Anm. zu LAG Hessen: Keine Untersagung des Bahnstreiks der GDL

Betriebsverfassungsgesetz

Das LAG Hessen hat mit Urteilen vom 9.1.2024 (10 LGa 15/24 und 10 LGa 16/24) die Urteile des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main bestätigt und damit den Streik der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) nicht untersagt (Entscheidungszusammenfassung mit Praxishinweisen der Wirtschaftskanzlei ADVANT Beiten).

Sachverhalt:

Gegenstand der Verfahren waren zwei Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer. Die Eilanträge waren auf die Untersagung der angekündigten Arbeitskampfmaßnahmen gerichtet. Antragsteller waren zum Einen die NordwestBahn GmbH, die Transdev Mitteldeutschland GmbH, die Transdev Regio Ost GmbH, die Transdev Rhein-Ruhr GmbH und die TransRegio Deutsche Regionalbahn GmbH, zum Anderen der Arbeitgeber- und Wirtschaftsverband der Mobilitäts- und Verkehrsdienstleister e.V., dem die von den Arbeitskampfmaßnahmen betroffenen Unternehmen des DB-Konzerns angehören. Das ArbG Frankfurt hatte beide Eilanträge auf Unterlassung der Streiks zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe:

Das LAG Hessen hat die Berufungen gegen die erstinstanzlichen Urteile zurückgewiesen. Zur Begründung führte das LAG zu beiden Entscheidungen aus, dass nicht festgestellt werden könne, dass die GDL mit dem Streik rechtswidrige Streikziele verfolge oder gegen die Friedenspflicht verstoße. Zur Frage der Tariffähigkeit der GDL, die von Seiten der Deutsche Bahn unter Hinweis auf die Gründung der Leiharbeitnehmergenossenschaft Fair Train durch GDL-Funktionäre in Abrede gestellt wird, hat das Gericht auf einen nur eingeschränkten Prüfungsmaßstab im Eilverfahren hingewiesen. Eine offensichtliche Tarifunfähigkeit der GDL liege hiernach nicht vor. In dem die Transdev-Gesellschaften betreffenden Verfahren hat das Gericht ausgeführt, dass sich der Streik nicht als unverhältnismäßig erweise. Damit ist das Gericht der durch Transdev geltend gemachten wirtschaftlichen Überforderung und dem Argument einer Wettbewerbsverzerrung infolge von Verflechtungen zwischen der GDL und Fair Train nicht gefolgt. Die Entscheidungen des Hessischen Landesarbeitsgerichts sind rkr.. Eine Revision zum BAG ist in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht möglich.

Hinweise für die Praxis:

Die beiden Urteile lehren wieder einmal, dass Arbeitskampfmaßnahmen nur unter ganz engen Voraussetzungen durch gerichtliche Entscheidung aufgehalten werden können. Das grundgesetzlich geschützte Streikrecht genießt bei den Arbeitsgerichten - durchaus zu Recht - einen ungemein hohen Stellenwert. Letztlich können von Arbeitgeberseite der Ausübung eines rechtmäßigen Streiks allein die Verfolgung rechtswidriger Ziele („politischer Streik“) und die Missachtung der Friedenspflicht durch die zum Streik aufrufende Gewerkschaft entgegengehalten werden. Die insbesondere auch in der medialen Öffentlichkeit diskutierte Unverhältnismäßigkeit spielt für die rechtliche Bewertung der Rechtmäßigkeit keine wirkliche Rolle. Entsprechendes gilt letztlich für das hier von der Arbeitgeberseite vorgetragene Argument, die GDL habe infolge der Gründung der FairTrain ihre Tariffähigkeit verloren. Jedenfalls in den Eilverfahren hat das LAG Hessen diese Frage nicht vertieft erörtert, weil jedenfalls eine offenkundige Tarifunfähigkeit nicht ersichtlich sei.

Autor: Rechtsanwalt Dr. Andreas Imping, ADVANT Beiten, Düsseldorf

Quelle: Pressemitteilung des LAG Hessen Nr. 03/2024 vom 9.1.2024