Anm. zu LAG Köln: Zwangsvollstreckung auf Grund eines Titels auf Weiterbeschäftigung

Zwangsvollstreckungsrecht

Das LAG Köln hat mit Beschluss vom 11.3.2024 (4 Ta 21/24) eine Einzelfallentscheidung zur Zwangsvollstreckung auf Grund eines Titels auf Weiterbeschäftigung als Produktionsleiter getroffen. Bei Weiterbeschäftigungstiteln ist regelmäßig ein Zwangsgeld in Höhe eines Bruttomonatsgehalts verhältnismäßig (Entscheidungszusammenfassung mit Praxishinweisen der Kanzlei Friedrich Graf von Westphalen & Partner mbB).

Sachverhalt:

Der Gläubiger war zuletzt als Produktionsleiter bei der Schuldnerin zu einer durchschnittlichen monatlichen Bruttovergütung iHv. rd. 9.500,00 Euro beschäftigt. Nachdem die Parteien nach arbeitgeberseitiger Kündigung einen Kündigungsschutzrechtsstreit führten, hat das Arbeitsgericht die Unwirksamkeit dieser Kündigung festgestellt und in Ziffer 3 des Tenors entschieden:

„Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens als Produktionsleiter weiterzubeschäftigen.“

Zwar einigten sich die Parteien in der Folgezeit auf einen Arbeitsbeginn des Gläubigers zum 23.10.2023, jedoch ist der Gläubiger der Auffassung, dass der ihm zugewiesene Einsatz nicht die von ihm begehrte Weiterbeschäftigung als Produktionsleiter sei und beantragte, gegen die Schuldnerin wegen der Nichtvornahme der vertragsgemäßen Beschäftigung von ihm als Produktionsleiter ein Zwangsgeld festzusetzen.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Gläubigers zurückgewiesen, wogegen der Gläubiger sofortige Beschwerde eingelegt hat. Diese hatte Erfolg.

Entscheidungsgründe:

Nach Auffassung des LAG komme die Schuldnerin der titulierten Verpflichtung zur Beschäftigung des Gläubigers als Produktionsleiter nicht in einer Weise nach, die als Erfüllung (§ 362 Abs. 1 BGB) angesehen werden könne.

Die Schuldnerin trage insoweit lediglich vor, dass dem Gläubiger „ein vollfunktionsfähiger Arbeitsplatz mit PC, Telefon, Internetzugang etc.“ zur Verfügung gestellt worden sei. Unstreitig sei jedoch, dass dem Gläubiger kein eigener E-Mail-Account eingerichtet worden sei und er keinen Zugriff auf den Server der Beklagten erhalte. Da davon auszugehen sei, dass zumindest ein eigener E-Mail-Account sowie der Serverzugang bislang zur Arbeitsmittelausstattung des Gläubigers als Produktionsleiter gehörten und zur Erfüllung der Tätigkeiten eines Produktionsleiters auch erforderlich seien, sei nicht ersichtlich, dass die Schuldnerin dem Gläubiger einen ordnungsgemäß ausgestatteten Arbeitsplatz für diese Tätigkeit zur Verfügung gestellt habe.

Vor diesem Hintergrund sei ein Zwangsgeld in Höhe eines Bruttomonatsgehalts des Gläubigers, nämlich 9.500,00 Euro, festzusetzen gewesen. Denn bei Titeln, die die Weiterbeschäftigung zum Gegenstand haben, werde regelmäßig ein Zwangsgeld in Höhe eines Bruttomonatsgehalts als verhältnismäßig angesehen, nur bei hartnäckiger Weigerung auch mehr. Hinreichende Anhaltspunkte für eine hartnäckige Weigerung der Schuldnerin seien – bislang – nicht gegeben.

Hinweise für die Praxis:

Hat der Arbeitnehmer im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses einen Titel auf Weiterbeschäftigung erstritten, ist dieser Titel meist wertlos, wenn der Arbeitgeber dem titulierten Weiterbeschäftigungsantrag nicht oder nicht ausreichend nachkommt. In diesem Fall ist der Arbeitnehmer auf das nachgelagerte Zwangsvollstreckungsverfahren angewiesen, um seinen Weiterbeschäftigungsanspruch durchzusetzen. Zwar obliegt es dem Arbeitgeber dann darzulegen und zu beweisen, dass er den Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers erfüllt, jedoch entsteht im Zwangsvollstreckungsverfahren oftmals Streit darüber, ob die dem Arbeitnehmer angebotene Weiterbeschäftigung überhaupt der zuvor ausgeübten Tätigkeit entspricht.

Da der Arbeitgeber auf Grund des Titels auf Weiterbeschäftigung eine Mitwirkungshandlung zu erbringen hat, und zwar in Form der Zuweisung des entsprechenden Arbeitsplatzes, kann die Vollstreckung nach § 888 ZPO durch Verhängung von Zwangsgeld oder Zwangshaft durchgesetzt werden. Bereits das LAG Hessen hat mit Beschluss vom 9.10.2015 (12 Ta 84/15) entschieden, dass bei Titeln, die die Weiterbeschäftigung zum Gegenstand haben, regelmäßig ein Zwangsgeld in Höhe eines Bruttomonatsgehalts als verhältnismäßig angesehen werden könne.

Autorin: Rechtsanwältin Dr. Nadja Schmidt LL.M., Friedrich Graf von Westphalen & Partner mbB, Köln

Quelle: LAG Köln, Beschluss vom 11.3.2024 (4 Ta 21/24)