bereits für die umgekehrte Sachverhaltskonstellation (Wechsel von getrennter Veranlagung zu Zusammenveranlagung) entschieden, dass Nachzahlungszinsen, die für die Zeit bis zur Änderung des Veranlagungswahlrechts zuzüglich der Karenzzeit entstanden sind, Bestehen bleiben (BFH-Beschluss vom 12.8.2015 III B 50/15, BFH/NV 2015, 1670). Es spricht nichts dafür, dass die umgekehrte Konstellation anders zu behandeln sein sollte.

Aktuelles aus Heft 6 der EFG (März 2023) u.a.

Zulässigkeit einer Protokollberichtigung

Das FG München hat mit Beschluss vom 18.11.2022 (4 K 2087/11) zur Zulässigkeit einer Protokollberichtigung entschieden. Der Vorsitzende Richter am FG Dr. Peter Welzel kommentiert das Urteil und gibt Hinweise für die Praxis:

I. Bedeutung des Sitzungsprotokolls
Findet im finanzgerichtlichen Verfahren eine mündliche Verhandlung mit oder ohne Durchführung einer Beweisaufnahme statt, so ist in jedem Fall hierüber ein Protokoll aufzunehmen (§ 94 FGO i.V.m. § 159 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Sitzungsprotokoll ist jedoch keine vollständige Inhaltswiedergabe der mündlichen Verhandlung. Hierin sind lediglich die wesentlichen Angaben und Vorgänge der mündlichen Verhandlung zu dokumentieren. Der insoweit unverzichtbare Inhalt des Sitzungsprotokolls ergibt sich aus § 94 FGO i.V.m. § 160 Abs. 1 bis 3 ZPO (vgl. hierzu auch FG München, Beschluss vom 27.2.2020, 4 K 240/17, EFG 2020, 1433). Während der mündlichen Verhandlung können die Beteiligten auch beantragen, dass bestimmte Vorgänge oder Äußerungen in das Sitzungsprotokoll aufgenommen werden (§ 94 FGO i.V.m. § 160 Abs. 4 Satz 1 ZPO).

Die Bedeutung des Protokolls liegt in seiner erhöhten Beweiskraft als Urkundsbeweis und sein Zweck besteht darin, die Prozesshandlungen der Beteiligten und ggf. die Aussagen von Zeugen zu sichern und hierdurch die Überprüfung des Urteils durch das Rechtsmittelgericht zu ermöglichen (Herbert in Gräber, FGO, 9. Aufl. 2019, § 94 Rz. 4, mit zahlreichen Rechtsprechungshinweisen). Da die Beachtung der für die mündliche Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten ausschließlich nur durch das Protokoll bewiesen werden kann (§ 94 FGO i.V.m. § 165 Satz 1 ZPO), haben die Beteiligten gerade im Hinblick auf eine in Aussicht genommene Einlegung eines Rechtsmittels ein erhebliches Interesse an der korrekten Dokumentation dieser verfahrensrechtlichen Förmlichkeiten.

II. Protokollberichtigung
Nach § 94 FGO i.V.m. § 164 Abs. 1 ZPO können Unrichtigkeiten des Protokolls jederzeit besichtigt werden. Die Verwendung des Begriffs „können“ ist insoweit missverständlich, als die Berichtigung eines erkannten Fehlers nicht im Ermessen des zur Entscheidung Befugten steht, sondern zwingend zu erfolgen hat. Die Berichtigung kann dabei von Amts wegen oder auch auf Antrag eines der Beteiligten (§ 57 FGO) erfolgen. Das Sitzungsprotokoll ist in diesem Sinne dann unrichtig, wenn dessen Inhalt fehlerhaft ist. Hierbei muss es sich nicht um eine offenbare Unrichtigkeit handeln; es genügt vielmehr jede Art von Fehler. Für die Frage, ob ein Protokoll unrichtig ist, kommt es darauf an, ob aus der Sicht des Verhandlungstermins, auf den sich das Protokoll bezieht, der Vorgang protokollierungspflichtig ist (FG München, Beschluss vom 7.2.2014, 10 K 3728/10, juris). Die jederzeitige Möglichkeit der Fehlerberichtigung umfasst auch eine solche nach Schluss der mündlichen Verhandlung.

Der zeitliche Rahmen für eine solche Protokollberichtigung schließt sich jedoch mit Eintritt der Rechtskraft der auf Grund der protokollierten mündlichen Verhandlung ergangenen Gerichtsentscheidung. Ist das Verfahren abgeschlossen, so ist das Rechtsschutzbedürfnis der Beteiligten an der Berichtigung eines Fehlers des Sitzungsprotokolls entfallen. Das Sitzungsprotokoll dient schließlich allein dem ordnungsgemäßen Ablauf desjenigen Gerichtsverfahrens, zu dessen Zweck es erstellt worden ist.


ISSN: 0421-2991

Branche: Steuerberatende Berufe/Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte/Notare
Erscheinungsform: Print

Die Herausgeber

Herausgegeben unter Mitwirkung der Richter an den Finanzgerichten in der Bundesrepublik Deutschland.

Redaktion

Christian Wolsztynski
Harald Junker

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