
Anm. zu LSG Bayern: Selbständige Tätigkeit trotz Einbindung in organisatorische Abläufe
Sozialversicherungspflicht
Das LSG Bayern hat mit Urteil vom 7.4.2025 (L 7 BA 24/24) entschieden, dass die Tätigkeit als Slow-Motion-Operator im Rahmen von Live-Sportübertragungen eine selbständige Tätigkeit sein kann, auch wenn keine programmgestaltende Rolle vorliegt. Entscheidend hierfür sind Eigenverantwortung, Weisungsfreiheit und Unternehmerrisiko des Operators. (Entscheidungszusammenfassung mit Praxishinweisen der Kanzlei Friedrich Graf von Westphalen & Partner mbB).
Sachverhalt:
Der Kläger ist als Slow Motion Operator/Highlight Editor für die Beigeladene tätig. Die Beigeladene erzeugt und liefert Programmteile und Dienstleistungen im Medienwesen. Zwischen dem Kläger und der Beklagten war streitig, ob der Kläger der Sozialversicherungspflicht unterlag.
Die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene bestand darin, während Sportereignissen Sequenzen bereitzustellen, welche während der Liveübertragung in Wiederholungen und in Zeitlupe eingeblendet wurden. Zudem fasste er bedeutsame Sequenzen für Analysen oder Spielberichte zusammen. Während der Sportereignisse befand sich der Kläger in einem mobilen Fernsehübertragungswagen des Produktionsunternehmens. Dort wurden ihm die technisch erforderlichen Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt. Die Auswahl der Sequenzen erfolgte durch den Kläger. Die Sequenzen leitete der Kläger an den Regisseur weiter, der sie dann in die Übertragung einspeiste. Dabei wählte der Regisseur nicht die Sequenzen aus, sondern lediglich den Zeitpunkt der Übertragung. Es gab keine Vorgaben hinsichtlich der Zahl der zu liefernden Sequenzen. Der Kläger erhielt für seine Tätigkeit Tagespauschalen und Fahrkostenpauschalen.
Die Beklagte stellte im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens fest, dass die Tätigkeit des Klägers der Sozialversicherungspflicht unterlag. Der Kläger sei in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen eingegliedert und unterliege deren Weisungsbefugnis. Unternehmerisches Risiko trage er nicht.
Der Widerspruch des Klägers und der Beigeladenen war erfolglos. Die daraufhin erhobene Klage führte zur Aufhebung der streitigen Bescheide. Hiergegen legte die Beklagte Berufung ein. Das Bayerische Landessozialgericht wies die Berufung als unbegründet zurück.
Entscheidungsgründe:
Das LSG Bayern begründete die Entscheidung damit, dass in der Gesamtschau die Umstände überwiegen würden, die für eine selbständige Tätigkeit sprächen. Das Gericht hob hervor, dass der Kläger weisungsfrei agiert habe und keine Kontrolle der von ihm ausgewählten Sequenzen stattgefunden habe. Er habe nicht arbeitsteilig gearbeitet, sondern eigenständige Werke hergestellt. Zudem liege die zeitliche und örtliche Bindung an die Veranstaltung in der Natur eines Sportereignisses und sei nicht Ausdruck eines Weisungsrechts. Außerdem sei der Kläger nicht in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert gewesen. Zwar habe er Arbeitsmittel der Beigeladenen genutzt. Dies sei jedoch nicht mit einer Weisungsgebundenheit oder Unterordnung einhergegangen. Auf Grund der hohen technischen Komplexität sei es auch kaum tragbar gewesen, hätte der Kläger eigene Ausrüstung nutzen müssen. Schließlich sei der Kläger für mehrere Auftraggeber tätig geworden und habe über seine Einsätze frei entscheiden können.
Ergänzend führt das Gericht aus, dass der Kläger ein wesentliches unternehmerisches Risiko getragen habe, da bei dem Ausfall einer Veranstaltung keine Vergütung erfolgt sei. Eine Ersatzveranstaltung sei ihm nicht automatisch angeboten worden.
Hinweis für die Praxis:
Das Urteil zeigt, dass selbst hochgradig an vorgegebene Abläufe und Arbeitsumgebungen angepasste Tätigkeiten selbständiger Art sein können, wenn der Erbringer weisungsfrei und eigenverantwortlich agiert und ein wesentliches Unternehmerrisiko trägt. Dies ist jedoch auch erforderlich. Gerade in Grenzfällen empfiehlt sich die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens.
Autor: Rechtsanwalt Dr. Xaver Koneberg, Friedrich Graf von Westphalen & Partner mbB, Freiburg
Quelle: LSG Bayern, Urteil v. 7.4.2025 (L 7 BA 24/24)