BFH: Anhörungsrüge und Vertretungszwang

Finanzgerichtsordnung

BFH, Beschluss vom 08.03.2024, IX S 3/24

Leitsatz:

NV: Eine Anhörungsrüge ist trotz Nichtbeachtung des Vertretungszwangs zulässig, wenn der Rügeführer geltend macht, die von ihm vorgetragenen Umstände, die nach seiner Auffassung eine Ausnahme vom Vertretungszwang geböten, seien nicht berücksichtigt worden.

Gründe:

I. Durch Beschluss vom 31.03.2023 - IX B 4/23 verwarf der beschließende Senat die Beschwerde des Klägers, Beschwerdeführers und Rügeführers (Kläger) wegen Nichtzulassung der Revision als unzulässig, da der Kläger die Beschwerde unter Nichtbeachtung des Vertretungszwangs vor dem Bundesfinanzhof (BFH) trotz entsprechenden Hinweises in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils des Finanzgerichts selbst eingelegt hatte. Eine weitere Beschwerdeeinlegung durch einen Prozessbevollmächtigten erfolgte außerhalb der Rechtsmittelfrist. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Kläger persönlich mit Schreiben vom 05.02.2024.

II. Das Vorbringen des Klägers ist als Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs und damit als Anhörungsrüge auszulegen.

1. Die Anhörungsrüge ist zulässig.

Zwar gilt der Vertretungszwang gemäß § 62 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) für Verfahren vor dem BFH auch für die Erhebung einer Anhörungsrüge, wenn für die beanstandete Entscheidung ihrerseits Vertretungszwang galt (z.B. Senatsbeschlüsse vom 30.05.2012 - IX S 5/12 und vom 11.03.2015 - IX S 6/15). Das ist hier der Fall. Der Kläger hat den Vertretungszwang auch im vorliegenden Verfahren nicht beachtet.

Die Anhörungsrüge (§ 133a FGO) ist jedoch ausnahmsweise gleichwohl zulässig, weil sich der Kläger mit der Anhörungsrüge gerade dagegen wendet, dass der Senat seine Nichtzulassungsbeschwerde wegen Nichtbeachtung des Vertretungszwangs als unzulässig verworfen hat. Wird --wie vorliegend-- geltend gemacht, darin liege eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, weil der Senat vom Kläger vorgetragene Umstände nicht beachtet habe, die nach der Auffassung des Klägers zu einer Ausnahme vom Vertretungszwang hätten führen müssen, so ist die Anhörungsrüge trotz Nichtbeachtung des Vertretungszwangs zulässig.

2. Die Anhörungsrüge ist nicht begründet.

Der Senat hat die Ausführungen des Klägers im vorangegangenen Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde zur Kenntnis genommen und erwogen. Soweit der Kläger mit der Anhörungsrüge geltend macht, er habe aufgrund des Zwangs zur Benennung eines vertretungsbefugten Bevollmächtigten seine Interessen nicht eigenständig wahren können, rügt er nicht die Verletzung des rechtlichen Gehörs, sondern wendet sich gegen die besonderen Anforderungen des Prozessrechts für ein Verfahren vor dem BFH. Mit dieser Begründung kann die Anhörungsrüge keinen Erfolg haben.