BFH: Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft als Schenkung (s.a. BFH, Urteil vom 10.04.2024, II R 23/21)

Schenkungsteuer

BFH, Urteil vom 10.04.2024, II R 22/21
Verfahrensgang: FG Sachsen, 8 K 34/21 vom 06.05.2021

Leitsatz:

1. Leistung im Sinne des § 7 Abs. 8 Satz 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das die Hingabe von Vermögen bewirkt. Auch die Abtretung eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft an diese selbst erfüllt den Leistungsbegriff.

2. § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG fingiert eine Schenkung. Die Freigebigkeit der Leistung an die Gesellschaft ist anders als beim Grundtatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nicht Voraussetzung für die Steuerbarkeit.

3. Die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft im Sinne des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG ist nach den Regeln des § 11 des Bewertungsgesetzes zu ermitteln. Dazu ist der gemeine Wert des Anteils des Bedachten vor der Leistung an die Gesellschaft mit dem gemeinen Wert dieses Anteils nach der Leistung zu vergleichen.

4. Der gemeine Wert der (teil-)unentgeltlich bewirkten Leistung bildet die Obergrenze für die Werterhöhung des Anteils nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG.

Gründe:

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), seine [drei] Kinder, sein Bruder A und dessen [zwei] Kinder sowie sein Bruder B und dessen [zwei] Kinder sind Erben der D zu je 1/10. Zum Nachlass gehörte ein Geschäftsanteil mit dem Nennbetrag von 9.000 € an der T GmbH, deren Stammkapital 27.000 € betrug. Die übrigen Geschäftsanteile hielt die H KG, an der neben einer Komplementärin ohne vermögensmäßige Beteiligung der Kläger und seine beiden Brüder als Kommanditisten beteiligt waren.

Mit notariellem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 10.10.2013 veräußerten die Miterben gemeinschaftlich den durch Erbanfall erworbenen Anteil an der T GmbH zu einem Kaufpreis von 300.000 € an die T GmbH. Der Bestimmung des Kaufpreises lagen zwei Unternehmensbewertungen zum 31.12.2009 zugrunde, aufgrund derer sich die Miterben auf einen Unternehmenswert der T GmbH von 1.000.000 € an diesem Stichtag geeinigt hatten.

Mit an die T GmbH gerichtetem Feststellungsbescheid vom 27.04.2017 stellte das örtlich zuständige Finanzamt auf Anforderung des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) den Wert des veräußerten Geschäftsanteils auf den 10.10.2013 erklärungsgemäß mit 1.819.176 € fest.

Aufgrund der Differenz zwischen dem festgestellten Wert und dem vereinbarten Kaufpreis ging das FA von Schenkungen im Sinne des § 7 Abs. 8 Satz 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) der nicht an der H KG beteiligten Miterben zugunsten der Kommanditisten der H KG aus und setzte mit Bescheiden jeweils vom 12.11.2018 Schenkungsteuer gegen den Kläger fest. Den Wert des jeweiligen Erwerbs ermittelte es, ausgehend vom Unterschiedsbetrag zwischen dem festgestellten Wert des Geschäftsanteils und dem vereinbarten Kaufpreis in Höhe von 1.519.176 €, der zu je 1/10 auf die zuwendenden Miterben entfalle und von diesen zu je 1/3 den bedachten Kommanditisten zugewandt worden sei, mit jeweils 50.639 €. Die Steuerbegünstigung nach §§ 13a, 13b ErbStG gewährte es nicht.

Der Kläger legte erfolglos Einsprüche gegen die Schenkungsteuerbescheide ein. Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen erhobenen Untätigkeitsklagen, die unter dem Aktenzeichen 8 K 34/21 verbunden wurden, als unbegründet ab. Es hat eine Werterhöhung des Anteils des Klägers an der H KG aufgrund des Verkaufs der Anteile der T GmbH nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG bejaht und das Vorliegen von begünstigtem Vermögen im Sinne des § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG verneint. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2021, 2019 veröffentlicht.

Dagegen richtet sich die Revision des Klägers. Er rügt die Verletzung des § 7 Abs. 8 Satz 1 und der §§ 13a, 13b ErbStG. Es fehle an einer "Leistung" im Sinne des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG, da der Begriff nur solche Handlungen erfasse, die das Vermögen der Kapitalgesellschaft als Empfängerin der Leistung mehren könnten. Der Erwerb eigener Anteile durch die T GmbH erhöhe aber nicht den Wert des Gesellschaftsvermögens. Die T GmbH erwerbe keinen Vermögenswert, der ihr nicht ohnehin zustehe. Dies bestätige der durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) eingefügte § 272 Abs. 1a und 1b des Handelsgesetzbuchs (HGB). Danach stelle der Erwerb eigener Anteile keinen Anschaffungsvorgang dar, sondern sei als Kapitalherabsetzung zu qualifizieren. Ohne eine Vermögensmehrung bei der Gesellschaft könne es auch zu keiner Werterhöhung der mittelbaren Beteiligung des Klägers an der T GmbH als Kommanditist der H KG kommen. Für die Erfüllung des Tatbestands des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG reiche es nicht aus, dass sich aufgrund des Ruhens der Rechte aus eigenen Anteilen der GmbH die Beteiligungsquoten der verbliebenen Gesellschafter der GmbH verschöben, zumal sich eine Erhöhung der Beteiligungsquote nur dann auswirke, wenn es tatsächlich zu Gewinnausschüttungen oder zum Verkauf der Beteiligung komme. Erträge hieraus unterlägen zudem der Ertragsteuer.

Eine Schenkung liege auch deshalb nicht vor, weil die verbilligte Veräußerung des eigenen Anteils der Erben an die T GmbH eine verdeckte Einlage und damit ein entgeltlicher Vorgang sei (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Daran habe § 272 Abs. 1a und 1b HGB nichts geändert. Der Tatbestand des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG setze das Vorliegen einer freigebigen Zuwendung und damit die Unentgeltlichkeit im Verhältnis des Leistenden zur Kapitalgesellschaft voraus. Eine doppelte Belastung des Vorgangs mit Einkommensteuer und Schenkungsteuer müsse vermieden werden. Im Übrigen sei der Kaufpreis von 300.000 € wie unter fremden Dritten ausgehandelt worden. Sollte der Vorgang doch steuerbar sein, fänden die §§ 13a, 13b ErbStG Anwendung, weil ein Anteil an einer Kapitalgesellschaft und damit begünstigtes Vermögen Gegenstand der Leistung sei.

Der Kläger beantragt,

die Vorentscheidung und die Schenkungsteuerbescheide, jeweils vom 12.11.2018, aufzuheben.

Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG unzutreffend ausgelegt, da es davon ausgegangen ist, dass die von § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG vorausgesetzte Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft "denklogisch" mit dem Wert des teilweise unentgeltlich auf die Gesellschaft übertragenen Geschäftsanteils korrespondiert. Der Senat kann nicht abschließend über die Erhöhung des Wertanteils des GmbH-Anteils, an dem der Kläger mittelbar als Kommanditist der H KG beteiligt ist, entscheiden, da das FG hinsichtlich einer möglichen Werterhöhung dieser Anteile keine konkreten Feststellungen getroffen hat.

1. Nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG gilt als Schenkung auch die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die eine an der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligte natürliche Person (Bedachte) durch die Leistung einer anderen Person (Zuwendender) an die Gesellschaft erlangt.

a) § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG fingiert eine Schenkung des an eine Kapitalgesellschaft Leistenden an den mittelbar oder unmittelbar beteiligten (Mit-)Gesellschafter, dessen Geschäftsanteil durch die Leistung eine Werterhöhung erfährt. Die durch das Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 07.12.2011 (BGBl I 2011, 2592) eingeführte Vorschrift soll eine Besteuerungslücke insbesondere bei disquotalen Einlagen schließen, indem eine solche Einlage des Zuwendenden in eine Kapitalgesellschaft schenkungsteuerrechtlich einer Direktzuwendung an den (Mit-)Gesellschafter gleichgestellt wird (vgl. Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes vom 17.06.2011, BRDrucks 253/11 (Beschluss), S. 34). Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte in diesen Fällen vor der Einfügung des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG eine freigebige Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG an den Gesellschafter verneint, da es wegen der rechtlichen Eigenständigkeit des Gesellschaftsvermögens der GmbH an einer zivilrechtlichen Vermögensverschiebung zwischen den Gesellschaftern, die zur Erfüllung des Tatbestands des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG notwendig ist, fehlt (z.B. BFH-Urteil vom 09.12.2009 - II R 28/08, BFHE 228, 169, BStBl II 2010, 566).

b) § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG verdrängt als Spezialtatbestand den Grundtatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG (ebenso R E 7.5 Abs. 1 Satz 7 der Erbschaftsteuer-Richtlinien --ErbStR 2019-- vom 16.12.2019, BStBl I, Sondernr. 1/2019; vgl. auch Bericht des Finanzausschusses zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 26.10.2011, BTDrucks 17/7524, S. 21; Curdt in Kapp/Ebeling, § 7 ErbStG, Rz 233; Fischer in Fischer/Pahlke/Wachter, ErbStG, 8. Aufl., § 7 Rz 556; BeckOK ErbStG/Felten, 23. Ed. [01.04.2024], ErbStG § 7 Rz 523).

2. Das FG hat zu Recht angenommen, dass die Anteilsabtretung durch die Miterben eine Leistung an die T GmbH im Sinne des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG darstellt.

a) Leistung im Sinne der Vorschrift ist grundsätzlich jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das die Hingabe von Vermögen des Zuwendenden bewirkt. Gegenstand der Leistung können Sachen, Rechte und andere Vermögensgegenstände sein, die übertragen, abgetreten oder belastet werden oder auf die der Zuwendende verzichtet (vgl. Gebel in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 7 Rz 22). Die Leistung kann in einer offenen oder verdeckten Einlage bestehen oder auf einer schuldrechtlichen Vereinbarung des Gesellschafters oder eines Dritten mit der Kapitalgesellschaft beruhen (vgl. Viskorf, Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge 2012, 442, 443).

b) Die Anteilsabtretung durch die Miterben (§ 2040 Abs. 1, § 2033 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) erfüllt den Leistungsbegriff des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG ungeachtet dessen, dass der Vorgang für die T GmbH einen Erwerb eigener Anteile darstellt. Für die Einordnung des Veräußerungsvorgangs als Leistung ist --wie durch das FG zutreffend entschieden-- die Perspektive der zuwendenden Gesellschafter maßgebend. Diese haben mit dem Geschäftsanteil einen Vermögensgegenstand hingegeben und auf diese Weise eine Leistung an die T GmbH erbracht. Aus der Sicht eines veräußernden Gesellschafters ist es unerheblich, ob er seinen Geschäftsanteil an die Gesellschaft selbst oder an einen Dritten veräußert. Entscheidend ist allein, dass er --aus seiner Perspektive-- einen verkehrsfähigen, werthaltigen Gegenstand hingibt.

c) § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG verlangt --anders als der schenkungsteuerrechtliche Grundtatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG-- keine freigebige Vermögensverschiebung. Maßgebend für die Steuerbarkeit nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG ist allein die Werterhöhung von Anteilen an der Gesellschaft, die ein unmittelbar oder mittelbar beteiligter Gesellschafter durch die Leistung des Zuwendenden an die Gesellschaft erlangt.

d) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem BFH-Urteil vom 20.01.2016 - II R 40/14 (BFHE 252, 453, BStBl II 2018, 284). In diesem hatte der Senat im Falle der Besteuerung einer verdeckten Einlage nach § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG eine Besteuerung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 7 Satz 1 ErbStG als (gemischte) freigebige Zuwendung abgelehnt. Zur Begründung führte er aus, dass es sich bei der verdeckten Einlage in das Vermögen der Kapitalgesellschaft nach § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG nicht zugleich um einen Erwerb durch freigebige Zuwendung des Veräußerers an die GmbH oder um einen Fall des § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG handeln kann.

Die Entscheidung ist zum Grundtatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG und zur Regelung des § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG vor der Einführung der Spezialvorschrift des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG ergangen, die gerade keine freigebige Zuwendung voraussetzt. § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG fingiert eine Schenkung unabhängig von den Merkmalen des schenkungsteuerrechtlichen Grundtatbestands des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Eine objektive Unentgeltlichkeit der Leistung des Zuwendenden verlangt die Fiktionsnorm gerade nicht (vgl. N. Schneider, Steuerberater-Jahrbuch 2011/2012, S. 487, 503). Diese Auslegung deckt sich mit dem Ziel des Gesetzgebers, insbesondere solche Werterhöhungen von Anteilen an Kapitalgesellschaften mit Schenkungsteuer zu belasten, die aufgrund von verdeckten Einlagen in die Gesellschaft entstehen. Danach kann die Frage, ob die Annahme einer verdeckten Einlage im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG aufgrund des Bilanzierungsverbots für eigene Anteile, das der durch Art. 1 Nr. 23 Buchst. b BilMoG eingefügte § 272 Abs. 1a HGB vorsieht, ausgeschlossen ist (verneinend Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 27.11.2013, BStBl I 2013, 1615, Rz 20; BFH-Urteil vom 06.12.2017 - IX R 7/17, BFHE 260, 163, BStBl II 2019, 213), im Streitfall auf sich beruhen.

e) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das FG zutreffend in der Anteilsabtretung der Miterben eine Leistung im Sinne des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG gesehen, auch wenn gleichzeitig der Besteuerungstatbestand des § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG erfüllt sein sollte.

3. Die Höhe der Bereicherung im Falle des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG richtet sich auch bei einer mittelbaren Beteiligung an der Gesellschaft nach der Werterhöhung des Anteils des Bereicherten. Die Bereicherung kann nicht höher sein als der gemeine Wert der (teil-)unentgeltlich bewirkten Leistung.

a) Zuwendung im Rahmen des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG ist die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die eine an der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligte natürliche Person oder Stiftung (Bedachte) erlangt. Ist der Bedachte nur mittelbar an der Kapitalgesellschaft beteiligt, kommt es auf die --anteilig auf den mittelbaren Gesellschafter entfallende-- Werterhöhung der unmittelbaren Beteiligung an der Kapitalgesellschaft an (vgl. R E 7.5 Abs. 12 Satz 13 und 14 ErbStR 2019). Danach kann der Kläger als mittelbar über die H KG beteiligter Gesellschafter der T GmbH nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG bereichert sein, soweit die Abtretung der Gesellschaftsanteile durch die Miterben mittelbar zu einer Erhöhung des Werts seines mittelbar über die H KG gehaltenen Geschäftsanteils an der T GmbH führte.

b) Die Werterhöhung des Gesellschaftsanteils muss durch die Leistung kausal verursacht sein. Auf eine "Entreicherung" des Leistenden kommt es nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG nicht an. Die Werterhöhung des Gesellschaftsanteils wird durch den gemeinen Wert der (teil-)unentgeltlich bewirkten Leistung begrenzt (vgl. R E 7.5 Abs. 12 Satz 6 f. ErbStR 2019). Der Wortlaut des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG sieht eine solche Obergrenze zwar nicht ausdrücklich vor. Die Entstehungsgeschichte und der Zweck der Norm, Missbrauch durch eine mittelbare Mehrung des Vermögens eines (Mit-)Gesellschafters zu vermeiden (vgl. Bericht des Finanzausschusses zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 17/7524, S. 6), gebieten es jedoch, den Steuerzugriff auf den gemeinen Wert der Leistung des Zuwendenden zu beschränken.

c) Bei einer teilentgeltlichen Übertragung von Gesellschaftsanteilen an die GmbH bestimmt sich der gemeine Wert der bewirkten Leistung nach der Differenz zwischen dem gemeinen Wert des Anteils und dem von der GmbH gezahlten Entgelt. Denn eine Leistung von Gesellschaftern oder Dritten an die Kapitalgesellschaft führt nicht zu einer steuerbaren Werterhöhung, soweit dieser Leistung eigene Leistungen der Gesellschaft beziehungsweise der Gesellschafter gegenüberstehen (vgl. R E 7.5 Abs. 11 Satz 2 ErbStR 2019).

d) Ob die Gegenleistung wertadäquat oder die Übertragung des Geschäftsanteils ganz oder teilweise unentgeltlich ist, richtet sich nach dem Preis, der bei einer Veräußerung des Anteils im gewöhnlichen Geschäftsverkehr (§ 9 Abs. 2 Satz 1 des Bewertungsgesetzes --BewG--) zu erzielen wäre (vgl. BFH-Urteil vom 20.01.2016 - II R 40/14, BFHE 252, 453, BStBl II 2018, 284, Rz 19). Sind die Parteien in nachvollziehbarer Weise und unter fremdüblichen Bedingungen übereinstimmend davon ausgegangen, dass die Leistungen insgesamt ausgeglichen sind, liegt eine Steuerbarkeit nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG grundsätzlich auch dann nicht vor, wenn sich dies anhand später gewonnener besserer Erkenntnis als unzutreffend erweist. Die als zutreffend zugrunde gelegten Werte sind dann im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zustande gekommen, es sei denn, es liegt zwischen der Leistung und der Gegenleistung ein offensichtliches Missverhältnis vor.

e) Im Streitfall bestand zum Zeitpunkt der Abtretung des Anteils ein deutliches Missverhältnis zwischen der Leistung der Miterben und der Gegenleistung der T GmbH, denn nach den --nicht zu beanstandenden und nicht mit der Revision angegriffenen-- Feststellungen des FG stand einem Anteilswert von 1.819.176 € ein Kaufpreis von 300.000 € gegenüber. Es kann dahinstehen, ob die Vorstellung der Miterben, die T GmbH habe zum 31.12.2009 einen Unternehmenswert von 1.000.000 € gehabt, in nachvollziehbarer Weise und unter fremdüblichen Bedingungen zustande gekommen ist (vgl. R E 7.5 Abs. 12 Satz 9 und 10 ErbStR 2019). Das bewusste Festhalten an dem fast vier Jahre früher bestimmten Kaufpreis beim Anteilsverkauf am 10.10.2013 entsprach jedenfalls nicht einem schlüssigen Vorgehen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr. Die Obergrenze der Erhöhung des Werts der Anteile an der T GmbH lag danach im Streitfall bei 1.519.176 € (Anteilswert der übertragenen GmbH-Anteile in Höhe von 1.819.176 € abzüglich eines Kaufpreises in Höhe von 300.000 €).

4. Das FG hat jedoch rechtsfehlerhaft angenommen, dass die Werterhöhung der Anteile an der T GmbH im Sinne des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG "denklogisch" mit dem Wert des teilweise unentgeltlich auf die Gesellschaft übertragenen Geschäftsanteils korrespondiert. Hierbei handelt es sich lediglich um eine Obergrenze für die Werterhöhung im Sinne des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG. Es ist in jedem Einzelfall festzustellen, ob die Leistung an die Gesellschaft tatsächlich zu einer Werterhöhung von Anteilen an der Kapitalgesellschaft geführt hat.

a) Eine Werterhöhung von Anteilen an der Kapitalgesellschaft im Sinne des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG liegt nur dann vor, wenn der gemeine Wert des Anteils des Bedachten nach der Leistung des Zuwendenden an die Gesellschaft den gemeinen Wert des Anteils vor der Leistung übersteigt. Die Bewertung hat jeweils nach den in § 11 Abs. 2 und 3 BewG enthaltenen Regeln für die Ermittlung des gemeinen Werts von Anteilen an nicht börsennotierten Kapitalgesellschaften zu erfolgen. Danach ist der gemeine Wert in erster Linie aus Verkäufen unter fremden Dritten abzuleiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen. Sind solche Verkäufe nicht erfolgt, ist er unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln, wobei die Methode anzuwenden ist, die ein Erwerber der Bemessung des Kaufpreises zugrunde legen würde (§ 11 Abs. 2 Satz 2 BewG). Der Substanzwert der Gesellschaft darf bei der Wertermittlung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG nicht unterschritten werden (§ 11 Abs. 2 Satz 3 BewG).

b) Bei dem Erwerb von eigenen Anteilen durch eine GmbH ist zu beachten, dass das Gesellschaftsvermögen der GmbH nur noch in den Geschäftsanteilen der verbliebenen Gesellschafter reflektiert wird. Daraus kann sich --wie vom FG angenommen-- eine Werterhöhung der Anteile der verbliebenen Gesellschafter im Sinne des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG ergeben. Denn es findet eine Wertverschiebung zu Lasten der eigenen und zu Gunsten der übrigen Gesellschaftsrechte statt (vgl. BFH-Urteil vom 02.08.1989 - I R 53/85, BFHE 158, 452, BStBl II 1990, 222, unter II.2., 3. und 4.), da die Mitgliedschaftsrechte für einen eigenen Anteil der GmbH ruhen. Bei der Entscheidung über die Gewinnfeststellung und -verwendung hat die Gesellschaft kein Stimmrecht und kann auszuschüttende Gewinne nicht beziehen. Der auf den eigenen Anteil der Gesellschaft rechnerisch entfallende Gewinn kann nur unter den übrigen Gesellschaftern verteilt werden (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 30.01.1995 - II ZR 45/94, Neue Juristische Wochenschrift 1995, 1027, Leitsatz 1 und 2). Diese Rechtsfolge tritt auch unter der Berücksichtigung des durch Art. 1 Nr. 23 Buchst. b BilMoG eingefügten § 272 Abs. 1a HGB ein, der zu einem Bilanzierungsverbot für eigene Anteile der GmbH und einer entsprechenden Kapitalherabsetzung führt.

c) Im Fall des Erwerbs eigener Anteile durch die GmbH kann sich aber auch der Substanzwert der Gesellschaft durch das Ausscheiden des veräußernden Gesellschafters über die Minderung des Geldbestands für den Erwerb der Anteile hinaus verringern. So kann der gemeine Wert des Betriebsvermögens der Kapitalgesellschaft etwa durch firmenwertbildende Faktoren (zum Beispiel das Entfallen des Kundenstamms oder von Know-how) weiter absinken (vgl. R B 11.5 Abs. 3 Satz 5 ErbStR 2019), sodass es zu keiner Werterhöhung der Anteile der GmbH-Gesellschafter kommen kann.

d) Maßgebend ist, ob am Stichtag eine Werterhöhung von Anteilen an der Kapitalgesellschaft eingetreten ist. Auf eine Realisation der Werterhöhung kommt es nicht an. Dementsprechend ist es auch ohne Belang, welche ertragsteuerrechtlichen Auswirkungen zum Beispiel nach § 17 EStG eine künftige Veräußerung der Anteile hätte. Eine eventuelle Doppelbelastung der Werterhöhung mit Einkommensteuer und Schenkungsteuer könnte erst bei einer Veräußerung der Gesellschaftsanteile berücksichtigt werden.

5. Da das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben. Der BFH kann in der Sache nicht selbst entscheiden, ob es nach den oben genannten Grundsätzen zu einer Werterhöhung der Gesellschaftsanteile im Sinne des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG gekommen ist. Zu beachten ist, dass es nach den Gleich lautenden Erlassen vom 17.10.2023 (BStBl I 2023, 1871) erforderlich sein kann, eine Wertfeststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG durchzuführen, wenn der Steuerpflichtige Gründe vorträgt, wonach die Werterhöhung des gemeinen Werts der Anteile niedriger ausfallen könnte als der gemeine Wert der teilunentgeltlichen Leistung des Zuwendenden.

6. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass --sollte eine Werterhöhung der Anteile an der T GmbH nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG vorliegen-- diese nicht nach den §§ 13a, 13b ErbStG begünstigt wäre.

a) § 13a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 ErbStG gewährt einen sogenannten Verschonungsabschlag und einen sogenannten Abzugsbetrag, wenn --neben weiteren Voraussetzungen-- Gegenstand des Erwerbs Anteile an Kapitalgesellschaften im Sinne des § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG sind. Dies ist im Rahmen des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG nicht der Fall. Zuwendungsgegenstand ist hier allein die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die nicht zum begünstigten Vermögen nach § 13b Abs. 1 ErbStG zählt (R E 7.5 Abs. 13 ErbStR 2019; a.A. Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 13b Rz 174; Curdt in Kapp/Ebeling, § 7 ErbStG, Rz 234; Meincke/Hannes/Holtz, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 18. Aufl., § 7 Rz 170 und Dannecker, Deutsches Steuerrecht 2020, 853, 857).

b) Die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 13b Abs. 1 ErbStG liegen nicht vor. Voraussetzung für die Vornahme einer Analogie ist eine planwidrige Regelungslücke. Diese ist nur gegeben, wenn das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Absicht und der ihm immanenten Teleologie, unvollständig und somit ergänzungsbedürftig ist und seine Ergänzung nicht einer vom Gesetzgeber gewollten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widerspricht (zum Ganzen BFH-Urteil vom 03.12.2019 - VIII R 34/16, BFHE 267, 232, BStBl II 2020, 836, Rz 27). Die Nichtbegünstigung der Fälle des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG erfolgte indes nicht planwidrig. Der Gesetzgeber hat vielmehr von der Möglichkeit, die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft in den Katalog des § 13b Abs. 1 ErbStG aufzunehmen, soweit Gegenstand der Leistung an die Gesellschaft begünstigtes Vermögen im Sinne dieser Vorschrift ist, bewusst keinen Gebrauch gemacht, und zwar weder unmittelbar mit dem Erlass des Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes noch zu einem späteren Zeitpunkt.

c) Die Fälle des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG sind anders gelagert als der Sachverhalt, über den der Senat in dem Urteil vom 27.08.2014 - II R 43/12 (BFHE 246, 506, BStBl II 2015, 241, Rz 61 ff.) im Zusammenhang mit § 7 Abs. 1 Nr. 1 und § 13a ErbStG entschieden hat. Gegenstand der Zuwendung war dort (vgl. Rz 40 des Urteils) nicht die Werterhöhung von Anteilen, sondern ein neuer GmbH-Geschäftsanteil, den der bedachte Gesellschafter im Rahmen einer Kapitalerhöhung erworben hat. Die Entscheidung kann daher auf den vorliegenden Fall keine Anwendung finden.