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BFH: Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Bonuszahlungen im sogenannten Zentralregulierungsgeschäft

Umsatzsteuer

BFH, Urteil vom 23.10.2024, XI R 6/22
Verfahrensgang: FG Münster, 15 K 3483/18 U vom 23.03.2021

Leitsatz:

1. NV: Preisnachlässe, die ein Zentralregulierer seinen Anschlusskunden für den Bezug von Waren von bestimmten Lieferanten gewährt, mindern nicht die Bemessungsgrundlage für die Leistungen, die der Zentralregulierer gegenüber den Lieferanten erbringt, und führen dementsprechend auch nicht zu einer Berichtigung des Vorsteuerabzugs beim Anschlusskunden (Anschluss an die Urteile des Bundesfinanzhofs vom 03.07.2014 - V R 3/12, BFHE 246, 258, BStBl II 2015, 307; vom 29.08.2024 - V R 20/23, BFH/NV 2025, 28).

2. NV: Der Umstand, dass der Zentralregulierer den Anschlusskunden Boni zahlt, die er zuvor von den Warenlieferanten in gleicher Höhe erhalten hat, führt zu keiner anderen Beurteilung; soweit die Boni nicht innerhalb einer Kette von Umsätzen gewährt werden, scheidet eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs aus dem Liefergeschäft aus.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten über die umsatzsteuerrechtliche Einordnung von Bonuszahlungen im sogenannten Zentralregulierungsgeschäft.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Unternehmerin und betreibt im Wesentlichen den Handel mit Waren aus dem Sanitärbereich. Im Jahr 2012 (Streitjahr) war sie Gesellschafterin der X-GmbH & Co. KG (X), die für ihre Gesellschafter verschiedene Dienstleistungen übernahm, insbesondere das Delkredere, die Zentralregulierung sowie weitere Funktionen gegenüber den Lieferanten.

Ihre Waren bestellte die Klägerin bei den Vertragslieferanten der X. Aus den Warenrechnungen machte sie den Vorsteuerabzug geltend.

Die X vereinbarte mit den Vertragslieferanten jährlich die Bedingungen für die Zentralregulierung, für das Delkredere und für die Warenlieferungen an die Gesellschafter der X --also auch die Klägerin-- einschließlich der Einkaufspreise. An den Verhandlungen nahmen weder die Klägerin noch andere Gesellschafter teil. Für sie bestand auch keine Möglichkeit, die Verhandlungen zu beeinflussen oder Konditionen mit den Vertragslieferanten nachzuverhandeln. Den Gesellschaftern der X wurden die ausgehandelten Bedingungen lediglich mitgeteilt.

Die so vereinbarten Konditionen bezogen sich auch auf Boni, die im Einzelnen unterschiedliche Namen trugen (etwa Gruppen-, Haus-, Partnerboni). Die X vereinnahmte diese Boni von den Vertragslieferanten. Sie zahlte diese zu festen Zeitpunkten, regelmäßig quartalsweise, an die Klägerin und die weiteren Gesellschafter in vollem Umfang aus. Neben den Boni gewährten die Vertragslieferanten der X Skonti und Rabatte und zahlten ihr eine Delkredere- und Zentralregulierungsgebühr.

Die Klägerin setzte seinerzeit die Bemessungsgrundlage ihres Vorsteuerabzugs um die Skonti und Rabatte, die Delkredere- und Zentralregulierungsgebühr sowie um die erhaltenen Boni herab (§ 17 Abs. 1 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes --UStG--). Entsprechend erklärte sie unter dem 04.07.2013 mit ihrer Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr, die einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstand (§ 168 der Abgabenordnung --AO--), eine verbleibende Umsatzsteuer in Höhe von ... €.

Mit Bescheid vom 24.02.2016 hob der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt --FA--) den Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 3 AO auf, was die Klägerin mit dem Einspruch angriff. Sie machte unter anderem geltend, dass die ursprüngliche Vorsteuerberichtigung wieder insoweit rückgängig zu machen sei, als sie auf die an die X entrichteten Delkredere- und Zentralregulierungsgebühren wie auch auf die an die X gezahlten und an die Klägerin weitergeleiteten Boni entfiele.

Während des Einspruchsverfahrens änderte das FA am 11.05.2016 den Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO und setzte die Umsatzsteuer auf ... € herab. Dabei folgte es der Klägerin insoweit, als es die Vorsteuerkorrektur im Hinblick auf die Delkredere- und Zentralregulierungsleistungen rückgängig machte. Deren umsatzsteuerrechtliche Würdigung steht zwischen den Beteiligten nicht mehr im Streit. Gleiches gilt für die Vorsteuerberichtigung wegen Skonti und Rabatten.

Soweit die Klägerin --über die Delkredere- und Zentralregulierungsgebühren hinaus-- auch die Rückgängigmachung der entsprechenden Vorsteuerberichtigung wegen der von der X an die Klägerin gezahlten Boni begehrte, hatte dies keinen Erfolg. Das FA wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 09.10.2018 als unbegründet zurück. Die streitigen Boni seien Entgelt in der Leistungsbeziehung zwischen den Vertragslieferanten und der Klägerin, weshalb der Vorsteuerabzug zu Recht berichtigt worden sei.

Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen gerichtete Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2021, 1418 veröffentlichten Urteil ab. Es führte aus, die Boni-Zahlungen stünden in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den Lieferungen der Vertragslieferanten an die Klägerin. Sie führten daher --wie von der Klägerin ursprünglich erklärt-- zu einer Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG; eine Rückgängigmachung dieser Berichtigung habe folglich zu unterbleiben. Bei den streitigen Boni handele es sich der Sache nach um Minderungen des Einkaufspreises.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

Sie greift die Bewertung des FG an und macht geltend, zwischen den erhaltenen Boni und den Warenlieferungen bestehe kein unmittelbarer Zusammenhang. Die Boni stünden als Entgelt in unmittelbarem Zusammenhang mit sonstigen Leistungen der X gegenüber den Vertragslieferanten (insbesondere für das Delkredere und die Zentralregulierung) und seien diesem Leistungsverhältnis zuzuordnen. Die X befinde sich nicht in der Lieferkette.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

unter Aufhebung der Vorentscheidung und der Einspruchsentscheidung vom 09.10.2018 den Änderungsbescheid über Umsatzsteuer für das Streitjahr vom 11.05.2016 dahingehend zu ändern, dass der Vorsteuerbetrag um ... € erhöht wird.

Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Das FG hat zu Unrecht dahin erkannt, dass die Boni, welche die Klägerin von der X erhielt, die Bemessungsgrundlage der Warenumsätze mindern, die von den Vertragslieferanten an die Klägerin ausgeführt wurden (1.). Die Sache ist nicht spruchreif, denn das FG hat nicht geprüft, ob die Boni Entgelt in einem anderen Leistungsverhältnis sein können und deshalb der Umsatzsteuer zu unterwerfen sind (2.).

1. Hinsichtlich der erhaltenen Boni findet eine Vorsteuerberichtigung bei der Klägerin nicht statt. Soweit sie ursprünglich den Vorsteuerabzug entsprechend berichtigte, ist dies --zu ihren Gunsten-- rückgängig zu machen.

a) Ändert sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. Ebenfalls ist der Vorsteuerabzug bei dem Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt wurde, nach § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG zu berichtigen.

aa) Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs beruht unionsrechtlich auf Art. 184 ff. der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwStSystRL-- (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29.03.2017 - XI R 5/16, BFHE 257, 465, BStBl II 2017, 738, Rz 18; vom 06.12.2023 - XI R 5/20, BFHE 282, 186, BStBl II 2024, 316, Rz 24; BFH-Beschluss vom 13.11.2018 - V B 60/18, BFH/NV 2019, 134, Rz 4). Nach Art. 185 Abs. 1 MwStSystRL erfolgt die Berichtigung unter anderem dann, wenn sich die Faktoren, die bei der Bestimmung des Vorsteuerabzugs berücksichtigt werden, nach Abgabe der Mehrwertsteuererklärung geändert haben, zum Beispiel bei rückgängig gemachten Käufen oder erlangten Rabatten.

bb) Soweit es um die Gewährung von Rabatten außerhalb der Leistungskette geht, hatte der BFH dazu zunächst entschieden, dass Preisnachlässe, die eine Einkaufsgenossenschaft als Zentralregulierer ihren Mitgliedern --zusätzlich zu dem von den Warenlieferanten an die Mitglieder eingeräumten Skonto-- für den Warenbezug gewährt ("Zusatzskonto"), die Bemessungsgrundlage des Umsatzes der von der Einkaufsgenossenschaft gegenüber den Warenlieferanten erbrachten Leistungen (Zentralregulierung, Bürgschaftsübernahme et cetera) mindern, die Vorsteuer mit anderen Worten also auch in einem anderen Leistungsverhältnis als demjenigen, in dem der Preisnachlass originär gewährt wird, zu berichtigen ist (vgl. BFH-Urteil vom 13.03.2008 - V R 70/06, BFHE 221, 429, BStBl II 2008, 997; vgl. dazu grundlegend Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- Elida Gibbs vom 24.10.1996 - C-317/94, EU:C:1996:400).

cc) Diese Rechtsprechung ist jedoch durch das EuGH-Urteil Ibero Tours vom 16.01.2014 - C-300/12, EU:C:2014:8 überholt. Der EuGH hat entschieden, dass sich aus dem EuGH-Urteil Elida Gibbs vom 24.10.1996 - C-317/94, EU:C:1996:400 keine Entgeltminderung für den Fall ergibt, dass "ein Reisebüro als Vermittler dem Endverbraucher aus eigenem Antrieb und auf eigene Kosten einen Nachlass auf den Preis der vermittelten Leistung gewährt, die von dem Reiseveranstalter erbracht wird". Danach wirkt sich der Preisnachlass nicht auf das Entgelt der vom Vermittler an den Reiseveranstalter erbrachten Dienstleistungen aus, da der Vermittler keinen Nachlass für die im Rahmen der Vermittlungstätigkeit an den Reiseveranstalter erbrachten Dienstleistungen gewährt.

dd) Der BFH hat seine Rechtsprechung daraufhin entsprechend geändert (vgl. BFH-Urteil vom 03.07.2014 - V R 3/12, BFHE 246, 258, BStBl II 2015, 307, Rz 24 f.) und hält an dieser Änderung weiter fest (vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 29.08.2024 - V R 20/23, BFH/NV 2025, 28, Rz 12). Nunmehr gilt, dass Preisnachlässe, die ein Zentralregulierer seinen Anschlusskunden für den Bezug von Waren von bestimmten Lieferanten gewährt, nicht die Bemessungsgrundlage für die Leistungen mindern, die der Zentralregulierer gegenüber den Lieferanten erbringt, und dementsprechend auch nicht zu einer Berichtigung des Vorsteuerabzugs beim Anschlusskunden führen (vgl. BFH-Urteile vom 03.07.2014 - V R 3/12, BFHE 246, 258, BStBl II 2015, 307, Leitsatz 1; vom 29.08.2024 - V R 20/23, BFH/NV 2025, 28, Rz 12). Denn eine solche Berichtigung des Vorsteuerabzugs setzt das Vorliegen einer Leistungskette voraus. Hieran fehlt es, wenn der Vertragslieferant den Anschlusskunden unmittelbar beliefert und der Zentralregulierer eine sonstige Leistung wie insbesondere eine Vermittlungs- oder Vertragsabwicklungsleistung gegen Entgelt an den Vertragslieferanten erbringt (vgl. BFH-Urteile vom 03.07.2014 - V R 3/12, BFHE 246, 258, BStBl II 2015, 307, Rz 24 f.; vom 29.08.2024 - V R 20/23, BFH/NV 2025, 28, Rz 12). Demnach kann ein Vermittler das Entgelt für seine Vermittlungsleistung nicht mindern, indem er dem Kunden der von ihm vermittelten Leistung einen Preisnachlass gewährt.

b) Ausgehend davon ist die Vorentscheidung aufzuheben.

aa) Das FG hat ausgeführt, die Boni, welche von den Vertragslieferanten an die X und von dieser an die Klägerin gezahlt wurden, führten bei der Klägerin zu einer Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG hinsichtlich ihrer Eingangsumsätze mit den Vertragslieferanten, weil die Zahlungen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den Lieferungen der Lieferanten an die Anschlusskunden --hier an die Klägerin-- stünden. So habe die Höhe der von den Lieferanten zu zahlenden Gruppenboni ausschließlich vom Umfang der Bestellungen durch die Anschlusskunden abgehangen. Die Boni seien außerdem in ungekürzter Höhe weitergeleitet und bei der X auf einem separaten Treuhandkreis gebucht worden.

bb) Dies widerspricht der unter II.1.a genannten, geänderten Rechtsprechung des BFH.

Ausgehend von der unter II.1.a genannten Rechtsprechung hat eine Vorsteuerberichtigung im Streitfall zu unterbleiben; denn die X befindet sich nicht in der Leistungskette.

(1) Mit dem FG mag es im Ausgangspunkt zwar zutreffend sein, dass die Zahlungen der Boni an die Klägerin in einem engen Zusammenhang mit den Lieferungen der Lieferanten an die Anschlusskunden stehen, hier also den Lieferungen an die Klägerin. Dieser Umstand grenzt den vorliegenden Fall aber nicht, wie das FG annimmt, von der Konstellation ab, über die der EuGH in seinem Urteil Ibero Tours vom 16.01.2014 - C-300/12, EU:C:2014:8 entschieden hat, sondern ist bei Rabatten, die Vermittler gewähren, gängige Praxis. Auch der bei Ibero Tours streitige Nachlass des Vermittlers auf den Preis der vermittelten Leistung stand in einem engen Zusammenhang mit dem Abschluss des vermittelten Geschäfts durch den Endkunden. Wie in anderen --womöglich gar allen-- Vermittlungskonstellationen gewährt der Vermittler dem Endkunden einen Preisnachlass nämlich nur deshalb, weil es zum Abschluss des vermittelten Geschäfts kommt, woraus der Vermittler seinerseits regelmäßig wirtschaftliche Vorteile zieht.

(2) Da sich die X nicht in der Leistungskette befindet, entstammen die Boni, die die Klägerin von ihr erhielt, der Vermittlungstätigkeit der X gegenüber den Vertragslieferanten und der Klägerin. Dies zeigt sich auch daran, dass die X die Bedingungen für die Zentralregulierung, für das Delkredere und für die Warenlieferungen an die Gesellschafter der X einschließlich der hier im Streit stehenden Boni mit den Vertragslieferanten jährlich verhandelte, ohne dass die Klägerin oder andere Anschlusskunden nach den Feststellungen des FG eine Möglichkeit gehabt hätten, darauf Einfluss zu nehmen.

c) Die weitere Rechtsprechung des EuGH steht dem nicht entgegen.

aa) Zwar hat der EuGH zwischenzeitlich entschieden, dass die Grundsätze seines Urteils Elida Gibbs Ltd. vom 24.10.1996 - C-317/94, EU:C:1996:400 auch dann anzuwenden sein können, wenn der Preisnachlass an einen Dritten gewährt wird, der lediglich als Kostenträger fungiert (vgl. EuGH-Urteil Boehringer Ingelheim Pharma vom 20.12.2017 - C-462/16, EU:C:2017:1006, Rz 37 ff.). Zu dieser Annahme gelangte der EuGH aber im Wesentlichen mit dem Argument, dass der Hersteller eines Arzneimittels den sogenannten Herstellerrabatt an die private Krankenversicherung gesetzlich zu gewähren habe und über den so zu erstattenden Entgeltanteil daher nicht frei verfügen könne (vgl. EuGH-Urteil Boehringer Ingelheim Pharma vom 20.12.2017 - C-462/16, EU:C:2017:1006, Rz 43 ff.).

bb) Ebenso hat der EuGH mit dem Urteil Novo Nordisk A/S vom 12.09.2024 - C-248/23, EU:C:2024:735 entschieden, dass nach Art. 90 Abs. 1 MwStSystRL ein pharmazeutisches Unternehmen, das Zahlungen zugunsten des staatlichen Krankenversicherungsträgers aus den Einnahmen zu leisten hat, die es mit öffentlich bezuschussten Arzneimitteln erzielt, zur Minderung der Bemessungsgrundlage berechtigt ist, wobei die Zahlungen kraft Gesetzes erfolgen, von den Zahlungen auch Investitionen in Forschung und Entwicklung für den Gesundheitssektor abgezogen werden und der zu zahlende Betrag von der Steuerbehörde eingezogen wird, die ihn unverzüglich an den Krankenversicherungsträger weiterleitet (vgl. EuGH-Urteil Novo Nordisk A/S vom 12.09.2024 - C-248/23, EU:C:2024:735, Rz 58).

cc) Dies unterscheidet die beiden Fälle von dem Vorliegenden, in dem gerade kein von Gesetzes wegen zu beachtender Abschlag ("Rabatt") im Streit steht (so auch BFH-Urteil vom 29.08.2024 - V R 20/23, BFH/NV 2025, 28, Rz 22, bezüglich des EuGH-Urteils Boehringer Ingelheim Pharma vom 20.12.2017 - C-462/16, EU:C:2017:1006). Die X war nicht kraft Gesetzes verpflichtet, der Klägerin die vorliegend im Streit stehenden Boni zu gewähren.

d) Etwas Abweichendes lässt sich auch nicht aus dem BFH-Urteil vom 29.08.2024 - V R 20/23 (BFH/NV 2025, 28) herleiten.

Zwar unterscheidet sich der dortige Sachverhalt von dem hiesigen dadurch, dass dort der Zentralregulierer klagte, der ein eigenes Bonussystem unterhielt, das er mit seinen Mitgliedern unabhängig von etwaigen Zahlungen der Lieferanten vereinbart hatte. Allerdings hat der BFH auch dort ausdrücklich nach den verschiedenen Leistungsbeziehungen differenziert: der des Zentralregulierers mit dem einzelnen Lieferanten, der des Zentralregulierers mit dem jeweiligen Mitglied und schließlich derjenigen zwischen dem Mitglied und dem einzelnen Lieferanten. Weil die Boni außerhalb der Leistungskette (auf Grund der Bonusvereinbarungen zwischen der dortigen Klägerin als Zentralreguliererin mit ihren Mitgliedern) gezahlt worden waren, konnten sie bei der Klägerin nicht zu einer Änderung der Bemessungsgrundlage der an die Lieferanten erbrachten Leistungen führen (vgl. BFH-Urteil vom 29.08.2024 - V R 20/23, BFH/NV 2025, 28, Rz 16). Davon geht der Senat auch hier aus; die Bonusvereinbarung als Rechtsverhältnis steht, wie auch im Fall des BFH-Urteils vom 29.08.2024 - V R 20/23 (BFH/NV 2025, 28) außerhalb der Leistungskette.

2. Die Sache ist nicht spruchreif. Der Senat vermag den Streitfall auf Grundlage der Feststellungen des FG nicht abschließend zu entscheiden. Die Klage könnte aus anderen als vom FA geltend gemachten Gründen abzuweisen sein; dies führt zur Zurückverweisung an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung. Das FG hat --von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent-- nicht geprüft, ob die streitigen Bonuszahlungen im Übrigen als Entgelt(-minderung) für eine nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbare Leistung zu bewerten sind. Dies muss es nachholen.

a) Zunächst könnte die X eine oder mehrere Leistungen gegen Entgelt (Beiträge der Klägerin) an die Klägerin erbracht haben, deren Bemessungsgrundlage sich durch den Bonus gemindert haben könnte. Insoweit ist insbesondere zu prüfen, ob das Rechtsverhältnis rein auf nicht steuerbarer, gesellschaftsrechtlicher Ebene bestand oder bereits eine steuerbare, entgeltliche Leistung einer Personenvereinigung an ihre Mitglieder vorlag. Letzteres setzte voraus, dass konkrete Leistungsbeziehungen zwischen der Personenvereinigung --hier der X-- und des Gesellschafters --hier der Klägerin-- vorlägen und zwischen der erbrachten Leistung und dem hierfür erhaltenen Gegenwert (Beitrag) ein unmittelbarer Zusammenhang bestünde (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 15.04.2010 - V R 10/08, BFHE 229, 406, BStBl II 2010, 879, Rz 19, 25; vom 04.07.2013 - V R 33/11, BFHE 242, 280, BStBl II 2013, 937, Rz 16 f.; s.a. BFH-Beschluss vom 13.09.2022 - XI R 8/20, BFHE 277, 536, BStBl II 2023, 728, Rz 31 f.). Sollte die Klägerin insoweit einen Vorsteuerabzug vorgenommen haben, der insoweit zu berichtigen sein könnte, hinge die Berichtigung im Weiteren nicht davon ab, dass ihr zuvor eine berichtigte Rechnung erteilt wurde (vgl. BFH-Urteil vom 30.11.1995 - V R 57/94, BFHE 179, 453, BStBl II 1996, 206, unter II.2.a).

b) Sollte keine Leistung der X an die Klägerin in Betracht kommen, wäre umgekehrt eine Leistung der Klägerin gegenüber der X zu prüfen, für welche die gezahlten Boni Entgelt sein könnten.