BFH: Spartenrechnung im Sinne des § 8 Abs. 9 KStG

Körperschaftsteuer

BFH, Urteil vom 14.03.2024, V R 51/20
Verfahrensgang: FG Hessen, 4 K 1112/18 vom 06.04.2020

Leitsatz:

1. Der Körperschaftsteuerfestsetzung kommt gemäß § 10d Abs. 4 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes i.V.m. § 8 Abs. 9 Satz 8 Halbsatz 2 KStG Bindungswirkung zu. Auf § 8 Abs. 9 Satz 8 Halbsatz 1 KStG beruhende Feststellungsbescheide sind daher hinsichtlich der Höhe des verbleibenden negativen Gesamtbetrags der Einkünfte und dessen Zuordnung zu den Sparten im Sinne des § 8 Abs. 9 Satz 1 und 3 Halbsatz 1 KStG einer gerichtlichen Überprüfung auf ihre materielle Richtigkeit hin entzogen.

2. Die Gleichartigkeit im Sinne von § 8 Abs. 9 Satz 3 Halbsatz 1 KStG ist tätigkeitsbezogen auszulegen, so dass die Voraussetzungen von § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 und 3 KStG ohne Bedeutung sind.

Gründe:

I. Zwischen der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin), einer GmbH, deren Alleingesellschafterin eine Stadt ist, und der A-GmbH, an der die Klägerin etwa 95 % der Anteile hielt und deren Unternehmensgegenstand die Beförderung von Personen und Gegenständen mit Kraftfahrzeugen und Bahnen war, bestand seit 2001 ein Gewinnabführungsvertrag und eine körperschaftsteuerrechtliche Organschaft. Zudem war die Klägerin --neben weiteren Beteiligungen-- mit über 50 % an der im Bereich der Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wasser und Fernwärme tätigen B-AG beteiligt. Darüber hinaus erzielte die Klägerin in den Jahren 2010 und 2011 (Streitjahre) unter anderem Erlöse aus der Vermietung von gepachteten und eigenen Immobilien.

Nach der Einführung der "Spartenrechnung" durch das Jahressteuergesetz 2009 vom 19.12.2008 (BGBl I 2008, 2794) bildete die Klägerin zum Beginn des Jahres 2009 für die Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte die Sparte "Verkehr und Versorgung" (Sparte 1) sowie die Sparte "Immobilienwirtschaft" (Sparte 2). Der Sparte 1 waren aus Sicht der Klägerin --neben weiteren Beteiligungen-- das ihr im Rahmen der Organschaft zugerechnete Einkommen der A-GmbH sowie die von der B-AG bezogenen Dividenden zuzuordnen. Mit Wirkung ab 01.01.2010 begründete die Klägerin durch den Abschluss eines Gewinnabführungsvertrags eine körperschaftsteuerrechtliche Organschaft mit der B-AG.

Im Anschluss an eine Außenprüfung ging das zu diesem Zeitpunkt für die Besteuerung der Klägerin zuständige Finanzamt A (FA A) davon aus, dass im Jahr 2009 neben der "Immobilienwirtschaft" (Sparte 2) als weitere Sparte nur die Sparte "Verkehr" (Sparte 1) bestanden habe. Die Begründung der Organschaft zwischen der Klägerin und der B-AG im Jahr 2010 habe zur Bildung einer neuen, die Bereiche "Verkehr und Versorgung" umfassenden Sparte (Sparte 3) geführt, da die Tätigkeit der Organgesellschaft nicht gleichartig im Sinne des § 8 Abs. 9 Satz 3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) mit einer bereits bestehenden Sparte der Organträgerin sei. Die Verlustvorträge aus der Sparte 1 seien einzufrieren und könnten erst dann aufleben, wenn wieder nur noch eine Sparte "Verkehr" bestehe. In der Folge erließ das FA A entsprechende Änderungsbescheide für die Jahre 2009 bis 2011, gegen welche die Klägerin ohne Erfolg Einspruch einlegte.

Der hiergegen gerichteten Klage gab das Finanzgericht (FG) mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2020, 1526 veröffentlichten Urteil überwiegend statt. Zwar sei die Klage gegen die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG unzulässig. Im Übrigen bestünden jedoch keine Bedenken gegen die Zulässigkeit. Dies gelte insbesondere hinsichtlich der isolierten Anfechtung der Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes für das Jahr 2009, deren Zulässigkeit der Umstand, dass der Bescheid über den auf 0 € lautenden Gewerbesteuermessbetrag für 2009 nicht angefochten worden sei, nicht entgegen stehe, sowie für die Anfechtung der jeweils auf 0 € lautenden Körperschaftsteuerbescheide für 2009 und 2011.

Soweit die Klage zulässig sei, sei sie begründet. Die Verlustvorträge zum 31.12.2009 seien nicht einzufrieren und könnten in der Folgezeit mit Gewinnen aus der Organschaft mit der B-AG verrechnet werden. Es sei davon auszugehen, dass bereits mit Beginn der Spartenrechnung im Jahre 2009 durchgehend eine Sparte bestanden habe, die sowohl "Verkehr" als auch "Versorgung" betroffen habe. Die Begründung der Organschaft mit der B-AG im Jahr 2010 habe zwar zur Aufnahme einer Versorgungstätigkeit durch die Klägerin geführt. Dies habe jedoch gemäß § 8 Abs. 9 Satz 3 Halbsatz 1 KStG nicht zur Begründung einer neuen Sparte geführt, da bereits eine zwingend zusammenzufassende Sparte "Verkehr und Versorgung" existiert habe. Zu den "gleichartigen Tätigkeiten" im Sinne des § 8 Abs. 9 Satz 3 KStG seien die nach § 4 Abs. 6 KStG zusammenfassbaren Fallgestaltungen zumindest dann zu zählen, wenn die Zusammenfassung der Tätigkeiten zwingend sei, was sich aus einer über den Wortlaut der Vorschrift hinausgehenden und an der Systematik, der Historie und dem Sinn und Zweck orientierten Auslegung ergebe. Die Zusammenfassung der Tätigkeiten "Verkehr" und "Versorgung" stelle im Rahmen der Spartenrechnung kein Wahlrecht dar, sondern sei nach § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 KStG, der vorsehe, dass zusammenfassbare Tätigkeiten jeweils eine einheitliche Sparte bildeten, verbindlich.

Hiergegen hat sich das FA A mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision gewandt. Die Auslegung des § 8 Abs. 9 Satz 3 Halbsatz 1 KStG durch das FG widerspreche der Normsystematik. Es gehe um eine auf einer typisierenden Betrachtungsweise beruhenden steuerliche Privilegierung von Dauerverlustgeschäften, die durch eine typisierende Beschränkung bei der Verlustnutzung begrenzt werde. Der Umkehrschluss zu § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 KStG zeige die fehlende Gleichartigkeit der von § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 KStG erfassten Fallgruppen. Auch aus der Gesetzgebungshistorie ergebe sich keine Notwendigkeit einer erweiternden Auslegung. Vielmehr spreche der grundsätzlich andere Ansatz des vom Finanzausschuss des Bundestags eingebrachten Gesetzentwurfs dafür, dass auch eine Abkehr von der im ursprünglichen Regierungsentwurf bei der Verlustnutzung vorgenommenen undifferenzierten Betrachtung der verschiedenen Tatbestände des § 4 Abs. 6 KStG habe erfolgen sollen. Im Hinblick auf das im Gesetzgebungsverfahren verfolgte Ziel, Betriebe gewerblicher Art (BgA) und Eigengesellschaften bei der Verlustnutzung gleichzustellen, sei es nicht nachvollziehbar, im Rahmen des § 8 Abs. 9 Satz 3 Halbsatz 1 KStG die Gleichartigkeit anders als bei § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 KStG zu verstehen. Die Auslegung des FG würde unter Berücksichtigung von § 8 Abs. 8 KStG im Ergebnis zu einer Besserstellung der Eigengesellschaften führen.

Während des Revisionsverfahrens ist infolge einer Neuorganisation der Finanzbehörden der nunmehrige Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt B --FA B--) für die Besteuerung der Klägerin zuständig geworden. Das Verfahren betreffend Körperschaftsteuer 2009, gesonderter Feststellung zur Körperschaftsteuer 2010 und 2011, gesonderter Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2009 und 31.12.2010 in den Fällen des § 8 Abs. 9 KStG, gesonderter Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2009 und 31.12.2010 sowie Zerlegung der Gewerbesteuermessbeträge 2010 und 2011 hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 12.03.2024 - V R 51/20 gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) abgetrennt. Es wird unter dem Aktenzeichen V R 2/24 fortgeführt.

Das FA B beantragt sinngemäß,

das Urteil des FG aufzuheben, soweit der Klage wegen Körperschaftsteuer 2010 und 2011, gesonderter Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2011 in den Fällen des § 8 Abs. 9 KStG, Gewerbesteuermessbeträgen 2010 und 2011 sowie gesonderter Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2011 stattgegeben wurde, und die Klage insoweit abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

§ 8 Abs. 7 bis 9 KStG diene dazu, negative Folgen für den öffentlichen Sektor abzuschwächen. Die bisherigen Verwaltungsgrundsätze hätten gesetzlich verankert werden sollen, so dass es sich um eine sogenannte "Altbeihilfe" handele. An der Verrechnung von Gewinnen aus dem Bereich der Versorgung mit Verlusten aus dem Bereich Verkehr habe festgehalten werden sollen, was auch die zwingende Zusammenfassung von Verkehrs- und Versorgungstätigkeit zeige. Gleichzeitig sei der Gesetzgeber um eine rechtsformneutrale Verankerung des Querverbundes bemüht gewesen. Die Verhinderung der Verlustnutzung widerspreche systematischen Besteuerungsgrundsätzen. Aus der Auffassung des FA B folge, dass im Streitfall keine Konstellation möglich gewesen wäre, in der sämtliche angefallenen Verluste aus der Verkehrstätigkeit zur Verrechnung mit Gewinnen des Versorgungsbereichs in späteren Veranlagungszeiträumen zur Verfügung gestanden hätten. Für Kapitalgesellschaften fehle das Wahlrecht zur (Nicht-)Zusammenfassung von Verkehrs- und Versorgungstätigkeit. Daher müsse davon ausgegangen werden, dass eine Sparte "Verkehr und Versorgung" auch dann bestehe, wenn (zeitweise) nur eine der beiden Tätigkeiten ausgeübt werde.

II. Das FA B ist mit Wirkung zum 01.10.2022 aufgrund eines Organisationsaktes der Finanzverwaltung in die Zuständigkeit und hierdurch im Wege des gesetzlichen Beteiligtenwechsels in die Beteiligtenstellung des FA A eingetreten (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27.11.2019 - I R 40/19 (I R 14/16), BFHE 268, 1; BFH-Beschlüsse vom 31.08.2016 - I B 146/15, BFH/NV 2016, 1756; vom 02.04.2014 - I B 21/13, BFH/NV 2014, 1216).

III. Die Revision des FA B ist hinsichtlich der Bescheide zur gesonderten Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2011 in den Fällen des § 8 Abs. 9 KStG und zur gesonderten Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2011 begründet. Das Urteil des FG ist insoweit aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).

1. In Bezug auf den Bescheid über die gesonderte Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge in den Fällen des § 8 Abs. 9 KStG zum 31.12.2011 hat das FG außer Acht gelassen, dass § 8 Abs. 9 Satz 8 Halbsatz 2 KStG i.V.m. § 10d Abs. 4 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) eine inhaltliche Bindung des Feststellungsbescheids im Sinne des § 8 Abs. 9 Satz 8 Halbsatz 1 KStG an die Körperschaftsteuerfestsetzung des Veranlagungszeitraums bewirkt und zwar insoweit, als im Körperschaftsteuerbescheid 2011 der Gesamtbetrag der Einkünfte für jede sich nach § 8 Abs. 9 Satz 1 und 3 Halbsatz 1 KStG ergebende Sparte getrennt ermittelt wird (§ 8 Abs. 9 Satz 2 KStG).

a) Nach § 8 Abs. 9 Satz 8 Halbsatz 1 KStG ist der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende negative Gesamtbetrag der Einkünfte einer Sparte gesondert festzustellen. Zugleich gilt § 10d Abs. 4 EStG entsprechend (§ 8 Abs. 9 Satz 8 Halbsatz 2 KStG). Für das Verhältnis zwischen Körperschaftsteuerbescheid und dem Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer ist durch die Rechtsprechung des BFH bereits entschieden, dass § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG eine inhaltliche Bindung des Verlustfeststellungsbescheids des jeweiligen Veranlagungszeitraums an den Körperschaftsteuerbescheid bewirkt. Eine eigenständige Prüfung der betreffenden Besteuerungsgrundlagen findet im Rahmen der Verlustfeststellung grundsätzlich nicht mehr statt (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 07.12.2016 - I R 76/14, BFHE 256, 314, BStBl II 2017, 704, Rz 14; vom 10.12.2019 - I R 58/17, BFHE 271, 514, BStBl II 2021, 945, Rz 10 und vom 04.05.2022 - I R 25/19, BFH/NV 2022, 1313, Rz 25). Ebenso bewirkt die nach § 8 Abs. 9 Satz 8 Halbsatz 2 KStG (auch) anwendbare Regelung des § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG eine inhaltliche Bindung des Feststellungsbescheids im Sinne des § 8 Abs. 9 Satz 8 Halbsatz 1 KStG an die Besteuerungsgrundlagen, wie sie dem Körperschaftsteuerbescheid des Veranlagungszeitraums, auf dessen Schluss sich die Feststellung bezieht, zugrunde gelegt worden sind (vgl. Gosch in Gosch, KStG, 4. Aufl., § 8 Rz 1044k; Streck/Schwedhelm/Olbing, KStG, 10. Aufl., § 8 Rz 530; Krämer in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Kommentar zum KStG, § 8 Abs. 9 Rz 28c; kritisch Bürstinghaus in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, § 8 KStG Rz 633).

b) Diese Bindungswirkung schließt die Zuordnung von Tätigkeiten zu einer Sparte nach § 8 Abs. 9 Satz 1 und 3 Halbsatz 1 KStG, die der nach § 8 Abs. 9 Satz 2 KStG getrennten Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte je Sparte zwingend vorausgeht, ein. Insoweit handelt es sich um Besteuerungsgrundlagen (§ 157 Abs. 2 der Abgabenordnung), die der Körperschaftsteuerfestsetzung zugrunde liegen.

Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass das FA A in dem Körperschaftsteuerbescheid für 2011 den Gesamtbetrag der Einkünfte für die sich nach § 8 Abs. 9 Satz 1 und 3 Halbsatz 1 KStG ergebenden Sparten nicht im Sinne des § 8 Abs. 9 Satz 2 KStG getrennt ausgewiesen hat, sondern lediglich auf die "Summe der negativen Gesamtbeträge der Einkünfte aus den einzelnen Sparten i.S.d. § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 - 3 KStG" abgestellt hat. Im Übrigen verweist der Körperschaftsteuerbescheid auf den Betriebsprüfungsbericht vom 08.01.2018, in dessen Anlage 7 der Gesamtbetrag der Einkünfte für jede sich ergebende "Spalte" (Sparte) getrennt berechnet wurde.

c) Dies gilt auch unter Berücksichtigung der im Streitfall zwischen der Klägerin sowie der A-GmbH und der B-AG bestehenden Organschaften. Denn § 8 Abs. 9 KStG ist bei Dauerverlustgeschäften einer Organgesellschaft auf Ebene des Organträgers anzuwenden (§ 15 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 KStG; vgl. BFH-Urteil vom 16.12.2020 - I R 41/17, BFHE 271, 521, BStBl II 2021, 872, Rz 16).

d) Danach hat das FG zwar zu Recht die Klage gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge in den Fällen des § 8 Abs. 9 KStG zum 31.12.2011 als zulässig angesehen. Es hat aber rechtsfehlerhaft die Bindungswirkung der Körperschaftsteuerfestsetzung außer Acht gelassen und entgegen dieser Bindungswirkung die auf § 8 Abs. 9 Satz 8 Halbsatz 1 KStG beruhenden Feststellungsbescheide insoweit auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüft (vgl. zu Grundlagen- und Folgebescheiden allgemein BFH-Urteil vom 27.06.2018 - I R 13/16, BFHE 262, 340, BStBl II 2019, 632, Rz 20).

2. Vergleichbares gilt --was das FG ebenfalls unberücksichtigt gelassen hat-- für die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2011. Aufgrund der in § 10a Satz 9 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) angeordneten entsprechenden Anwendung von § 8 Abs. 9 Satz 8 KStG ist nach dessen zweiten Halbsatz die Regelung des § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG --wiederum entsprechend-- anzuwenden im Verhältnis des Gewerbesteuermessbescheids, in dem für jede sich nach § 8 Abs. 9 Satz 1 und 3 Halbsatz 1 KStG ergebende Sparte der Gewerbeertrag getrennt zu ermitteln ist (§ 7 Satz 5 GewStG i.V.m. § 8 Abs. 9 Satz 3 KStG), auf der einen Seite zum Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden negativen Gewerbeertrags einer Sparte (§ 10a Satz 9 GewStG i.V.m. § 8 Abs. 9 Satz 8 Halbsatz 1 KStG) auf der anderen Seite. Damit sind auch die Feststellungen des Gewerbeverlustes nicht auf die materielle Richtigkeit der hierin vorgenommenen Zuordnung der Fehlbeträge zu den Sparten hin zu überprüfen.

IV. Die Revision des FA B ist auch bezüglich der Festsetzung der Körperschaftsteuer und des Gewerbesteuermessbetrags für 2010 und 2011 begründet. Unter Aufhebung des FG-Urteils ist die Klage auch insoweit abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass Tätigkeiten, die nach § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 und 3 KStG zusammenfassbar sind, zugleich "gleichartig" im Sinne des § 8 Abs. 9 Satz 3 Halbsatz 1 KStG sind und in der bereits vorhandenen Sparte gemeinsam fortgeführt werden können.

1. Grundlage der "Spartenrechnung" ist § 8 Abs. 9 KStG, dessen Satz 1 bis 3 gemäß § 7 Satz 5 GewStG auch bei der Ermittlung des Gewerbeertrags entsprechend anzuwenden sind. Nach § 8 Abs. 9 Satz 1 KStG sind bei Kapitalgesellschaften, bei denen § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG zur Anwendung kommt, die einzelnen Tätigkeiten der Gesellschaft nach verschiedenen Sparten zuzuordnen. Dabei sind Tätigkeiten, die als Dauerverlustgeschäfte Ausfluss einer Tätigkeit sind, die bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehören, jeweils gesonderten Sparten zuzuordnen (Nr. 1), sind Tätigkeiten, die nach § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG zusammenfassbar sind oder aus den übrigen, nicht in Nummer 1 bezeichneten Dauerverlustgeschäften stammen, jeweils gesonderten Sparten zuzuordnen, wobei zusammenfassbare Tätigkeiten jeweils eine einheitliche Sparte bilden (Nr. 2), und sind alle übrigen Tätigkeiten einer einheitlichen Sparte zuzuordnen (Nr. 3).

Der von § 8 Abs. 9 Satz 1 KStG in Bezug genommene § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG sieht vor, dass bei Kapitalgesellschaften, bei denen die Mehrheit der Stimmrechte unmittelbar oder mittelbar auf juristische Personen des öffentlichen Rechts entfällt und nachweislich ausschließlich diese Gesellschafter die Verluste aus Dauerverlustgeschäften tragen, die Rechtsfolgen einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nicht bereits deshalb zu ziehen sind, weil sie ein Dauerverlustgeschäft ausüben.

Ein Dauerverlustgeschäft liegt nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG vor, soweit aus verkehrs-, umwelt-, sozial-, kultur-, bildungs- oder gesundheitspolitischen Gründen eine wirtschaftliche Betätigung ohne kostendeckendes Entgelt unterhalten wird oder in den Fällen von § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG das Geschäft Ausfluss einer Tätigkeit ist, die bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehört.

Gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG, auf den § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 KStG Bezug nimmt, kann ein BgA mit einem oder mehreren anderen BgA zusammengefasst werden, wenn sie gleichartig sind (§ 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 KStG), zwischen ihnen nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse objektiv eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht besteht (§ 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG) oder BgA im Sinne des § 4 Abs. 3 KStG vorliegen (§ 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 KStG).

Für jede sich hiernach ergebende Sparte ist der Gesamtbetrag der Einkünfte getrennt zu ermitteln (§ 8 Abs. 9 Satz 2 KStG). Nach § 8 Abs. 9 Satz 3 Halbsatz 1 KStG führt die Aufnahme einer weiteren, nicht gleichartigen Tätigkeit zu einer neuen, gesonderten Sparte, wobei Entsprechendes für die Aufgabe einer solchen Tätigkeit gilt (§ 8 Abs. 9 Satz 3 Halbsatz 2 KStG). Ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte einer Sparte darf gemäß § 8 Abs. 9 Satz 4 KStG nicht mit einem positiven Gesamtbetrag der Einkünfte einer anderen Sparte ausgeglichen oder nach Maßgabe des § 10d EStG abgezogen werden. Er mindert jedoch nach Maßgabe des § 10d EStG die positiven Gesamtbeträge der Einkünfte, die sich in dem unmittelbar vorangegangenen und in den folgenden Veranlagungszeiträumen für dieselbe Sparte ergeben (§ 8 Abs. 9 Satz 5 KStG).

2. Die Gleichartigkeit im Sinne von § 8 Abs. 9 Satz 3 Halbsatz 1 KStG ist tätigkeitsbezogen auszulegen, so dass die Voraussetzungen von § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 und 3 KStG ohne Bedeutung sind.

a) Bereits dem Wortlaut nach kommt es nicht in Betracht, den Begriff der "gleichartigen" --und damit im Sinne einer tätigkeitsbezogenen Auslegung "ihrer Art nach gleichen" (vgl. zur tätigkeitsbezogenen Betrachtungsweise im Rahmen des § 4 Abs. 1 KStG BFH-Urteil vom 16.12.2020 - I R 50/17, BFHE 271, 528, BStBl II 2021, 443, Rz 26)-- Tätigkeiten dahingehend zu verstehen, dass er sämtliche nach den Merkmalen des § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG zusammenfassbaren Tätigkeiten umfasst. Denn bei einem Verständnis der Gleichartigkeit dahingehend, dass sie sich --ohne weitere Voraussetzungen-- auf alle nach § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG zusammenfassbaren Tätigkeiten bezieht, hätte der Gesetzgeber eine § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 KStG vergleichbare Formulierung wählen müssen, die ihrem Wortlaut nach Tätigkeiten erfasst, die "nach § 4 Abs. 6 Satz 1 zusammenfassbar sind" (Bracksiek, Finanz-Rundschau --FR-- 2009, 15, 21). Stattdessen greift § 8 Abs. 9 Satz 3 Halbsatz 1 KStG mit dem dort verwendeten Begriff "gleichartig" lediglich die Formulierung des § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 KStG auf.

Im Übrigen hat dem Wortlaut nach weder eine wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung im Sinne des § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG noch das Vorliegen von Betrieben im Sinne des § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 4 Abs. 3 KStG, die der Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, Gas, Elektrizität oder Wärme, dem öffentlichen Verkehr oder dem Hafenbetrieb dienen, zwingend zur Folge, dass sich die durch die jeweiligen Betriebe ausgeübten Tätigkeiten im Sinne einer tätigkeitsbezogenen Gleichartigkeit decken.

b) Nach dem Gesetzeszusammenhang wird die tätigkeitsbezogene Auslegung durch den Umstand gestützt, dass § 8 Abs. 9 Satz 1 KStG "auf die einzelnen Tätigkeiten der Gesellschaft", die den Sparten im Sinne des § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 bis 3 KStG zuzuordnen sind, abstellt. Sofern die Voraussetzungen des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG vorliegen, ermittelt die Gesellschaft somit den Gesamtbetrag der Einkünfte nicht mehr einheitlich, sondern tätigkeitsbezogen getrennt nach verschiedenen Sparten. § 8 Abs. 9 Satz 3 Halbsatz 1 KStG knüpft hieran an und sieht für die Aufnahme von "nicht gleichartigen Tätigkeiten" die Bildung einer neuen, gesonderten Sparte vor.

Zudem wäre die gesonderte Anordnung in § 8 Abs. 9 Satz 3 Halbsatz 1 KStG über das Entstehen einer neuen, gesonderten Sparte im Fall der Aufnahme einer weiteren, nicht gleichartigen Tätigkeit bei einem Regelungsgleichlauf mit § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 KStG weitgehend entbehrlich. Nach § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG zusammenfassbare Tätigkeiten würden dann bereits nach der allgemeinen Regelung des § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 KStG eine einheitliche Sparte bilden. Der Anwendungsbereich von § 8 Abs. 9 Satz 3 Halbsatz 1 KStG wäre danach auf die Tätigkeiten, die bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehören (§ 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 KStG), sowie auf "alle übrigen Tätigkeiten" im Sinne des § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 KStG verengt. Da Erstere unabhängig von dem Zeitpunkt ihrer Aufnahme bereits nach § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 KStG jeweils gesonderten Sparten zuzuordnen sind, käme eine abweichende Rechtsfolge des § 8 Abs. 9 Satz 3 Halbsatz 1 KStG ausschließlich für § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 KStG in Betracht. Diese Vorschrift sieht jedoch vor, "alle übrigen Tätigkeiten" einer einheitlichen Sparte zuzuordnen, was dazu führen könnte, dass im Fall der Aufnahme neuer "übriger Tätigkeiten" die Sparte nach § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 KStG lediglich in veränderter Form weitergeführt wird (so Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 12.11.2009, BStBl I 2009, 1303, Rz 74; ebenso Krämer in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8 KStG Rz 25; Brandis/Heuermann/Rengers, § 8 KStG Rz 1138).

c) Weiter ist § 8 Abs. 9 Satz 3 Halbsatz 1 KStG nicht in Bezug auf nach § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 und 3 KStG zusammenfassbare Tätigkeiten ergänzungsbedürftig. Dies kommt nur im Rahmen einer Analogie oder teleologischen Extension in Betracht, für die es an der dafür erforderlichen Regelungslücke fehlt.

aa) Eine Regelungslücke liegt vor, wenn ein bestimmter Sachbereich zwar gesetzlich geregelt ist, jedoch keine Vorschrift für Fälle enthält, die nach dem Grundgedanken und dem System des Gesetzes hätten mitgeregelt werden müssen (BFH-Urteil vom 26.09.2023 - IX R 19/21, BFHE 281, 514, BStBl II 2024, 43, Rz 32). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn eine Regelung --was auch bei einem eindeutigen Gesetzeswortlaut der Fall sein kann (BFH-Urteil vom 11.02.2010 - V R 38/08, BFHE 229, 385, BStBl II 2010, 873, Rz 22)-- gemessen an ihrem Zweck unvollständig, das heißt ergänzungsbedürftig ist (BFH-Urteil vom 28.10.2020 - X R 29/18, BFHE 271, 370, BStBl II 2021, 675, Rz 33).

Zudem muss diese Regelungslücke planwidrig sein, das heißt, der in Frage stehende Sachverhalt muss vom Gesetzgeber nur versehentlich nicht geregelt worden sein (BFH-Urteil vom 28.10.2020 - X R 29/18, BFHE 271, 370, BStBl II 2021, 675, Rz 34) und eine Ergänzung darf nicht einer dem Gesetz gewollten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widersprechen (BFH-Urteil vom 10.04.2013 - I R 80/12, BFHE 241, 483, BStBl II 2013, 1004). Dass eine gesetzliche Regelung nur rechtspolitisch als verbesserungsbedürftig anzusehen ist ("rechtspolitische Fehler"), reicht hingegen nicht aus (BFH-Urteil vom 11.02.2010 - V R 38/08, BFHE 229, 385, BStBl II 2010, 873, Rz 21).

bb) Bereits die Entstehungsgeschichte des § 4 Abs. 6 KStG und des § 8 Abs. 9 KStG, die zeitgleich durch das Jahressteuergesetz 2009 in das Körperschaftsteuergesetz eingefügt wurden, wie auch die Gesetzgebungsmotive sprechen für eine tätigkeitsbezogene Auslegung und damit gegen einen Gleichlauf der Spartenzuordnung von neu aufgenommenen und bestehenden Tätigkeiten. Letzteres könnte daher allenfalls aus unbeachtlichen rechtspolitischen Gründen zu befürworten sein.

(1) Der Gesetzentwurf sah zunächst nur die Zusammenfassung von gleichartigen BgA oder Betrieben im Sinne des § 4 Abs. 3 KStG vor (vgl. § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG i.d.F. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung - Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2009 vom 02.09.2008, BTDrucks 16/10189, S. 19; vgl. auch Bracksiek, FR 2009, 15). Auch war zugleich vorgesehen, die damalige Fassung des § 8c KStG in Abs. 2 um eine Regelung zu ergänzen, wonach bei Kapitalgesellschaften im Sinne des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG Verluste aus Tätigkeiten, die nicht nach § 4 Abs. 6 KStG zusammengefasst werden können, und Verluste aus Tätigkeiten, die nach § 4 Abs. 6 KStG zusammengefasst werden können, jeweils nur mit positiven Einkünften aus den entsprechenden Tätigkeiten verrechnet werden können sollten. Damit wäre die Verrechnung von Verlusten aus Tätigkeiten, die weder gleichartig noch solche im Sinne des § 4 Abs. 3 KStG waren, auch bei Bestehen einer wechselseitigen technisch-wirtschaftlichen Verflechtung unabhängig von dem Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit ausgeschlossen gewesen.

Zwar ergeben sich aus diesem zunächst vorgesehenen Regelungskonzept zur Einkünfteermittlung für die Auslegung der --hiervon ihrem Wortlaut nach abweichenden, ausschließlich bei Aufnahme einer weiteren Tätigkeit anwendbaren und für den Gesamtbetrag der Einkünfte maßgeblichen-- Vorschrift des § 8 Abs. 9 Satz 3 Halbsatz 1 KStG keine unmittelbaren Rückschlüsse. Jedoch erhielt § 4 Abs. 6 KStG im Gesetzgebungsverfahren auf Vorschlag des Finanzausschusses (vgl. Beschlussempfehlung des Finanzausschusses vom 25.11.2008, BTDrucks 16/11055, S. 44) seine jetzige Fassung, das heißt, er ermöglichte nunmehr auch eine Zusammenfassung aufgrund wechselseitiger technisch-wirtschaftlicher Verflechtung. Wenn vor diesem Hintergrund in der --ebenfalls auf Vorschlag des Finanzausschusses eingeführten (vgl. Beschlussempfehlung des Finanzausschusses vom 25.11.2008, BTDrucks 16/11055, S. 46 f.)-- Vorschrift des § 8 Abs. 9 Satz 3 KStG ausschließlich der Begriff "gleichartig" verwendet und nicht --wie sowohl in den ursprünglich vorgesehenen Regelungen zur Beschränkung der Verlustverrechnung als auch in dem ebenfalls auf Vorschlag des Finanzausschusses eingeführten § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 KStG-- auf eine Zusammenfassbarkeit nach § 4 Abs. 6 KStG abgestellt wurde, ist davon auszugehen, dass insoweit ein Gleichlauf zwischen § 8 Abs. 9 Satz 3 Halbsatz 1 KStG auf der einen und § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 KStG sowie § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG auf der anderen Seite nicht beabsichtigt war.

(2) Nach den gesetzgeberischen Motiven, wie sie sich aus dem Bericht des Finanzausschusses vom 27.11.2008 zum Gesetzentwurf des Jahressteuergesetzes 2009 der Bundesregierung (BTDrucks 16/11108, S. 27) ergeben, sollte durch die Sparteneinteilung des § 8 Abs. 9 Satz 1 KStG und die Maßgabe, dass für jede Sparte ein gesonderter Gesamtbetrag der Einkünfte zu ermitteln ist "bzw. die Regelungen zum Verlustabzug des § 4 Abs. 8 KStG entsprechend gelten" --womit wohl die Regelungen des § 8 Abs. 8 KStG und des § 8 Abs. 9 Satz 4 KStG in Bezug genommen werden sollten--, erreicht werden, dass bei einer Eigengesellschaft keine größeren Möglichkeiten der Ergebnisverrechnung eintreten können als bei der Ausübung der Tätigkeiten in BgA.

Dem lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass --positiv gewendet-- ein Gleichlauf der Möglichkeiten der Verlustverrechnung von BgA auf der einen und Kapitalgesellschaften mit Dauerverlustgeschäften auf der anderen Seite erreicht werden sollte. Vielmehr bestehen im Gegenteil bei Ausübung der Tätigkeiten in BgA weitergehende Möglichkeiten zur Ergebnisverrechnung. So bilden --im Unterschied zu dem für BgA grundsätzlich bestehenden Wahlrecht (vgl. BFH-Beschluss vom 31.01.2024 - V R 43/21, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt)-- gemäß § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 KStG die nach § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG zusammenfassbaren Tätigkeiten eine einheitliche Sparte, wenn die Kapitalgesellschaft zumindest ein Dauerverlustgeschäft im Sinne von § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG betreibt. Der Gesamtbetrag der Einkünfte ist --mit der Folge der zwingenden Verrechnung von Gewinnen und Verlusten-- für diese sämtliche Tätigkeiten im Sinne des § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG umfassende einheitliche Sparte zu ermitteln, ohne dass der Steuerpflichtige durch die Ausübung von Wahlrechten Einfluss auf den Zuschnitt der Sparte hat. Eine Ausweitung von § 8 Abs. 9 Satz 3 Halbsatz 1 KStG auf sämtliche im Sinne des § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG zusammenfassbaren Tätigkeiten würde den in § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 KStG angelegten Unterschied zu BgA auf die Aufnahme einer weiteren Tätigkeit erstrecken; ein Zusammenhang zu dem der Spartentrennung im Gesetzgebungsverfahren zugedachten Zweck lässt sich nicht erkennen.

d) Die vom Senat vorgenommene Auslegung des Begriffs "gleichartig" in § 8 Abs. 9 Satz 3 Halbsatz 1 KStG entspricht den verfassungsrechtlichen Anforderungen, insbesondere im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz in Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes.

aa) Es führt zu keiner ungerechtfertigten Ungleichbehandlung, dass nicht gleichartige Tätigkeiten in einer neuen Sparte zu erfassen sind und deshalb nach § 8 Abs. 9 Satz 4 KStG eine Verlustverrechnungsbeschränkung eintritt.

Denn das Unterhalten eines strukturell dauerdefizitären kommunalen Eigenbetriebes in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft ohne Verlustausgleich und gegebenenfalls ohne angemessenen Gewinnaufschlag durch die Gesellschafterin (Trägerkörperschaft) führt regelmäßig zur Annahme einer vGA im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und damit --als Folge der außerbilanziellen Hinzurechnung-- zu einer steuerlichen Unbeachtlichkeit von durch die Kapitalgesellschaft erwirtschafteten Verlusten (BFH-Urteile vom 22.08.2007 - I R 32/06, BFHE 218, 523, BStBl II 2007, 961; vom 13.03.2019 - I R 66/16, BFH/NV 2019, 1360). Daher handelt es sich bei § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 KStG --wonach die Rechtsfolgen einer vGA im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG bei Kapitalgesellschaften nicht bereits deshalb zu ziehen sind, weil sie ein Dauerverlustgeschäft (das vorliegt, soweit aus verkehrs-, umwelt-, sozial-, kultur-, bildungs- oder gesundheitspolitischen Gründen eine wirtschaftliche Betätigung ohne kostendeckendes Entgelt unterhalten wird) ausüben-- und der hieraus folgenden Möglichkeit zur Verrechnung der Ergebnisse von Dauerverlustgeschäften mit deren anderer Tätigkeiten um eine steuerliche Begünstigung der öffentlichen Daseinsvorsorge (vgl. BTDrucks 16/10189, S. 69). Da der Gesetzgeber in der Entscheidung darüber, welche Sachverhalte oder Unternehmenszweige er durch solche steuerliche Förderungs- und Lenkungsnormen begünstigen möchte, --unter Beachtung des unionsrechtlichen Regelungsrahmens-- weitgehend frei ist (vgl. Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 20.04.2004 - 1 BvR 905/00, 1 BvR 1748/99, BVerfGE 110, 274; BFH-Urteil vom 28.10.2015 - I R 65/13, BFHE 253, 39, BStBl II 2016, 414) und es sich bei der Gleichartigkeit, die nach § 8 Abs. 9 Satz 3 Halbsatz 1 KStG bei der Aufnahme einer weiteren Tätigkeit für deren Spartenzuordnung --und damit für die Möglichkeit der Ergebnisverrechnung-- entscheidend ist, um einen jedenfalls nicht unsachlichen oder willkürlichen Differenzierungsgrund handelt, hat der Gesetzgeber seinen Gestaltungsspielraum aus der Sicht des erkennenden Senats nicht überschritten.

bb) Weiter besteht zwischen den Möglichkeiten zur Verlustverrechnung bei der Aufnahme einer weiteren Tätigkeit durch eine Kapitalgesellschaft im Sinne des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG und den für BgA bestehenden Regelungen keine zu beanstandende Ungleichbehandlung. So ordnet § 8 Abs. 8 Satz 1 KStG bei der Zusammenfassung von BgA im Sinne des § 4 Abs. 6 KStG die Anwendung von § 10d EStG auf den sich durch die Zusammenfassung ergebenden BgA an, während nicht ausgeglichene negative Einkünfte der einzelnen BgA aus der Zeit vor der Zusammenfassung nicht beim zusammengefassten BgA abgezogen werden können (§ 8 Abs. 8 Satz 2 KStG) und ein Rücktrag von Verlusten des zusammengefassten BgA auf die einzelnen BgA vor Zusammenfassung unzulässig ist (§ 8 Abs. 8 Satz 3 KStG). Ein bei einem BgA vor der Zusammenfassung festgestellter Verlustvortrag kann gemäß § 8 Abs. 8 Satz 4 KStG nach Maßgabe des § 10d EStG vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, den dieser BgA nach Beendigung der Zusammenfassung erzielt. Die Einschränkungen des § 8 Abs. 8 Satz 2 bis 4 KStG gelten allerdings nicht, wenn gleichartige BgA zusammengefasst oder getrennt werden. In der Folge sind bei der Aufnahme einer gleichartigen Tätigkeit in der Form eines BgA und dessen Zusammenfassung mit bestehenden BgA negative Einkünfte der einzelnen BgA aus der Zeit vor der Zusammenfassung ohne Einschränkungen nach Maßgabe des § 10d EStG abzugsfähig. Eben diese Rechtsfolge wird für Kapitalgesellschaften, für die § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG zur Anwendung kommt, durch § 8 Abs. 9 Satz 3 Halbsatz 1 KStG angeordnet, der lediglich nicht gleichartige Tätigkeiten einer neuen, gesonderten Sparte zuordnet, wohingegen gleichartige Tätigkeiten einer einheitlichen Sparte mit der Folge zuzuordnen sind, dass § 10d EStG gemäß § 8 Abs. 9 Satz 5 KStG für diese Sparte insgesamt Anwendung findet.

cc) Eine unzulässige Ungleichbehandlung folgt schließlich auch nicht aus dem für juristische Personen des öffentlichen Rechts --bei Erfüllen der Anforderungen des § 4 Abs. 6 KStG-- grundsätzlich bestehenden Wahlrecht zur Zusammenfassung mehrerer BgA und den hieraus folgenden Möglichkeiten zur Ergebnisverrechnung (s. oben IV.2.c bb (2)), da es juristischen Personen des öffentlichen Rechts frei steht, sich unmittelbar --das heißt mit einem BgA im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 4 Abs. 1 KStG-- oder in privatrechtlicher Form wirtschaftlich zu betätigen (vgl. BFH-Urteil vom 12.01.2011 - I R 112/09, BFH/NV 2011, 1194).

e) Damit sieht sich der erkennende Senat in Übereinstimmung mit der überwiegend im Schrifttum vertretenen Auffassung (Bracksiek, FR 2009, 15, 21; HHR/Bürstinghaus, § 8 KStG Rz 622; Gosch in Gosch, KStG, 4. Aufl., § 8 Rz 1044f; Klein/Müller/Döpper in Mössner/Oellerich/Valta, Körperschaftsteuergesetz, 5. Aufl., § 8 Rz 2911; Krämer in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Kommentar zum KStG, § 8 Rz 20; Lehmann in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 8 KStG Rz 662; Paetsch in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2. Aufl., § 8 Rz 1893 und 1894; Schiffers, Deutsche Steuer-Zeitung --DStZ-- 2020, 323, 331; anders BeckOK KStG/Micker, 19. Ed. [15.11.2023], § 8 Rz 1861; Tepfer/Lochocki, Die Unternehmensbesteuerung 2022, 513, 523; Streck/Schwedhelm/Olbing, KStG, 10. Aufl., § 8 Rz 529; nicht eindeutig Brandis/Heuermann/Rengers, § 8 KStG Rz 1138; lediglich referierend Bott/Hamacher/Schober/Schulz in Bott/Walter, KStG, § 8 Rz 1589.1). Sofern im Übrigen dem in Rz 79 des BMF-Schreibens vom 12.11.2009 (BStBl I 2009, 1303) gebildeten Beispiel zur "neue[n] Sparte 'Stromversorgung/Verkehrsbetrieb/Wasserversorgung'" ein anderes Verständnis zugrunde liegen sollte, schließt sich der erkennende Senat dem nicht an.

3. Im Streitfall ist das Urteil des FG danach auch hinsichtlich der Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide 2010 und 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

a) Zwar ist die Klage insoweit zulässig, insbesondere die gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2011 gerichtete Klage, auch wenn dieser Bescheid die Körperschaftsteuer auf 0 € festsetzte (sogenannter Nullbescheid). Aufgrund der aus § 8 Abs. 9 Satz 8 Halbsatz 2 KStG i.V.m. § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG folgenden Bindungswirkung des Körperschaftsteuerbescheids (s. oben III.1.) ist ein Steuerpflichtiger auch durch einen Nullbescheid beschwert, wenn bei der Festsetzung der Körperschaftsteuer ein aus seiner Sicht zu hoher Gesamtbetrag der Einkünfte infolge eines nicht berücksichtigten negativen Gesamtbetrags der Einkünfte einer Sparte oder infolge der Zuordnung von Tätigkeiten zu einer anderen Sparte im jeweiligen Veranlagungszeitraum zugrunde gelegt worden ist.

b) Die Klage ist indes unbegründet. Die Begründung der Organschaft zwischen der Klägerin und der B-AG im Jahr 2010 führt zu einer von der Sparte 1 des Jahres 2009 abweichenden, gesonderten Sparte, da keine im Sinne des § 8 Abs. 9 Satz 3 Halbsatz 1 KStG gleichartigen Tätigkeiten vorliegen. Ob die durch die B-AG ausgeübte Tätigkeit und die durch die A-GmbH unverändert ausgeübte Tätigkeit in den Jahren 2010 und 2011 gesonderten Sparten oder --wie vom FA A angenommen-- einer einheitlichen Sparte 3 zuzuordnen sind, kann dahingestellt bleiben, da eine Verböserung zulasten der Klägerin im gerichtlichen Verfahren nicht in Betracht kommt.

aa) § 8 Abs. 9 KStG ist auf die Ermittlung des Einkommens und des Gewerbeertrags der Klägerin anzuwenden. Nach § 15 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 KStG ist § 8 Abs. 9 KStG im Fall einer Organschaft bei der Organgesellschaft nicht anzuwenden. Vielmehr ist in Fällen, in denen in dem dem Organträger zugerechneten Einkommen das Einkommen einer Kapitalgesellschaft enthalten ist, auf die § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG anzuwenden ist, § 8 Abs. 9 KStG (erst) bei der Ermittlung des Einkommens des Organträgers zu berücksichtigen (§ 15 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 KStG; vgl. auch BFH-Urteil vom 16.12.2020 - I R 41/17, BFHE 271, 521, BStBl II 2021, 872, Rz 14). Diese Anforderungen sind im Streitfall erfüllt.

§ 15 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 KStG ist bereits dann anzuwenden, wenn wenigstens eine Organgesellschaft ein Dauerverlustgeschäft unterhält (Frotscher in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 15 KStG Rz 146). Dies ist im Streitfall für die A-GmbH als Organgesellschaft der Klägerin der Fall, da es sich bei deren Tätigkeit um ein Dauerverlustgeschäft handelt, das die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG erfüllt. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter wäre nicht bereit gewesen, Leistungen zu erbringen, die an sich dem Alleingesellschafter obliegen (hier: Verkehrstätigkeit als kommunale Daseinsvorsorge), und dafür auf Dauer Verluste hinzunehmen, die bei dem Gesellschafter zu einem Vorteil in Gestalt der Ersparnis von Aufwendungen führen.

Da es sich um ein gemäß § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG begünstigtes Dauerverlustgeschäft aus verkehrspolitischen Gründen handelt, sind die Rechtsfolgen einer vGA gemäß § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG nicht zu ziehen. Zudem erfüllt die Klägerin als Organträgerin --wie für die Anwendung von § 15 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 KStG erforderlich (BFH-Urteil vom 16.12.2020 - I R 41/17, BFHE 271, 521, BStBl II 2021, 872, Rz 21; ebenso Krämer/Pung in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Kommentar zum KStG, § 15 Rz 99d; anders Rödder/Liekenbrock in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2. Aufl., § 15 Rz 147; Heurung/Seidel, Betriebs-Berater --BB-- 2009, 1786, 1789; Schiffers, DStZ 2018, 417, 427; vgl. auch Oberfinanzdirektion Karlsruhe, Verfügung vom 19.07.2018, Der Betrieb --DB-- 2018, 1953, 1955)-- auf Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG die Voraussetzungen einer Kapitalgesellschaft im Sinne des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG. Ihre alleinige Anteilseignerin ist die Stadt, die letztlich die Verluste aus der Verkehrstätigkeit getragen hat, wofür ausreicht, dass sich die aufgrund der von der Klägerin erzielten Erlöse aus der Vermietung von gepachteten und eigenen Immobilien möglichen Dividendeneinnahmen der Stadt gemindert haben (vgl. BFH-Urteile vom 16.12.2020 - I R 41/17, BFHE 271, 521, BStBl II 2021, 872 und vom 11.12.2018 - VIII R 44/15, BFHE 263, 407, BStBl II 2021, 347).

bb) Bei Anwendung von § 8 Abs. 9 KStG ist das der Klägerin für 2010 und 2011 zuzurechnende Einkommen der B-AG nicht der vom FA A gebildeten Sparte 1 zuzuordnen, da es auf Grundlage der vom FG getroffenen Feststellungen an der für § 8 Abs. 9 Satz 3 Halbsatz 1 KStG erforderlichen tätigkeitsbezogenen Gleichartigkeit (s. oben IV.2.) in Bezug auf die hier vorliegenden Verkehrs- und Versorgungsbetriebe fehlt. Daher beeinflusst --wie sich aus § 8 Abs. 9 Satz 4 und 5 KStG (i.V.m. § 10a Satz 9 GewStG) ergibt-- der sich bis einschließlich des Jahres 2009 für die Tätigkeit der A-GmbH ergebende negative Gesamtbetrag der Einkünfte nicht die Ergebnisse der Jahre 2010 und 2011 aus der Tätigkeit der B-AG.

(1) Verkehrs- und Versorgungsbetriebe sind nicht bereits für sich genommen gleichartig im Sinne von § 8 Abs. 9 Satz 3 Halbsatz 1 KStG. Zwar hat der BFH vor Einführung des § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG durch das Jahressteuergesetz 2009 entschieden, dass Verkehrsbetriebe als auch Betriebe zur Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, Gas, Elektrizität oder Wärme (Versorgungsbetriebe im engeren Sinne) Grundbedürfnisse der Bevölkerung zu tragbaren Bedingungen erfüllen sollen und daher wegen gleichartiger Ziele vergleichbar sind (BFH-Urteil vom 08.11.1989 - I R 187/85, BFHE 159, 52, BStBl II 1990, 242, unter II.B.3. und 4.). Dies lässt sich jedoch nicht auf die nach § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG bestehende Rechtslage mit der dort vorgesehenen --und ansonsten obsoleten-- Unterscheidung zwischen einer Zusammenfassung wegen Gleichartigkeit (§ 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 KStG) und einer Zusammenfassung von Versorgungs-, Verkehrs- und Hafenbetrieben (§ 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 4 Abs. 3 KStG) übertragen (ebenso BMF-Schreiben vom 12.11.2009, BStBl I 2009, 1303, Rz 4 Satz 2; Paetsch in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2. Aufl., § 4 Rz 129; Bracksiek, FR 2009, 15, 16; anders Hölzer, DB 2021, 2378). Gleiches gilt für § 8 Abs. 9 Satz 3 Halbsatz 1 KStG, der, wie vorstehend ausgeführt (s. oben IV.2.), mit dem Abstellen auf eine (nicht) gleichartige Tätigkeit ausschließlich § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 KStG in Bezug nimmt.

(2) Zudem fehlt es an einer Gleichartigkeit der Tätigkeiten gemäß dem --jedenfalls soweit wie hier gewerbliche Tätigkeiten in Rede stehen-- auch für § 8 Abs. 9 Satz 3 Halbsatz 1 KStG maßgeblichen Begriffsverständnis des § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 KStG.

Danach sind Tätigkeiten "gleichartig", wenn die gewerblichen Betätigungen im gleichen Gewerbezweig ausgeübt werden (BFH-Urteile vom 11.02.1997 - I R 161/94, BFH/NV 1997, 625; vom 04.09.2002 - I R 42/01, BFH/NV 2003, 511). Hierfür ist in erster Linie auf die gewerbliche Betätigung selbst und damit auf das äußere Erscheinungsbild der jeweiligen Tätigkeit abzustellen und nicht auf die damit verfolgten Ziele (BFH-Urteil vom 15.03.2023 - I R 49/20, BFH/NV 2023, 962). Darüber hinaus kann Gleichartigkeit auch vorliegen, wenn sich die gewerblichen Betätigungen zwar unterscheiden, aber einander ergänzen. So können --wenn eine hinreichende funktionelle Verbindung besteht-- einander ergänzende gewerbliche Tätigkeiten im Falle unterschiedlicher Produktions- und Vertriebsstufen vorliegen (BFH-Urteil vom 04.09.2002 - I R 42/01, BFH/NV 2003, 511).

Gemessen daran werden nach den für den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG die von der A-GmbH ([Beförderung von Personen und Gegenständen mit Kraftfahrzeugen und Bahnen]) und der B-AG ([Tätigkeiten im Elektrizitäts- und Gasbereich, Wasser- und Fernwärmeversorgung sowie Aktivitäten im Beteiligungs- und Finanzbereich]) ausgeübten Tätigkeiten weder im gleichen Gewerbezweig ausgeübt, noch sind Anhaltspunkte dafür dargetan oder sonst ersichtlich, dass die verschiedenen Tätigkeiten in einer funktionellen Verbindung stehen und sich ergänzen.

(3) Eine Gleichartigkeit folgt im Streitfall auch nicht aus dem Umstand, dass die Dividenden aus der Beteiligung an der B-AG im Streitjahr 2009 --und damit vor Begründung der Organschaft-- in die Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte der Sparte 1 einbezogen wurden. Ungeachtet der Frage, ob dies zu Recht erfolgte oder ob es sich bei dem Halten der Beteiligung nicht vielmehr um eine Tätigkeit im Sinne des § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 KStG handelt, hat der für die B-AG ab dem Streitjahr 2010 anwendbare § 15 Satz 1 Nr. 5 KStG zur Folge, dass das von der B-AG als Organgesellschaft erzielte Einkommen der Klägerin als Organträgerin zugerechnet wird und dies mit dem Halten einer Beteiligung nicht vergleichbar ist.

(4) Abweichendes ergibt sich schließlich auch nicht aus der vom FA A erteilten verbindlichen Auskunft vom 29.11.2010. Denn diese bezieht sich --entsprechend der von der Klägerin zur Klärung gestellten Rechtsfrage und damit wie die Klägerin als Empfängerin nach den ihr bekannten Umständen deren materiellen Gehalt unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 12.08.2015 - I R 45/14, BFHE 251, 119)-- ausschließlich auf die Aufnahme der B-AG "in den steuerlichen Querverbund" und die Möglichkeit einer "Ergebnisverrechnung", nicht aber auf die --hier streitige-- Frage des intertemporalen Verlustausgleichs.

cc) Auf dieser Grundlage kann zum einen dahinstehen, ob Tätigkeiten von Organgesellschaften, die --wie möglicherweise die B-AG-- kein Dauerverlustgeschäft im Sinne des § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG ausüben, in jedem Fall der einheitlichen Sparte des § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 KStG zuzuordnen sind (so Krämer/Pung in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Kommentar zum KStG, § 15 Rz 99c; vgl. auch Heurung/Seidel, BB 2009, 1786, 1789), so dass im Streitfall eine Verrechnung mit dem unter § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 KStG fallenden Einkommen der A-GmbH von vornherein nicht in Betracht käme. Zum anderen kann --hierauf aufbauend-- im Streitfall offen bleiben, ob die Rechtsfolge des § 8 Abs. 9 Satz 3 Halbsatz 1 KStG --entgegen der im Einklang mit dem BMF-Schreiben vom 12.11.2009 (BStBl I 2009, 1303, Rz 79) erfolgten Handhabung durch das FA A-- dahingehend zu verstehen ist, dass die von der B-AG ausgeübte Tätigkeit einer gesonderten Sparte zuzuordnen ist, während die durch die A-GmbH unverändert ausgeübte Tätigkeit auch in den Jahren 2010 und 2011 weiterhin in die vom FA A gebildete Sparte 1 fällt. All dies bedarf im Streitfall keiner Entscheidung, da eine Änderung der angefochtenen Bescheide, denen das FA A das Ergebnis aus einer einheitlichen Sparte 3 zugrunde gelegt hat, in der die verlustbringende Tätigkeit der A-GmbH mit der gewinnbringenden Tätigkeit der B-AG saldiert wurde, zulasten der Klägerin wegen des gerichtlich zu beachtenden Verböserungsverbots nicht in Betracht kommt.

4. Das gerichtliche Verböserungsverbot führt --hinsichtlich der Verluste des Verkehrsbetriebs der A-GmbH, die das FA A in den Streitjahren 2010 und 2011 zur Verrechnung mit Gewinnen aus der Versorgungstätigkeit der B-AG zugelassen hat-- auch dazu, dass kein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zu richten ist. Denn selbst wenn der EuGH entscheiden sollte, dass § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 8 Abs. 9 KStG dem beihilferechtlichen Durchführungsverbot gemäß Art. 108 Abs. 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterfällt, dürfte die Rechtsposition der Klägerin im Vergleich zur Rechtslage vor Klageerhebung nicht verschlechtert werden (vgl. BFH-Urteile vom 16.12.2020 - I R 41/17, BFHE 271, 521, BStBl II 2021, 872; vom 15.07.2020 - I R 55/17, BFH/NV 2021, 545; BFH-Beschluss vom 23.09.2019 - I R 25/17, BFH/NV 2020, 522). Nationale Gerichte sind nicht verpflichtet, von Amts wegen eine Vorschrift des Unionsrechts anzuwenden, wenn dabei infolge einer derartigen Anwendung den im einschlägigen nationalen Recht verankerten Grundsatz des Verbots der "reformatio in peius" durchbrochen werden müsste (EuGH-Urteil Heemskerk und Schaap vom 25.11.2008 - C-455/06, EU:C:2008:650).