BFH: Keine Verletzung rechtlichen Gehörs durch Anwendung der Begründungserleichterung des § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO auch bei Zurückverweisung
Finanzgerichtsordnung
BFH, Beschluss vom 04.09.2024, XI S 6/24
Verfahrensgang: BFH, XI B 49/23 vom 11.04.2024
Leitsatz:
1. NV: Aus dem Umstand, dass der Bundesfinanzhof (BFH) von der Begründungserleichterung des § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gebrauch gemacht hat, kann nicht geschlossen werden, dass er das rechtliche Gehör der Verfahrensbeteiligten verletzt hat.
2. NV: Dies gilt auch in einem Fall, in dem der BFH den Rechtsstreit gemäß § 116 Abs. 6 FGO an das Finanzgericht zurückverwiesen hat.
Gründe:
I. Der Senat hat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, Beschwerdeführerin und Rügeführerin (Rügeführerin) mit Beschluss vom 11.04.2024 - XI B 49/23 die Vorentscheidung aufgehoben und den Rechtsstreit an das Finanzgericht (FG) zurückverwiesen, weil das Urteil des FG teilweise nicht mit Gründen versehen sei (§ 119 Nr. 6 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Im Tatbestand seines Beschlusses (I.) hat der Senat ausgeführt, dass die Rügeführerin "unter anderem" diesen Verfahrensfehler gerügt habe. In den Entscheidungsgründen hat er unter II.3. ausgeführt, dass zum gegenwärtigen Verfahrensstadium von einer Revisionsentscheidung keine weitere rechtliche Klärung zu erwarten sei, und unter II.4. von der Begründungserleichterung des § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO Gebrauch gemacht.
Hiergegen richtet sich die Anhörungsrüge der Rügeführerin, mit der sie geltend macht, der Senat habe ihr Beschwerdevorbringen zum anderen Problemkomplex des Urteils des FG ("Scheinrechnung") übergangen.
II. Die Anhörungsrüge ist --bei grundlegenden Zweifeln an ihrer Zulässigkeit (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 07.09.2006 - VIII S 20/06, BFH/NV 2007, 74; vom 15.03.2007 - XI S 33/06, BFH/NV 2007, 1180)-- jedenfalls unbegründet.
1. Bei der Entscheidung über eine Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision ist unter anderem das (völlige) Absehen von einer Begründung gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO zulässig (vgl. BFH-Beschluss vom 03.05.2005 - I S 10/05, BFH/NV 2005, 1600). Allein daraus, dass der BFH von § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO Gebrauch gemacht hat, kann nicht geschlossen werden, dass er bei seiner Entscheidung über die Revisionszulassung ein bestimmtes Vorbringen der Rügeführerin nicht erwogen hat (vgl. BFH-Beschlüsse vom 15.03.2007 - XI S 33/06, BFH/NV 2007, 1180, unter II.1.b; vom 07.02.2011 - XI S 29/10, BFH/NV 2011, 824, Rz 8). Ein Absehen von einer weiteren Begründung vermag daher nicht den Anspruch der Beteiligten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) zu verletzen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 07.04.2017 - IX S 3/17, BFH/NV 2017, 1049, Rz 4; vom 08.08.2023 - IX S 5/23, BFH/NV 2023, 1219, Rz 4).
2. Gemessen daran liegt auch im Streitfall keine Verletzung rechtlichen Gehörs vor. Der Senat hat erkannt, dass die erfolgreiche Verfahrensrüge nicht das einzige Beschwerdevorbringen der Rügeführerin war; dies lässt sich bereits am Tatbestand der angefochtenen Entscheidung erkennen, denn dort wird ausgeführt, dass die Rügeführerin "unter anderem" die Rüge fehlender Gründe erhoben hat. Von einer Stellungnahme zu dem übrigen Beschwerdevorbringen der Rügeführerin hat der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO abgesehen. Dies war zulässig; denn diese Vorschrift gilt auch in Fällen des § 116 Abs. 6 FGO (vgl. BFH-Beschlüsse vom 03.07.2019 - XI B 17/19, BFH/NV 2019, 1351, Rz 27; vom 29.12.2020 - VII B 92/20, BFH/NV 2021, 551, Rz 28; vom 10.08.2023 - X B 136/22, BFH/NV 2023, 1228, Rz 33).