Anm. zu BAG: Rückzahlungklauseln von Fortbildungskosten

Das BAG hat mit Urteil vom 25.4.2023 (9 AZR 187/22) entschieden, dass Rückzahlungsklauseln, die an das Nichtablegen der angestrebten Prüfung knüpfen, unzulässig sein können, wenn sie nicht danach differenzieren, aus welchem Grund die Prüfung nicht abgelegt worden ist (Entscheidungszusammenfassung mit Praxishinweisen der Kanzlei Friedrich Graf von Westphalen & Partner mbB).

Sachverhalt:

Die Parteien streiten über die Rückzahlung von Fortbildungskosten.

Die beklagte Arbeitnehmerin war bei der Klägerin als Buchhalterin beschäftigt. Ab August 2017 nahm sie an einem Lehrgang zur Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung für das Jahr 2018/2019 teil. Im zugrundeliegenden Fortbildungsvertrag war unter § 5 Nr. 3 geregelt, dass das in Anspruch genommene Förderbudget zurückzuzahlen ist, wenn die Angestellte das Examen wiederholt nicht ablegt.

Nachdem die Beklagte zur Steuerberaterprüfung in den Jahren 2018 bis 2020 nicht antrat, kündigte sie mit Schreiben vom 14.5.2020 das Arbeitsverhältnis zum 30.6.2020.

Die darauf erhobene Klage der Klägerin auf Rückzahlung des geleisteten Förderbetrages war sowohl in der ersten als auch in der zweiten Instanz erfolgreich. Auf die Berufung der Beklagten wies das BAG nunmehr die Klage ab. 

Entscheidungsgründe:

Das BAG bestätigte nochmals, dass einzelvertragliche Vereinbarungen, nach denen sich ein Arbeitnehmer an den Kosten einer vom Arbeitgeber finanzierten Ausbildung zu beteiligen hat, soweit er die Fortbildung nicht beendet, grundsätzlich zulässig seien. Sie würden den Arbeitnehmer nicht generell unangemessen benachteiligen.

Vorliegend würde jedoch die Regelung unter § 5 Nr. 3 des Fortbildungsvertrags zu einer unangemessenen Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB führen und daher unwirksam sein.

Denn es sei nicht zulässig, die Rückzahlungspflicht schlechthin an das wiederholte Nichtablegen der angestrebten Prüfung zu knüpfen, ohne die Gründe dafür zu betrachten. Entsprechend den Wertungen aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu Rückzahlungsklauseln auf Grund einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers müssen jedenfalls praktisch relevante Fallkonstellationen, in denen die Gründe für die Nichtablegung der Prüfung nicht in der Verantwortungssphäre des Arbeitnehmers liegen, von der Rückzahlungspflicht ausgenommen werden.

Auch die Härtefallregelung zu § 5 Nr. 3 des Fortbildungsvertrags führe nicht zur Angemessenheit der Norm. Die vom Arbeitgeber (mit) verantwortete Kündigung des Arbeitnehmers stelle im Arbeitsleben keinen so seltenen und fernliegenden Tatbestand dar, dass sie nicht gesondert erwähnt werden müsste.

Hinweise für die Praxis:

Das LAG Niedersachsen als Vorinstanz hatte mit Urteil vom 23.2.2022 (8 Sa 229/21) die Revision zugelassen, da eine Klausel, die die Pflicht zur Rückzahlung im Rahmen einer Fort-, Aus- oder Weiterbildung erhaltener Förderbeträge an den (wiederholten) Nichtantritt zu einer Prüfung knüpft, bislang noch nicht höchstrichterlich entschieden war.

Nunmehr hat das BAG mehr Rechtsklarheit geschaffen, so dass sich Arbeitgeber bei Vereinbarung von Rückzahlungsklauseln an den dort aufgestellten Grundsätzen orientieren sollten. Sobald Rückzahlungsklauseln als Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 Satz BGB zu qualifizieren sind, ist zu beachten, dass diese die Gründe ausreichend differenzieren, um eine unangemessene Benachteiligung zu vermeiden. Andernfalls droht eine Unwirksamkeit der Rückzahlungsklausel.

Autor: Rechtsanwältin Dr. Nadja Schmidt LL.M., Friedrich Graf von Westphalen & Partner, Köln

Quelle: BAG, Urteil vom 25.4.2023 (9 AZR 187/22)