BFH: Rechtsprechungsdivergenz als Zulassungsgrund; Fehlen der Entscheidungsgründe; Selbstbindung des BFH
Finanzgerichtsordnung
BFH, Beschluss vom 28.06.2024, I B 75/22
Verfahrensgang: FG Sachsen-Anhalt, 2 K 265/20 vom 07.07.2022
Leitsatz:
1. NV: Eine zur Zulassung der Revision führende Rechtsprechungsdivergenz liegt nur vor, wenn die Rechtsfrage, über die die Gerichte divergierend entschieden haben, für beide Urteile entscheidungserheblich gewesen ist.
2. NV: Die Abweichung des angefochtenen Urteils von einem finanzgerichtlichen Urteil, das inzwischen vom Bundesfinanzhof (BFH) aufgehoben worden ist, ermöglicht nicht die Zulassung der Revision aufgrund Rechtsprechungsdivergenz.
3. NV: Zur Darlegung des Verfahrensmangels der fehlenden Urteilsbegründung.
4. NV: Der BFH ist im zweiten Rechtsgang (hier: Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde) an die Auffassung gebunden, die er in der den ersten Rechtsgang abschließenden Zurückverweisungsentscheidung vertreten hat (Grundsatz der Selbstbindung).
Gründe:
I. Das Verfahren befindet sich im zweiten Rechtsgang. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine GbR, deren Gesellschafter im Streitjahr (2011) der Beigeladene zu 1. und die Beigeladene zu 2. waren. Beide Gesellschafter wohnten im Inland. Geschäftsführer war der Beigeladene zu 1. Die Klägerin gründete am ....11.2011 zusammen mit der in Großbritannien ansässigen X-Ltd. die X-Partnership in der Rechtsform einer ordinary partnership. Geschäftsführende Gesellschafterin der X-Partnership ohne eigene Anteile war die X-Ltd., deren Geschäftsführer der Beigeladene zu 1. und der in Großbritannien wohnhafte V waren. Als Gründungssitz der X-Partnership wurde im Gesellschaftsvertrag die Wohnanschrift des V in ... (Großbritannien) angegeben. Im Januar 2012 mietete V für die X-Partnership ein Büro in ... (Großbritannien) an.
Die X-Partnership erwarb im Dezember 2011 in vier Transaktionen von in Luxemburg und der Schweiz ansässigen Banken physisches Gold im Wert von ... ¤. Die Übereignung wurde durch Umlagerung der Goldbarren auf Paletten der X-Partnership in den Tresorräumen der Banken vollzogen ("allocated gold"). Im Januar 2012 veräußerte die X-Partnership das Gold wieder an die Banken zurück. Im Zeitraum von 2012 bis einschließlich 2014 nahm die X-Partnership sechs weitere Ankäufe und vier Verkäufe physischen Goldes vor. Des Weiteren handelte sie im Zeitraum von November 2011 bis Februar 2014 in insgesamt acht Transaktionen mit Gold, das nicht durch Barrenlisten identifizierbar war, sondern sich in Sammelverwahrung befand und an dem ein Miteigentumsanteil an dem Sammelbestand oder ein schuldrechtlicher Anspruch auf eine bestimmte Menge des Sammelbestandes ge- oder verkauft wurde ("unallocated gold"). Außerdem nahm die X-Partnership von Januar 2012 bis Dezember 2014 mindestens 170 Transaktionen mit Gold, Platin oder Silber in der Weise vor, dass sie --ohne dingliche Berechtigung an einem bestimmten Metall-- schuldrechtliche Ansprüche auf Lieferung des entsprechenden Edelmetalls einer bestimmten Menge und Feinheit erwarb oder veräußerte. Diese Käufe und Verkäufe wurden durch Gutschriften und Belastungen auf sogenannten Metallkonten abgewickelt. Die Gold- und Edelmetallgeschäfte wurden durch den von der X-Partnership beauftragten Z von dessen Firmensitz auf den ... Islands oder von dessen Wohnsitz in der Schweiz aus telefonisch durchgeführt. Im Jahr 2013 begann die X-Partnership schließlich --teils über weitere Gesellschaften-- einen Handel mit Industriemetallen.
Die Klägerin ermittelte als Gewinn nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG) den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben und errechnete auf diese Weise für das Streitjahr aus der Beteiligung an der X-Partnership (basierend auf der Einnahmen-Überschuss-Rechnung der X-Partnership) einen Verlust von ./. ... ¤. In ihrer Feststellungserklärung für 2011 erklärte die Klägerin laufende Einkünfte in Höhe von ./. ... ¤ und --nach Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) von der Bemessungsgrundlage ausgenommene, gemäß § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG dem (negativen) Progressionsvorbehalt unterliegende-- gewerbliche Einkünfte von ./. ... ¤.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) erließ unter dem Vorbehalt der Nachprüfung am 23.04.2013 zunächst einen erklärungsgemäßen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2011, setzte den Gewerbesteuermessbetrag für 2011 auf 0 ¤ fest und stellte den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den 31.12.2011 mit ./. ... ¤ fest. Nach einer Außenprüfung gelangte das FA zu der Auffassung, die von der X-Partnership im Streitjahr getätigten Goldgeschäfte seien nicht gewerblicher Natur, vielmehr handele es sich um Geschäfte mit Wirtschaftsgütern des Privatvermögens. Das FA änderte den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen unter dem 03.02.2015 dahin, dass keine nach DBA von der Bemessungsgrundlage auszunehmenden, dem Progressionsvorbehalt unterfallenden Einkünfte und keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sondern lediglich aus Zinserträgen bestehende Einkünfte aus Kapitalvermögen von ... ¤ festgestellt wurden. Die Bescheide über die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags und die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts hob das FA ebenfalls unter dem 03.02.2015 ersatzlos auf.
Die Klägerin erhob --mit Zustimmung des FA-- Sprungklage zum Finanzgericht (FG) des Landes Sachsen-Anhalt, die ursprünglich der Sache nach (nur) darauf gerichtet war, die Änderungsbescheide vom 03.02.2015 aufzuheben und damit die ursprünglichen Bescheide vom 23.04.2013 wiederaufleben zu lassen.
Mit Urteil vom 06.04.2016 - 6 K 194/15 (nicht veröffentlicht --n.v.--) wies das FG die Klage als unbegründet ab. Zur Begründung führte das FG aus, die von der Klägerin aus ihrer Beteiligung an der X-Partnership erzielten Einkünfte seien keine gewerblichen Gewinne im Sinne des Art. 7 Abs. 1 und Abs. 4 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Vermögen vom 30.12.2010 (BGBl II 2010, 1334, BStBl I 2011, 470) --DBA-Großbritannien 2010--. Stattdessen habe bei Gesamtwürdigung aller im Streitfall gegebenen Umstände eine vermögensverwaltende Tätigkeit der X-Partnership vorgelegen, bezüglich derer der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) das Besteuerungsrecht nach Art. 21 Abs. 1 DBA-Großbritannien 2010 zustehe.
Auf die Revision der Klägerin hat der IV. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) das FG-Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (Urteil vom 28.11.2019 - IV R 43/16, BFH/NV 2020, 511). Die Zurückverweisung beruhte hinsichtlich des Streitgegenstands Feststellung von gemäß § 180 Abs. 5 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) nach DBA von der Bemessungsgrundlage ausgenommenen, dem negativen Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünften darauf, dass das FG es verfahrensfehlerhaft unterlassen hatte, die Gesellschafter der Klägerin zum Verfahren beizuladen. Hinsichtlich der drei weiteren Streitgegenstände (Änderungsbescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung 2011 nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO sowie Aufhebung des Gewerbesteuermessbescheids 2011 und des Verlustfeststellungsbescheids auf den 31.12.2011) hat der IV. Senat des BFH die Zurückverweisung damit begründet, das FG habe rechtsfehlerhaft keine hinreichenden Tatsachenfeststellungen dazu getroffen, ob die Klägerin selbst --wie von ihr behauptet-- nur vermögensverwaltend tätig gewesen sei und keine gewerblichen Einkünfte erzielt habe.
Im zweiten Rechtsgang hat das FG die Beiladung der Gesellschafter der Klägerin nachgeholt. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem FG den ursprünglich gestellten Klageantrag dahin erweitert, "hilfsweise für den Fall, dass das Finanzgericht die Gewerblichkeit der Einkünfte der Klägerin anerkennt, deren Eingang in den Progressionsvorbehalt bei den Beigeladenen aber ganz oder teilweise verneint, den Bescheid für 2011 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 3. Februar 2015 aufzuheben und den Feststellungsbescheid 2011 gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2a der Abgabenordnung ... dahin zu ändern, dass darin im Inland steuerpflichtige Verluste in Höhe von ... ¤ festgestellt werden".
Mit Urteil vom 07.07.2022 - 2 K 265/20 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2023, 1202) hat das FG die Klage wiederum als unbegründet abgewiesen. Das FG kam erneut zu dem Ergebnis, dass die Aktivitäten der X-Partnership im Zusammenhang mit dem Edelmetallhandel im Rahmen einer Gesamtbetrachtung als vermögensverwaltend und nicht als gewerblich zu beurteilen seien. Im Übrigen habe die X-Partnership diese Tätigkeit auch nicht durch eine in Großbritannien belegene Betriebsstätte im Sinne von Art. 5 DBA-Großbritannien 2010 ausgeübt.
Die Klägerin beantragt mit ihrer Beschwerde,
die Revision gegen das FG-Urteil zuzulassen.
Das FA beantragt,
die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet und daher zurückzuweisen.
1. Hinsichtlich des Streitgegenstands der gesonderten und einheitlichen Feststellung gemäß § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO von nach einem DBA von der Bemessungsgrundlage ausgenommenen und dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünften liegen die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vor.
a) Das FG hat die Klageabweisung insoweit auf zwei selbständig tragende Gründe gestützt. Zum einen hat es den im Streitjahr von der X-Partnership begonnenen Edelmetallhandel als nicht die Grenze der Gewerblichkeit überschreitende, vermögensverwaltende Tätigkeit beurteilt, für die das Besteuerungsrecht nach dem DBA-Großbritannien 2010 Deutschland zustehe. Zum anderen hat das FG es als nicht erwiesen angesehen, dass die X-Partnership ihre Geschäftstätigkeit durch eine in Großbritannien belegene Betriebsstätte im Sinne der Definition des Art. 5 DBA-Großbritannien 2010 ausgeübt habe.
b) In einem solchen Fall, in dem das FG seine Entscheidung kumulativ auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt hat, muss hinsichtlich jeder Begründung ein Zulassungsgrund im Sinne des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dargelegt werden und vorliegen (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsbeschluss vom 09.06.2021 - I B 58/20, BFH/NV 2022, 26). Im Streitfall liegen die von der Klägerin im Hinblick auf die Verneinung einer gewerblichen Betätigung der X-Partnership geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vor, sodass es keiner Befassung mit den Zulassungsgründen bedarf, auf die sich die Klägerin in Bezug auf die Verneinung der in Großbritannien belegenen Betriebsstätte berufen hat.
aa) Die Klägerin beruft sich im Hinblick auf die Beurteilung der Edelmetallhandelsaktivitäten der X-Partnership als nicht gewerblich auf eine Divergenz des angefochtenen Urteils zu den Urteilen des FG München vom 15.07.2020 - 7 K 770/18 (EFG 2020, 1679, Revision anhängig unter I R 39/21) und des Sächsischen FG vom 10.05.2022 - 8 K 1851/18 (n.v.). Die Voraussetzungen des Zulassungsgrunds der Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Variante 2 FGO) liegen jedoch nicht vor.
aaa) Eine die Zulassung der Revision ermöglichende Rechtsprechungsdivergenz setzt unter anderem voraus, dass das FG in derselben Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen ist, die zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen ist (z.B. BFH-Beschluss vom 01.04.2008 - X B 154/04, BFH/NV 2008, 1116) und die für beide Entscheidungen rechtserheblich war (z.B. BFH-Beschluss vom 12.06.2008 - XI B 201/07, juris).
bbb) Die Klägerin leitet aus dem FG-Urteil den folgenden Rechtssatz ab:
"Die Grundsätze des BFH zur Gewerblichkeit des Handels mit physischem Gold (BFH-Urteil vom 19.01.2017 IV R 50/14, BStBl II 2017, 456) gelten nicht für Umbuchungssachverhalte auf Gewichtskonten, denen kein Grundgeschäft in physischem Gold zugrunde liegt."
Demgegenüber sei aus den Urteilen des FG München und diesem folgend des Sächsischen FG der abstrakte Rechtssatz zu entnehmen:
"Die Grundsätze des BFH zur Gewerblichkeit des Handels mit physischem Gold (BFH-Urteil vom 19.01.2017 IV R 50/14, BStBl II 2017, 456) gelten auch für Umbuchungssachverhalte auf Gewichtskonten, denen kein Grundgeschäft in physischem Gold zugrunde liegt."
ccc) Soweit es das Urteil des FG München vom 15.07.2020 - 7 K 770/18 (EFG 2020, 1679) betrifft, können die Voraussetzungen einer Zulassung wegen Divergenz schon deshalb nicht vorliegen, weil --wie auch die Klägerin in der Beschwerdebegründung einräumt-- die Ausführungen zur Gewerblichkeit des Goldhandels für die Entscheidung des FG München nicht tragend gewesen sind. Das FG München hat die dortige, ebenfalls auf die Feststellung von nach DBA von der Bemessungsgrundlage auszunehmender und dem negativen Progressionsvorbehalt unterliegender Einkünfte gerichtete Klage nämlich ungeachtet der Bejahung eines gewerblichen Goldhandels als unbegründet abgewiesen, weil die Einkünfte der betreffenden Personengesellschaft nicht einer in Großbritannien belegenen Betriebsstätte hätten zugeordnet werden können.
Entgegen der Auffassung der Klägerin entfällt das Erfordernis eines "tragenden", das heißt entscheidungserheblichen abstrakten Rechtssatzes des Vergleichsurteils nicht deshalb, weil das Vergleichsurteil wegen der dagegen eingelegten Revision noch nicht rechtskräftig ist. Für den Revisionszulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Variante 2 FGO reicht die spekulative Möglichkeit des späteren Ergehens einer divergierenden Entscheidung nicht aus.
ddd) Im Hinblick auf das Urteil des Sächsischen FG vom 10.05.2022 - 8 K 1851/18 ist nicht feststellbar, dass diesem und dem angefochtenen Urteil vergleichbare Sachverhalte zugrunde liegen.
Die Klägerin möchte mit der Gegenüberstellung der von ihr formulierten abstrakten Rechtssätze offensichtlich den Eindruck vermitteln, beide Urteile seien zu "Umbuchungssachverhalte(n) auf Gewichtskonten, denen kein Grundgeschäft in physischem Gold zugrunde liegt", ergangen. Demgegenüber hat das FG des Landes Sachsen-Anhalt im angefochtenen Urteil die von ihm beurteilten Handelsgeschäfte in drei Kategorien unterteilt, zum ersten den Handel mit bestimmten physischen Goldbarren ("allocated gold"), zum zweiten den Handel mit Gold, das nicht durch Barrenlisten identifizierbar war, sondern sich in Sammelverwahrung befand und an dem ein Miteigentumsanteil an dem Sammelbestand oder ein schuldrechtlicher Anspruch auf eine bestimmte Menge des Sammelbestandes ge- oder verkauft wurde ("unallocated gold"), und zum dritten den Handel mit schuldrechtlichen Ansprüchen auf Lieferung von Edelmetall einer bestimmten Menge und Feinheit, die auf sogenannten Metallkonten verbucht worden seien; dieser Handel sei teilweise auch in Form sogenannter Leerverkäufe abgewickelt worden. Lediglich im Hinblick auf die dritte Kategorie hat die Vorinstanz die von der Rechtsprechung des BFH zum Handel mit physischem Gold entwickelten Grundsätze für nicht einschlägig erachtet; dem Handel mit "unallocated gold" hat das FG des Landes Sachsen-Anhalt hingegen "weiterhin eine Indizwirkung zugunsten eines Gewerbebetriebes" zuerkannt (Urteilsumdruck, S. 44).
Den Feststellungen im Urteil des Sächsischen FG vom 10.05.2022 - 8 K 1851/18 kann nicht entnommen werden, dass es sich bei den von diesem dem Handel mit physischem Gold gleichgestellten Geschäften um solche handelt, die dem vom FG des Landes Sachsen-Anhalt im angefochtenen Urteil der dritten Kategorie zugeordneten Handel von schuldrechtlichen Lieferansprüchen auf Edelmetall entsprechen. Im Urteil des Sächsischen FG ist von "FX-Geschäften" die Rede, die nach dem Vorbringen des dort beklagten Finanzamts als Käufe und Verkäufe von Gold, Silber, Platin und Palladium zu Fixpreisen ("FX") und "in Form von Unzen" beschrieben würden. Bei diesen Geschäften seien "nicht Goldbarren, sondern Goldunzen bzw. andere Edelmetalle mit den Eigenhandelsabteilungen der beteiligten Banken gehandelt worden. ... Kauf und Verkauf der Edelmetalle erfolge mit den Eigenhandelsabteilungen der Banken, die bei entsprechendem Wunsch auch einem Herausgabeverlangen nachkommen müssten". Diesen rudimentären und zivilrechtlich wenig ergiebigen Feststellungen kann nicht entnommen werden, dass die "FX-Geschäfte" auf den Handel lediglich mit schuldrechtlichen Lieferansprüchen auf Edelmetall ausgerichtet waren, wie es bei den vom FG des Landes Sachsen-Anhalt im angefochtenen Urteil beschriebenen Geschäften der dritten Kategorie der Fall gewesen ist.
Unabhängig von dem Vorstehenden kommt das Urteil des Sächsischen FG vom 10.05.2022 - 8 K 1851/18 schließlich auch deshalb nicht als Divergenzentscheidung in Betracht, weil es auf die Nichtzulassungsbeschwerde des dortigen Finanzamts hin vom beschließenden Senat mit Beschluss vom 05.06.2024 - I B 52/22 wegen Verfahrensmangels aufgehoben worden ist.
bb) Hinsichtlich der Beurteilung der Edelmetallhandelstätigkeit als nicht gewerblich rügt die Klägerin des Weiteren, das FG habe es unterlassen zu prüfen, ob nicht der von der X-Partnership später begonnene Handel mit Industriemetallen, der vom FG als eigenständiger, vom Handel mit Edelmetallen zu trennender Geschäftszweig beurteilt worden ist, im Wege der sogenannten Abfärbung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Variante 1 EStG den Edelmetallhandel gewerblich "infiziert" habe. Die Klägerin macht insoweit als Verfahrensmangel im Sinne von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO eine fehlende Urteilsbegründung und einen die Revisionszulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Variante 2 FGO erfordernden sogenannten qualifizierten Rechtsanwendungsfehler geltend.
Mit beidem dringt sie indessen nicht durch. Ausweislich der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils hat das FG den Handel mit Industriemetallen deshalb nicht in seine Gesamtwürdigung einbezogen, "weil die Erweiterung des Unternehmensgegenstands auf dieses Segment ... nach Aktenlage erst Mitte des Folgejahres 2012 in den Blick genommen und auch erst im Jahr 2013 umgesetzt" worden sei (Urteilsumdruck, S. 50). Diese Begründung deckt auch den Bereich der Abfärberegelung ab. Inwiefern die Ablehnung einer Rückwirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Variante 1 EStG in Zeiträume, in denen der gewerbliche Geschäftszweig weder bereits existiert hat noch auch nur in Planung gewesen ist, als qualifizierter Rechtsanwendungsfehler angesehen werden könnte, wird in der Beschwerdebegründung nicht ausgeführt. Im Übrigen befasst sich die Beschwerdebegründung auch nicht damit, ob die Regelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Variante 1 EStG ("Als Gewerbebetrieb gilt ...") im Kontext der abkommensrechtlichen Verteilungsnormen für Unternehmensgewinne (hier: Art. 7 DBA-Großbritannien 2010) überhaupt anwendbar ist.
2. a) Im Hinblick auf den Streitgegenstand der gesonderten und einheitlichen Feststellung nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO (Antrag auf Aufhebung des Bescheids vom 03.02.2015, mit dem Einkünfte aus Kapitalvermögen von ... ¤ festgestellt worden sind, was zur Wiederherstellung des Bescheids vom 23.04.2013 führen würde, durch den laufende Verluste aus Gewerbebetrieb erklärungsgemäß mit ./. ... ¤ festgestellt worden waren), rügt die Klägerin als Verfahrensmangel ("fehlende Entscheidungsgründe"), das FG habe nichts dazu ausgeführt, wie es die Einnahmen und Ausgaben der X-Partnership aus den im Streitjahr getätigten Optionsgeschäften im Hinblick auf die Steuerbarkeit als Einnahmen beziehungsweise Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen einschätze.
Damit ist indessen ein Begründungsmangel nicht schlüssig dargetan. Selbst wenn der Klägerin im Ausgangspunkt darin zuzustimmen wäre, dass das FG im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Feststellung der Einkünfte aus Kapitalvermögen der Höhe nach auch hätte prüfen müssen, inwiefern die von der X-Partnership im Streitjahr getätigten Optionsgeschäfte Einfluss auf die Höhe der festzustellenden Kapitaleinkünfte gehabt haben, würde ein solcher Mangel die materiell-rechtliche Beurteilung des Sachverhalts betreffen und nicht zugleich einen Verstoß gegen das Begründungserfordernis des § 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO darstellen.
aa) Gemäß § 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO müssen Urteile begründet werden. Der Sinn des Begründungszwangs liegt darin, den Prozessbeteiligten die Kenntnis darüber zu vermitteln, auf welchen Feststellungen, Erkenntnissen und rechtlichen Überlegungen das Urteil beruht. § 119 Nr. 6 FGO soll sicherstellen, dass die Beteiligten ihre prozessualen Rechte wahrnehmen können. Die Wiedergabe der Entscheidungsgründe dient der Mitteilung der wesentlichen rechtlichen Erwägungen, die aus der Sicht des Gerichts für die getroffene Entscheidung maßgebend waren. Diesem Zweck ist nach ständiger Rechtsprechung nicht entsprochen, wenn das FG seine Entscheidung überhaupt nicht oder jedenfalls zu einem wesentlichen Teil nicht begründet, indem es einen vor dem FG geltend gemachten selbständigen Anspruch oder ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergangen hat. Es muss sich hierbei um einen wesentlichen Streitpunkt handeln (BFH-Beschluss vom 12.04.1991 - III R 181/90, BFHE 164, 179, BStBl II 1991, 638). Ein FG-Urteil ist insbesondere dann "nicht mit Gründen versehen", wenn es die streitige und entscheidungserhebliche Frage der Höhe der Abgabe nicht vollständig behandelt (BFH-Urteile vom 19.10.1995 - VII R 48/95, BFH/NV 1996, 337 und vom 13.11.1996 - X R 18/95, BFH/NV 1997, 494).
bb) Ein verfahrensfehlerhaftes teilweises Fehlen der Entscheidungsgründe hätte nach diesen Maßgaben vorgelegen, wenn das FG überhaupt keine Ausführung zur Höhe der festzustellenden Einkünfte aus Kapitalvermögen gemacht hätte. Das ist indessen nicht der Fall; vielmehr hat das FG in den Entscheidungsgründen ausgeführt, dass es für die Höhe der festzustellenden Kapitalerträge ausschließlich auf die der Klägerin unstreitig zugeflossenen Zinserträge abstellt (Urteilsumdruck, S. 51).
cc) Es ist auch weder aus den Feststellungen des angefochtenen Urteils noch anhand der Ausführungen in der Beschwerdebegründung ersichtlich, dass die Klägerin die vom FA festgestellten Kapitaleinkünfte von dessen Rechtsstandpunkt der fehlenden Gewerblichkeit der Betätigung der X-Partnership aus betrachtet für zu hoch hält, weil sich aus der Berücksichtigung der von der X-Partnership getätigten Optionsgeschäfte ein Minderungsbetrag ergeben würde, und dass sie dies als Angriffsmittel in den Prozess eingeführt hat. Soweit die Klägerin in der Beschwerdebegründung darauf verweist, die Beteiligten hätten schriftsätzlich darüber gestritten, welchem Besteuerungszeitraum die Optionsgeschäfte der X-Partnership zuzuordnen seien, so betraf diese Auseinandersetzung die Frage der sofortigen Abzugsfähigkeit der Optionsprämien im Falle einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG (vgl. Schriftsatz der Klägerin vom 19.05.2022), nicht aber die Behandlung der Einnahmen und Ausgaben im Rahmen der Ermittlung von Einkünften aus Kapitalvermögen.
b) Über den ebenfalls den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO betreffenden Hilfsantrag war vom FG keine Entscheidung zu treffen, weil die von der Klägerin hierfür formulierten innerprozessualen Bedingungen --unter anderem die Annahme des FG, dass es sich bei den von der X-Partnership erzielten Einkünften aus dem Edelmetallhandel um Einkünfte aus Gewerbebetrieb handelt-- nicht vollständig vorgelegen haben.
Die von der Klägerin erhobene Verfahrensrüge, das FG hätte das Verfahren hinsichtlich des Hilfsantrags aussetzen müssen, bis ein Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen der X-Partnership nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO erlassen wird, geht fehl.
Nach Auffassung der Klägerin hätte auf Ebene der X-Partnership als Untergesellschaft ein Feststellungsverfahren nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO vorgeschaltet werden müssen, weil für den Fall, dass das FG vom Vorliegen gewerblicher Einkünfte aus dem Edelmetallhandel ausgehen würde, die jedoch einer inländischen Betriebsstätte zuzuordnen wären, nicht nur die Klägerin, sondern auch die X-Ltd. als weitere Gesellschafterin an den --dann inländischen-- gewerblichen Einkünften der X-Partnership beteiligt gewesen wäre. Die X-Ltd. sei zwar nicht am Gewinn und Verlust der X-Partnership beteiligt gewesen, jedoch habe sie eine Geschäftsführungs- und Haftungsvergütung bezogen.
Unabhängig von der inhaltlichen Berechtigung der Rüge kann diese jedenfalls deshalb keinen Erfolg haben, weil der IV. Senat des BFH in seinem Urteil vom 28.11.2019 - IV R 43/16 (BFH/NV 2020, 511, Rz 30) bereits entschieden hat, dass im Streitfall kein vorgreifliches Feststellungsverfahren auf Ebene der X-Partnership durchzuführen ist. An diese Beurteilung war das FG gemäß § 126 Abs. 5 FGO und ist nach dem Grundsatz der Selbstbindung des BFH (z.B. BFH-Urteil vom 04.11.2004 - III R 38/02, BFHE 208, 155, BStBl II 2005, 271) auch der beschließende Senat im zweiten Rechtsgang gebunden.
3. Im Hinblick auf die Streitgegenstände Aufhebung des Gewerbesteuermessbescheids und des Verlustfeststellungsbescheids, bei denen es jeweils um die Gewerbesteuerpflicht der Klägerin geht, hat die Klägerin keine weitergehenden spezifischen Zulassungsgründe dargetan, sodass der Nichtzulassungsbeschwerde auch insoweit kein Erfolg beschieden ist.