BFH: Vorläufigkeitsvermerk zur Gewinnerzielungsabsicht bei einer nebenberuflichen Anwaltstätigkeit
Abgabenordnung / Einkommensteuer
BFH, Beschluss vom 17.07.2024, VIII B 48/23
Verfahrensgang: FG Münster, 14 K 1263/21 E vom 21.04.2023
Leitsatz:
NV: Bei der nebenberuflichen Anwaltstätigkeit einer Syndikusrechtsanwältin in eigener Kanzlei darf aufgrund einer dauerhaften Verlustsituation ein Vorläufigkeitsvermerk gemäß § 165 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung hinsichtlich einer ungewissen Gewinnerzielungsabsicht jedenfalls dann ergehen, wenn die Art und Weise der Betriebsführung der Kanzlei unklar ist. Weitere Umstände des Einzelfalls, die den grundsätzlich bestehenden Anscheinsbeweis für eine Gewinnerzielungsabsicht der nebenberuflichen anwaltlichen Tätigkeit in der eigenen Kanzlei erschüttern, müssen nicht festgestellt werden.
Gründe:
Die Beschwerde der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist unbegründet. Die Voraussetzungen der geltend gemachten Zulassungsgründe gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sind nicht erfüllt.
1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.
a) Die Klägerin wirft folgende Rechtsfragen auf, die sie für grundsätzlich bedeutsam hält:
Kann bei einer Syndikusrechtsanwältin, die im Nebenberuf Rechtsanwältin ist, die Tätigkeiten sich mithin ergänzen, eine Gewinnerzielungsabsicht fehlen?
Können durch den Einnahmen vorgelagerte Auszahlungen entstehende Verluste, die erst nach einem in der Zukunft zu erlassenden Kostenfestsetzungsbeschluss zu Einzahlungen führen, zu einem für die Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht relevanten Verlust führen?
b) Für beide Rechtsfragen ist eine grundsätzliche Bedeutung jedoch zu verneinen. Die erste Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig und im Streitfall nicht entscheidungserheblich. Die zweite Rechtsfrage ist ebenfalls nicht entscheidungserheblich und wäre damit in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig.
aa) Gegenstand des Rechtsstreits ist nur, ob das Finanzgericht (FG) es zutreffend nicht beanstandet hat, dass der Beklagte und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) die Einkommensteuerfestsetzung für das Jahr 2016 (Streitjahr) wegen einer tatsächlichen Ungewissheit im Hinblick auf die Gewinnerzielungsabsicht der Klägerin gemäß § 165 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) für vorläufig erklärt hat. Ob eine Gewinnerzielungsabsicht im Streitjahr überhaupt vorliegt, hat das FG ausdrücklich nicht entschieden (S. 13 des FG-Urteils).
bb) Hinsichtlich der ersten aufgeworfenen Frage ist geklärt, dass auch eine ungewisse Gewinnerzielungsabsicht zu einem Vorläufigkeitsvermerk führen kann (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25.10.1989 - X R 109/87, BFHE 159, 128, BStBl II 1990, 278, unter 2.b); weiter ist geklärt, dass auch bei hauptberuflichen Anwälten eine Gewinnerzielungsabsicht nicht unwiderlegbar zu vermuten ist (BFH-Urteil vom 14.12.2004 - XI R 6/02, BFHE 208, 557, BStBl II 2005, 392; s.a. BFH-Beschlüsse vom 19.08.2004 - XI B 9/04, juris; vom 25.05.2012 - III B 233/11, BFH/NV 2012, 1453, Rz 9; vom 03.02.2015 - III B 37/14, BFH/NV 2015, 857, Rz 10; vom 18.04.2013 - VIII B 135/12, BFH/NV 2013, 1556, Rz 5). Die Klägerin trägt keine durchgreifenden Gesichtspunkte dafür vor, warum diese Grundsätze bei einer nebenberuflich tätigen Anwältin, die hauptberuflich als Syndikusrechtsanwältin tätig ist, nicht zur Anwendung kommen sollten. Zudem ist im Streitfall nicht endgültig zu entscheiden, ob die Klägerin mit Gewinnerzielungsabsicht bezogen auf ihre freiberufliche anwaltliche Tätigkeit gehandelt hat, sondern nur, ob der Einkommensteuerbescheid des Streitjahrs wegen des beigefügten Vorläufigkeitsvermerk zur Frage der Gewinnerzielungsabsicht rechtmäßig ist.
cc) Die zweite aufgeworfene Rechtsfrage ist im Streitfall ebenfalls nicht klärungsfähig. Ob die Betriebsführung der Klägerin und die Verauslagung von Gerichtskosten im Rahmen der nebenberuflichen anwaltlichen Tätigkeit der Annahme der Gewinnerzielungsabsicht im Streitfall entgegenstehen (vgl. BFH-Beschluss vom 03.02.2015 - III B 37/14, BFH/NV 2015, 857, Rz 10), ist wie schon gesagt nicht entscheidungserheblich. Im Streitfall ist nur zu entscheiden, ob der Einkommensteuerbescheid des Streitjahrs wegen des beigefügten Vorläufigkeitsvermerk zur Frage der Gewinnerzielungsabsicht rechtmäßig ist.
2. Die Revision ist nicht wegen einer Divergenz des FG-Urteils zu den durch die Klägerin benannten vermeintlichen Divergenzentscheidungen zuzulassen.
a) Die Zulassung der Revision wegen Divergenz gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO setzt voraus, dass das FG bei gleichem oder vergleichbarem festgestellten Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als unter anderem der BFH oder ein anderes FG. Das FG muss seiner Entscheidung einen tragenden abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit den tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung nicht übereinstimmt. Eine Abweichung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO kann nicht nur vorliegen, wenn das FG ausdrücklich einen abstrakten Rechtssatz abweichend von einem solchen Rechtssatz des BFH formuliert. Es genügt, wenn das FG in fallbezogenen Rechtsausführungen abweicht und sich dies aus den Entscheidungsgründen hinreichend deutlich genug ergibt (BFH-Beschlüsse vom 21.03.2019 - VIII B 129/18, BFH/NV 2019, 812, Rz 8; vom 19.05.2020 - VIII B 126/19, BFH/NV 2020, 1264, Rz 10). Eine Zulassung der Revision wegen Divergenz nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO kommt nicht in Betracht, wenn das FG ersichtlich von der Rechtsauffassung des BFH ausgegangen ist und sie seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, diese aber aus Sicht des Beschwerdeführers falsch angewendet hat (BFH-Beschluss vom 03.07.2019 - VIII B 86/18, BFH/NV 2019, 1130, Rz 4).
b) Auf der Grundlage dieses Maßstabs vermag der Senat keine Divergenz der Vorentscheidung zu den angeführten vermeintlichen Divergenzentscheidungen zu erkennen, soweit das FG sich zu den Voraussetzungen der Gewinnerzielungsabsicht für eine anwaltliche Tätigkeit geäußert hat.
aa) Nach der Klägerin hat das FG den Rechtssatz aufgestellt, für die Annahme, dass die Gewinnerzielungsabsicht bei einer nebenberuflich in eigener Kanzlei tätigen Syndikusrechtsanwältin im Sinne des § 165 Abs. 1 Satz 1 AO ungewiss sei, bedürfe es neben den dauerhaft negativen Einkünften keiner Feststellung weiterer Umstände, um den Anscheinsbeweis für die Gewinnerzielungsabsicht zu erschüttern. Hierin liege eine Abweichung des FG von den BFH-Entscheidungen vom 25.10.1989 - X R 109/87 (BFHE 159, 128, BStBl II 1990, 278) und vom 19.08.2004 - XI B 9/04 (juris). Dies trifft jedoch nicht zu.
Das FG hat sich auf Seite 10 folgende der Vorentscheidung für die Frage, ob die Gewinnerzielungsabsicht der Klägerin ungewiss sei, darauf gestützt, dass Fragen des FA nach der konkreten Struktur der selbständig ausgeübten anwaltlichen Nebentätigkeit (etwa nach dem zeitlichen Umfang) offengeblieben seien; zudem sei die weitere Entwicklung der Gewinn-/Verlustsituation dieser Tätigkeit und der Reaktionen der Klägerin auf die Verluste in der näheren Zukunft abzuwarten; hingegen sei nicht abschließend zu entscheiden, ob die Klägerin ohne Gewinnerzielungsabsicht im Streitjahr gehandelt habe und ob insofern der von ihrer nebenberuflichen Tätigkeit als Rechtsanwältin in eigener Kanzlei ausgehende Anscheinsbeweis für das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht entkräftet worden sei.
In dieser Begründung des FG liegt keine Abweichung vom BFH-Urteil vom 25.10.1989 - X R 109/87 (BFHE 159, 128, BStBl II 1990, 278) in einem diese Entscheidung tragenden Rechtssatz. Der BFH hat im Urteil vom 25.10.1989 - X R 109/87 (BFHE 159, 128, BStBl II 1990, 278, unter 2.b [Rz 26, 27]) für die Annahme einer Unsicherheit im Sinne des § 165 Abs. 1 Satz 1 AO --ebenso wie das FG-- tragend ausgeführt, dass Dauer und Umfang der Verlusterzielung zusammen mit der Reaktion des Steuerpflichtigen auf eine solche Entwicklung ein wesentliches Kriterium für die Gesamtbeurteilung der Gewinnerzielungsabsicht seien, sodass auch der Beurteilungszeitraum für die Prüfung des Merkmals entsprechend ausgedehnt werden müsse. Dem BFH-Urteil vom 25.10.1989 - X R 109/87 (BFHE 159, 128, BStBl II 1990, 278) ist hingegen kein tragender Rechtssatz des Inhalts zu entnehmen, dass bei einem Rechtsanwalt die Ungewissheit des Vorliegens einer Gewinnerzielungsabsicht im Sinne des § 165 Abs. 1 Satz 1 AO erst angenommen werden dürfe, wenn zu der Verlustsituation weitere Umstände des Einzelfalls hinzutreten, die den Anscheinsbeweis für eine grundsätzlich anzunehmende Gewinnerzielungsabsicht erschüttern.
Der Senat hält im Übrigen die vom FG neben der Verlustsituation herangezogenen Umstände, dass die Art und Weise der Betriebsführung in der nebenberuflichen Kanzlei nicht aufgeklärt sei, für ausreichend, um den Anscheinsbeweis für die Gewinnerzielungsabsicht zu erschüttern.
bb) Eine Divergenz zum BFH-Beschluss vom 19.08.2004 - XI B 9/04 (juris) ist ebenfalls nicht erkennbar. Das FG hat sich in der Vorentscheidung darauf gestützt, dass eine Rechtsanwaltstätigkeit nicht per se mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt werde. Dies entspricht den Rechtsgrundsätzen, die der BFH in dem zitierten Beschluss als geklärt angesehen hat. Es kann insofern offenbleiben, ob der BFH-Beschluss vom 19.08.2004 - XI B 9/04 (juris), der zu einer Nichtzulassungsbeschwerde ergangen ist, überhaupt als Divergenzentscheidung in Betracht kommt.
cc) Soweit die Klägerin ausführt, der BFH-Beschluss vom 19.08.2004 - XI B 9/04 (juris) verweise auf den BFH-Beschluss vom 28.11.2002 - XI B 12-14/00 (Neue Juristische Wochenschrift 2003, 2479) und das dort zitierte BFH-Urteil vom 22.04.1998 - XI R 10/97 (BFHE 186, 206, BStBl II 1998, 663) und dass das FG von tragenden Rechtssätzen dieser Entscheidungen abweiche, ist dem nicht zu folgen.
Nach dem BFH-Urteil vom 22.04.1998 - XI R 10/97 (BFHE 186, 206, BStBl II 1998, 663) könne --so die Klägerin-- auch bei einer verlustbringenden Tätigkeit als Rechtsanwalt die Gewinnerzielungsabsicht erst dann verneint werden, wenn aus weiteren Anzeichen die Feststellung möglich sei, dass die Tätigkeit nur aus im Bereich der Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausgeübt werde.
Das FG ist jedoch hiervon nicht abgewichen. Denn jene Entscheidungen sind --wie auch der BFH-Beschluss vom 19.08.2004 - XI B 9/04 (juris)-- zu Streitfällen ergangen, in denen das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht abschließend zu beurteilen war. Das FG hat im Streitfall mangels Entscheidungserheblichkeit jedoch ausdrücklich offengelassen, ob dies bei der Klägerin anzunehmen ist. Es hat lediglich tragend zu den Voraussetzungen in § 165 Abs. 1 Satz 1 AO entschieden, dass auch bei einem Rechtsanwalt die Gewinnerzielungsabsicht fehlen und damit ungewiss im Sinne der Regelung sein könne.
dd) Aus demselben Grund fehlt es auch an der behaupteten Abweichung der Vorentscheidung vom BFH-Urteil vom 14.12.2004 - XI R 6/02 (BFHE 208, 557, BStBl II 2005, 392) und vom BFH-Beschluss vom 18.04.2013 - VIII B 135/12 (BFH/NV 2013, 1556). Das FG ist von keinem tragenden Rechtssatz dieser Entscheidungen abgewichen.
Im BFH-Urteil vom 14.12.2004 - XI R 6/02 (BFHE 208, 557, BStBl II 2005, 392) war abschließend zu beurteilen, ob die Gewinnerzielungsabsicht eines Rechtsanwalts fehlte. Der XI. Senat des BFH hat dort dargelegt, unter welchen Voraussetzungen dies der Fall sein kann. Im BFH-Beschluss vom 18.04.2013 - VIII B 135/12 (BFH/NV 2013, 1556) der eine Nichtzulassungsbeschwerde betraf, hat der Senat eine Divergenz der dortigen FG-Entscheidung zu vermeintlichen Divergenzentscheidungen verneint. Er hat es nicht beanstandet, dass die dortige Vorinstanz dem Motiv einer Steuerersparnis durch die Verrechnung von Verlusten der Anwaltskanzlei mit anderen positiven Einkünften und den Umstand, ob eine Kanzlei nach ihrer konkreten Betriebsführung geeignet sei, nachhaltig Gewinn zu erzielen, bei seiner Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht herangezogen habe.
Das FG hat das BFH-Urteil vom 14.12.2004 - XI R 6/02 (BFHE 208, 557, BStBl II 2005, 392) und den BFH-Beschluss vom 18.04.2013 - VIII B 135/12 (BFH/NV 2013, 1556) jedoch in der Vorentscheidung nur insoweit herangezogen, als es dargelegt hat, dass ein durch die anwaltliche Tätigkeit begründeter Anscheinsbeweis für eine Gewinnerzielungsabsicht erschüttert sein könne, diese Frage im Streitfall aber nicht zu entscheiden sei. Denn es gehe im Streitfall nur um die Frage, ob der Einkommensteuerbescheid des Streitjahrs mit dem beigefügten Vorläufigkeitsvermerk gemäß § 165 Abs. 1 Satz 1 AO rechtmäßig sei. Von tragenden Rechtsgrundsätzen dieser Entscheidungen, nach welchen Kriterien, das Fehlen oder Vorliegen der Gewinnerzielungsabsicht zu prüfen sei, ist das FG nicht abgewichen. Es hat sich hierzu in der Vorentscheidung nicht tragend geäußert.
ee) Soweit die Klägerin dem FG-Urteil einen von den vorzitierten BFH-Entscheidungen abweichenden tragenden Rechtssatz des Inhalts entnimmt, ein Vorläufigkeitsvermerk wegen einer ungewissen Gewinnerzielungsabsicht gemäß § 165 Abs. 1 Satz 1 AO dürfe bei einer seit 22 Jahren ausgeübten Rechtsanwaltstätigkeit nicht ergehen, legt sie eine mögliche Divergenz nicht dar. Sie macht insoweit nur eine aus ihrer Sicht fehlerhafte Anwendung der Rechtssätze aus den vermeintlichen Divergenzentscheidungen durch das FG im Streitfall geltend.
c) Ebenso vermag der Senat keine Abweichungen der Vorentscheidung von den benannten vermeintlichen Divergenzentscheidungen zu erkennen, soweit das FG zu den Voraussetzungen der Beifügung des Vorläufigkeitsvermerks gemäß § 165 Abs. 1 Satz 1 AO entschieden hat.
aa) Die Klägerin begründet das Vorliegen einer Divergenz insoweit (ab S. 20 der Beschwerdebegründung) damit, dass im Streitfall nicht ungewiss gewesen sei, ob sie über eine Gewinnerzielungsabsicht verfügt und dass das FG einen unbefristeten Vorläufigkeitsvermerk zur Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht zu Unrecht als zulässig angesehen habe. Hiermit legt sie jedoch schon im Ansatz keine Divergenz dar. Sie stellt keine tragenden Rechtssätze des FG-Urteils und anderer konkreter BFH-Entscheidungen gegenüber. Im Kern macht sie geltend, dass das FG die Grundsätze der von ihr zitierten BFH-Urteile im Streitfall fehlerhaft angewendet habe. Zudem ist das Vorbringen auch teilweise unschlüssig. Das FG hat den Vorläufigkeitsvermerk nur für den Zeitraum des Streitjahrs bis zum Erlass der Einspruchsentscheidung für das Streitjahr im Jahr 2021 und nicht unbefristet als zulässig angesehen (S. 11 des FG-Urteils).
bb) Soweit die Klägerin im Zusammenhang mit den Voraussetzungen für die Beifügung eines Vorläufigkeitsvermerks zur Gewinnerzielungsabsicht ihr Vorbringen vertieft, das FG sei von der Rechtsprechung des BFH abgewichen, indem es bei einem Rechtsanwalt die Beifügung eines Vorläufigkeitsvermerks aufgrund einer ungewissen Gewinnerzielungsabsicht ohne eine Erschütterung des Anscheinsbeweises für eine solche Absicht durch weitere Umstände des Streitfalls als rechtmäßig angesehen habe, ist keine Divergenz ersichtlich (s. schon unter 2.b aa). Auch insoweit rügt die Klägerin im Stile einer Revisionsbegründung die fehlerhafte Anwendung von zitierten BFH-Entscheidungen auf den Streitfall und eine unzutreffende tatsächliche und rechtliche Würdigung dieser Frage durch das FA und das FG. Sie stellt aber keine tragenden abstrakten Rechtssätze der Vorentscheidung heraus und stellt diesen auch keine abweichenden Rechtssätze anderer Entscheidungen gegenüber. Aufgrund von vermeintlichen Rechtsfehlern des FG ist die Revision jedoch nicht zuzulassen. Die Klägerin macht auch ausschließlich unbeachtliche Rechtsfehler des FG und keine ausreichenden Divergenzgründe geltend, soweit sie behauptet, das FG habe zu Unrecht einen Ermessensausfall des FA bei der Aufnahme des Vorläufigkeitsvermerks nicht beanstandet.
3. Auch soweit die Klägerin die Beschwerde auf Verfahrensmängel stützt, ist die Revision nicht zuzulassen oder das FG-Urteil gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO aufzuheben und zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 116 Abs. 6 FGO).
a) Die Rüge, das FG habe nicht ausführlicher --in Auseinandersetzung mit einem Schriftsatz der Klägerin-- begründet, warum es die Revision nicht zugelassen habe, hat keinen Erfolg. Es handelt sich bei der Zulassung der Revision um eine Nebenentscheidung, auf der die angefochtene Entscheidung nicht beruhen kann, selbst wenn der Verfahrensmangel vorläge (vgl. BFH-Beschluss vom 03.02.1987 - VII B 129/86, BFHE 148, 489, BStBl II 1987, 305, unter II. [Rz 8]; Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 115 Rz 94).
b) Soweit die Klägerin (ab S. 30 der Beschwerdebegründung) geltend macht, das FG habe den Vortrag zu der Frage nicht berücksichtigt, unter welchen Voraussetzungen ein Anscheinsbeweis für die Gewinnerzielungsabsicht bei einer anwaltlichen Tätigkeit als erschüttert anzusehen sei, legt sie nicht dar, dass das FG-Urteil auf dem Verfahrensmangel beruhen könnte. Der Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes i.V.m. § 96 Abs. 2 FGO verpflichtet das FG zwar, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen, in Erwägung zu ziehen und sich mit dem entscheidungserheblichen Kern des Vorbringens auseinanderzusetzen, wenn es auf diesen Sachvortrag ankommt (sogenannte Beachtenspflicht, vgl. BFH-Beschluss vom 13.03.2024 - VIII B 10/23, BFH/NV 2024, 539, Rz 19). Maßgeblich ist insoweit aber der materiell-rechtliche Standpunkt des FG. Für das FG hing das Vorliegen einer Ungewissheit im Sinne des § 165 Abs. 1 Satz 1 AO für die Gewinnerzielungsabsicht im Streitfall aber gerade nicht davon ab, ob der Anscheinsbeweis für die Gewinnerzielungsabsicht erschüttert war.
c) Ebenso ist kein Verstoß gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs ersichtlich, soweit der Sachvortrag unberücksichtigt geblieben sein soll, dass die Verluste durch verauslagte Gerichtskosten (durchlaufende Posten) und Kosten der eigenen Inanspruchnahme als Rechtsanwältin aus anwaltlicher Tätigkeit entstammten (S. 31 der Beschwerdebegründung). Auf diesen Gesichtspunkt kam es für das FG nicht an. Es hat ausdrücklich offengelassen, ob im Streitjahr eine Gewinnerzielungsabsicht bei der nebenberuflichen Tätigkeit der Klägerin in der eigenen Kanzlei zu bejahen sei.