BGH: Versetzung in den Ruhestand bei Betätigung in einer politischen Gruppierung, die Grundlagen des demokratischen Verfassungsstaats ablehnt
Deutsches Richtergesetz
BGH, Urteil vom 05.10.2023, RiZ(R) 1/23
Verfahrensgang: LG Leipzig, 66 DG 2/22 vom 01.12.2022
Leitsatz:
a) Eine Versetzung nach § 31 DRiG kommt grundsätzlich in Betracht, wenn der Richter nicht mehr die Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintreten wird. Das gilt nicht nur für die Berufung in das Richterverhältnis, sondern ist dauernde Voraussetzung für die Ausübung des Richteramts auf der Grundlage des Grundgesetzes.
b) Tatsachen, die eine Versetzung nach § 31 DRiG rechtfertigen, liegen im Falle einer politischen Betätigung des Richters vor, wenn er sich in herausgehobener Stellung bei einer politischen Gruppierung betätigt, die Grundlagen des demokratischen Verfassungsstaats ablehnt. Weiter rechtfertigen Tatsachen eine Versetzung des Richters, wenn er durch sein Auftreten in der Öffentlichkeit den Eindruck erweckt, er werde aus politischen Gründen sein künftiges dienstliches Verhalten an seiner persönlichen Einschätzung und nicht mehr allein an den Gesichtspunkten der Sachrichtigkeit, Rechtstreue, Gerechtigkeit, Objektivität und dem Allgemeinwohl ausrichten.
Tatbestand:
Der Antragsteller, der Freistaat Sachsen, beabsichtigt, den Antragsgegner auf der Grundlage von § 31 Nr. 3 des Deutschen Richtergesetzes (im Folgenden: DRiG) in den Ruhestand zu versetzen.
Der am 10. Februar 1962 geborene Antragsgegner trat am 1. April 1992 in den Justizdienst des Antragstellers ein und wurde unter Berufung in das Richterverhältnis auf Probe zum Richter ernannt. Mit Wirkung vom 1. April 1995 wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Staatsanwalt ernannt. Zum 1. Januar 1997 wurde er unter Berufung in das Richterverhältnis auf Lebenszeit zum Richter am Landgericht ernannt. Das ihm übertragene Amt eines Richters am Landgericht bei dem Landgericht Dresden hatte er bis zum Beginn seiner Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag als gewählter Abgeordneter der Partei "Alternative für Deutschland (AfD)" (im Folgenden: AfD) am 24. Oktober 2017 inne.
Der Antragsgegner sprach bei einer öffentlichen und als Videomitschnitt dokumentierten Parteiveranstaltung der AfD am 17. Januar 2017 in Dresden über die "Herstellung von Mischvölkern", durch die die "nationalen Identitäten" ausgelöscht werden sollten, was "einfach nicht zu ertragen" sei. Ferner bezeichnete er die Aufarbeitung der NS-Verbrechen als "gegen uns gerichtete Propaganda und Umerziehung, die uns einreden wollte, dass Auschwitz praktisch die Folge der deutschen Geschichte wäre", und erklärte "diesen Schuldkult" für "endgültig beendet". Über die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) äußerte der Antragsgegner in derselben Rede, dass diese bis zum Aufkommen der AfD die einzige Partei gewesen sei, die "immer geschlossen zu Deutschland gestanden" habe. In der Berichterstattung über diese Rede, die unter anderem zu einem später nicht mehr weiter verfolgten Parteiausschlussverfahren gegen den Antragsgegner führte, wurde auch sein damaliges Amt eines Richters am Landgericht Dresden erwähnt.
Bei einem Wahlkampfauftritt vom 21. August 2017 vor der Dresdner Frauenkirche erklärte der Antragsgegner, er wolle, "dass Deutschland wieder aufersteht [...], zu alter Stärke zurückfindet und nicht gebückt geht" und fragte die Zuhörer, wie man "denn Politiker [nenne], die andere Interessen, aber nicht die Interessen der eigenen Bevölkerung" verträten, woraufhin die Zuhörer von ihm unwidersprochen wiederholt "Volksverräter" skandierten.
Am 2. Januar 2018 wurde in einem vom offiziellen Twitter-Account des Antragsgegners abgesetzten Tweet der Sohn des ehemaligen Tennisprofis Boris Becker als "kleine[r] Halbneger" bezeichnet. Als Reaktion auf einen Bericht des "Spiegel" vom 18. März 2019 über einen Strafprozess in Chemnitz wurde vom offiziellen Twitter-Account des Antragsgegners ein Tweet abgesetzt, der wie folgt lautet: "Wenn Angeklagte 'AfDRichter'fürchten, haben wir alles richtig gemacht. #AfD".
Der Antragsgegner wurde im Sächsischen Verfassungsschutzbericht 2020 bis ca. April 2020 als "Obmann" des sogenannten Flügels in Sachsen, einer formal aufgelösten Gruppierung innerhalb der Partei AfD, geführt. Der "Flügel" wurde in dem Bericht als rechtsextremistischer Personenzusammenschluss bezeichnet. Das Bundesamt f ür Verfassungsschutz stufte den "Flügel" am 12. März 2020 als erwiesen rechtsextremistische Bestrebung ein. Das Politikkonzept des "Flügels" verfolge als Ziele insbesondere die permanente Verächtlichmachung demokratischer Institutionen, die Abschaffung des Parlamentarismus, die Etablierung einer völkischen Gesellschaftsordnung mit einem ethnokulturell homogenen Staatsvolk, die pauschale Ausgrenzung, Verächtlichmachung und Rechtlosstellung von Migranten, Muslimen und politisch Andersdenkenden und die strukturelle Verbindung zur sowie die systematische Zusammenarbeit mit der klassischen rechtsextremistischen und der neurechten Szene. In dem Sächsischen Verfassungsschutzbericht 2020 wurde der Antragsgegner zu einem öffentlichen Brief der damaligen AfD-Landesvorsitzenden vom 24. März 2020 zur Auflösung des "Flügels" mit der Bemerkung zitiert: "Naja, als Haltungsgemeinschaft sind wir natürlich da [...] wir werden einen Weg finden, wie wir als Haltungsgemeinschaft noch weiterhin aktiv sind." Im Verfassungsschutzbericht des Bundesamts für Verfassungsschutz 2020 wurde der Antragsgegner unter Bezugnahme auf ein YouTube-Video - ohne Namensnennung unter Bezeichnung als "ehemaliger Landesobmann des "Flügels" für Sachsen" - dahin zitiert, er habe gesagt, die Grundhaltung des "Flügels" sei schon vor dessen formaler Auflösung in die Gesamtpartei "eingesickert".
Nach Beendigung seiner Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag beantragte der Antragsgegner mit Schreiben vom 15. Dezember 2021 gemäß § 8 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages (Abgeordnetengesetz - AbgG) die Zurückführung in das frühere Dienstverhältnis. Der Antragsteller übertrug dem Antragsgegner zur Erfüllung dieses Rechtsanspruchs mit Verfügung vom 10. Februar 2022 und mit Wirkung vom 14. März 2022 das Amt eines Richters am Amtsgericht bei dem Amtsgericht Dippoldiswalde.
Der Antragsteller hat am 11. Februar 2022 bei dem Landgericht Leipzig - Dienstgericht für Richter - (im Folgenden: Dienstgericht) beantragt, die Versetzung des Antragsgegners in den Ruhestand für zulässig zu erklären.
Der Antragsteller ist der Auffassung, der Antragsgegner habe seine Glaubwürdigkeit als Organ der Rechtspflege und das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit bei der Ausübung des ihm anvertrauten Richteramtes endgültig verloren. Er verweist auf den Sächsischen Verfassungsschutzbericht 2020 und die Einstufung des "Flügels" durch das Bundesamt für Verfassungsschutz. Der Beschluss des Bundesvorstands der AfD zur Auflösung der Strukturen des "Flügels" sei zwar bis Ende April 2020 formal umgesetzt worden, jedoch hätten die der Gruppierung zuzurechnenden Personen keine Abkehr von rechtsextremistischen Positionen erkennen lassen und seien weiterhin aktiv. In den öffentlichen und sozialen Medien sowie auf öffentlichen Veranstaltungen habe der Antragsgegner wiederholt Äußerungen getätigt, die erhebliche Zweifel daran begründeten, dass er bereit sei, Menschen ohne Berücksichtigung ihrer Herkunft, Religion oder Hautfarbe unvoreingenommen zu begegnen und sich von Gruppen zu distanzieren, die den Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angriffen. Er habe sich wiederholt rassistisch, antisemitisch, nationalistisch und geschichtsrevisionistisch geäußert.
Nachdem er bei der Wahl zum 20. Deutschen Bundestag kein Mandat erlangt habe, sei sowohl im Geschäftsbereich des Staatsministeriums der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung als auch in der Öffentlichkeit vielfach die Sorge geäußert worden, dass bei einer Rückkehr des - ausweislich des Sächsischen Verfassungsschutzberichts 2020 rechtsextremistischen - Antragsgegners in das Richteramt das Ansehen der Justiz gravierend beschädigt und eine erhebliche Störung der Rechtspflege im vorgenannten Geschäftsbereich sowie bundesweit eintreten werde. Nachdem der Antrag des Antragsgegners auf Wiederverwendung eingegangen und dies Anfang Januar 2022 publik geworden sei, sei darüber in der regionalen und überregionalen Presse sowie im Fernsehen vielfach berichtet worden. Die Berichterstattung lasse sich dahin zusammenfassen und würdigen, dass in der Öffentlichkeit ein tiefes Unverständnis darüber herrsche, dass der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestufte Antragsgegner in sein Richteramt zurückkehren könne.
Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten. Er ist der Ansicht, § 31 DRiG sei nicht anwendbar, weil sein Richteramt in dem Zeitraum, auf den sich der Antragsteller beziehe, nach § 5 Abs. 1 Satz 1, § 8 Abs. 1 AbgG geruht habe. Selbst wenn aber § 31 DRiG anwendbar sei, lägen dessen tatsächliche Voraussetzungen nicht vor. Der Antragsteller trage keine Tatsachen vor, sondern berufe sich auf subjektive Wertungen. Dies gelte insbesondere für den Vorwurf des Rechtsextremismus. Die von ihm, dem Antragsgegner, vor dem Verwaltungsgericht Dresden gegen den Antragsteller erhobene Klage mit dem Ziel, nicht mehr im Sächsischen Verfassungsschutzbericht 2020 als "Rechtsextremist" ausgewiesen zu werden, sei vorgreiflich; das vorliegende dienstgerichtliche Verfahren sei deshalb auszusetzen. Die durch den Antragsteller zitierten Tweets seien durch einen Mitarbeiter abgesetzt worden.
Der Präsidialrat ist zu dem Antrag angehört worden und hat beschlossen, diesem nicht entgegenzutreten.
Das Dienstgericht, dessen Entscheidung unter anderem in NVwZRR 2023, 543 veröffentlicht ist, hat die Versetzung des Antragsgegners in den Ruhestand für zulässig erklärt. Das vorliegende Verfahren sei nicht gemäß § 94 VwGO i.V.m. § 45 Abs. 1 des Sächsischen Richtergesetzes (im Folgenden: SächsRiG) im Hinblick auf das bei dem Verwaltungsgericht Dresden geführte Verfahren auszusetzen, da jenes Verfahren nicht vorgreiflich sei. In der Sache selbst lägen Tatsachen vor, aufgrund derer der Antragsgegner in seiner künftigen Rechtsprechung nicht mehr glaubwürdig erscheine und das Vertrauen in seine Unvoreingenommenheit nicht mehr bestehe, so dass gemäß § 31 Nr. 3 DRiG seine Versetzung in den Ruhestand zwingend geboten sei, um eine schwere Beeinträchtigung der Rechtspflege abzuwenden. Die vom Antragsteller vorgetragenen Äußerungen des Antragsgegners in öffentlichen Veranstaltungen und in sozialen Netzwerken sowie dessen exponierte Mitwirkung im "Flügel" der AfD seien anhand der hierzu vorgelegten Anlagen und im Ergebnis der mündlichen Verhandlung bewiesen. Der Verwertung dieser Tatsachen steh e nicht entgegen, dass sie sich teilweise auf eine Zeit bezögen, in der der Antragsgegner als Abgeordneter Mitglied des Deutschen Bundestags gewesen sei und seine Rechte und Pflichten aus dem Richterdienstverhältnis daher gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 AbgG, § 36 Abs. 2 DRiG geruht hätten. Der Antragsgegner könne sich insoweit nicht auf seine Indemnität als Abgeordneter gemäß Art. 46 Abs. 1 Satz 1 GG berufen, weil ausschließlich außerparlamentarische Äußerungen und Verhaltensweisen eines ehemaligen Abgeordneten herangezogen würden, um das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 31 DRiG zu untermauern. Diese Vorschrift sei anwendbar, weil der Grundstatus aus dem Dienstverhältnis ungeachtet der Ruhensanordnung fortbestehe. Die Versetzung in den Ruhestand knüpfe daran an, dass der Antragsgegner in der Vergangenheit gegen die fortwirkenden basalen politischen Treuepflichten verstoßen habe.
Zutreffend ziehe der Antragsteller den Schluss, dass eine rechtsprechende Tätigkeit des Antragsgegners den Eintritt eines Schadens für das Ansehen der Rechtspflege besorgen lasse. Im vorliegenden Fall sei hinreichend abgesichert, dass der Antragsgegner nicht aufgrund haltloser Berichterstattung in den Ruhestand versetzt und damit Opfer einer künstlich herbeigeführten Empörung der Öffentlichkeit werde, sondern dies eine Folge tatsächlich getätigter Äußerungen und tatsächlicher Verhaltensweisen sei. Vorliegend werde nicht an die (vormalige) Bezeichnung des Antragsgegners im Sächsischen Verfassungsschutzbericht 2020 als "Rechtsextremist" und seine fortdauernde Aufführung unter der Rubrik "Rechtsextremismus" angeknüpft, sondern vielmehr an die sowohl im Verfassungsschutzbericht genannten als auch in das Verfahren eingeführten konkreten Äußerungen und Verhaltensweisen des Antragsgegners. Der Antragsgegner habe wiederholt in Wortwahl und Duktus die sprachliche und inhaltliche Nähe zu rechtsextremen Kreisen gesucht und in öffentlichen Äußerungen den Eindruck erweckt, er sehe sich selbst als "AfD-Richter" und heiße eine von der politischen Gesinnung des Richters geprägte Ausübung des Richteramtes gut. Es sei zwingend geboten, den Antragsgegner zur Abwendung einer schweren Beeinträchtigung der Rechtspflege in den Ruhestand zu versetzen. Er sei aus den genannten Gründen als Richter nicht mehr tragbar, nachdem zumindest in einem weiten Kreis der gerade auch von seiner Amtsführung Betroffenen der Eindruck entstanden sei, er werde sein Amt nicht verfassungstreu, unparteiisch, uneigennützig und ohne Ansehen der Person führen. Nur durch eine Versetzung in den Ruhestand könne das - schwer beeinträchtigte - allgemeine Vertrauen in eine gerechte und unabhängige Rechtspflege gewahrt werden . Mildere Mittel seien nicht gegeben, weil der Vertrauensverlust sämtliche denkbaren Tätigkeiten des Antragsgegners in seinem Richteramt betreffe.
Gegen das Urteil des Dienstgerichts wendet sich die Revision des Antragsgegners. Er rügt eine fehlerhafte Verfahrenseinleitung und macht ferner geltend, die angegriffene Entscheidung beruhe auf einem gravierenden Verfahrensfehler, weil dem Aussetzungsantrag stattzugeben gewesen wäre. Wenn der vermeintliche Vertrauensverlust vorrangig daran festgemacht werde, dass er in der Öffentlichkeit als "Rechtsextremist" wahrgenommen werde, was zentral mit seiner Erwähnung im Sächsischen Verfassungsschutzbericht 2020 begründet werde, komme es auf die Richtigkeit dieser Tatsachenbasis an. Darüber hinaus habe der Antrag auf Versetzung in den Ruhestand keine gesetzliche Grundlage. Aus § 5 AbgG ergebe sich eine Privilegierung, deren Sperrwirkung als lex specialis der Anwendung des § 31 DRiG vorgehe. Das Dienstgericht habe ferner den nach seiner Ansicht maßgeblichen Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt und insbesondere nicht festgestellt, ob die ihm von Seiten des Antragstellers vorgeworfenen Äußerungen und Umstände überhaupt von ihm selbst herrührten. Unter Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO habe das Dienstgericht nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 1. Dezember 2022 ermitteltes Tatsachenmaterial berücksichtigt, indem es sich an mehreren Stellen auf eine Quellenlage aufgrund Abrufs aus dem Internet am 6. Dezember 2022 bezogen habe.
Der Antragsgegner beantragt,
das Urteil des Landgerichts Leipzig - Dienstgericht für Richter - vom 1. Dezember 2022 aufzuheben und den Antrag abzulehnen,
hilfsweise,
das Verfahren zur erneuten Entscheidung an das Dienstgericht zurückzuverweisen.
Der Antragsteller beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er verteidigt das Urteil des Dienstgerichts und meint, nach Rückführung in das frühere Dienstverhältnis seien im Verfahren zur Versetzung des Antragsgegners in den Ruhestand im Interesse der Rechtspflege gemäß § 31 Nr. 3 DRiG auch Tatsachen verwertbar, die sich während der Dauer der Legislaturperiode des 19. Deutschen Bundestages vom 24. Oktober 2017 bis zum 28. Oktober 2021 zugetragen hätten.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 45 Abs. 2 SächsRiG (in der hier maßgeblichen Fassung vom 2. August 2004), § 80 Abs. 2 DRiG statthafte und auch im Übrigen zulässige Revision ist unbegründet. Ohne Rechtsfehler hat das Dienstgericht die Versetzung des Antragsgegners in den Ruhestand nach § 31 Nr. 3 DRiG für zulässig erklärt. Die hiergegen gerichteten Revisionsangriffe bleiben erfolglos.
1. Die Revision rügt zunächst ohne Erfolg, die das Ve rfahren einleitende Antragsschrift des Antragstellers sei nicht ordnungsgemäß als elektronisches Dokument gemäß § 55d Satz 1 VwGO (hier i.V.m. § 45 Abs. 1 SächsRiG) bei dem Dienstgericht, das nach § 33 Satz 1 SächsRiG bei dem Landgericht Leipzig errichtet ist, eingereicht worden. Hierzu muss das elektronische Dokument nach § 55a Abs. 3 Satz 1 VwGO mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden; zu den sicheren Übermittlungswegen zählt nach § 55a Abs. 4 Nr. 3 VwGO der hier von dem Antragsteller - ausweislich des bei den Akten befindlichen Transfervermerks - gewählte Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten Postfach einer Behörde (beBPo) und der elektronischen Poststelle des Gerichts (EGVP). Nach dem klaren Gesetzeswortlaut des § 55a Abs. 3 VwGO handelt es sich bei der Einreichung eines mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehenen elektronischen Dokuments einerseits und der Einreichung eines (einfach) signierten elektronischen Dokuments auf einem sicheren Übermittlungsweg andererseits um zwei eigenständige Möglichkeiten der elektronischen Dokumentenübermittlung. Auch den Gesetzesmaterialien ist zu entnehmen, dass zur Wahrung der prozessualen Form die das Dokument verantwortende Person das elektronische Dokument entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz verseh en oder einen sicheren Übermittlungsweg nutzen muss; wählt sie einen sicheren Übermittlungsweg, muss sie das Dokument zum Abschluss lediglich durch eine einfache Signatur nach dem Signaturgesetz signieren und damit zu erkennen geben, die inhaltliche Verantwortung für das Dokument übernehmen zu wollen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Mai 2020 - 1 B 16/20, 1 PKH 7/20, Buchholz 310 § 55a VwGO Nr. 4 Rn. 5 unter Hinweis auf BT-Drucks. 17/12634 S. 25 zur inhaltsgleichen Regelung in § 130a ZPO). Diesen Anforderungen ist hier durch die eingescannte Unterschrift der zuständigen Staatsministerin des Antragstellers unter zusätzlicher Nennung ihres Namens am Textende Genüge getan (vgl. VGH Mannheim, NJW 2019, 1543 Rn. 5; Eyermann/Hoppe, VwGO, 16. Aufl., § 55a Rn. 14 m.w.N.). Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Antragsschrift ohne Billigung der Ministerin versandt worden ist.
2. Ebenfalls erfolglos rügt die Revision, es liege ein gravierender Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 1 Satz 1 DRiG vor, weil das Dienstgericht das vorliegende Verfahren gemäß § 94 VwGO (hier i.V.m. § 45 Abs. 1 SächsRiG) mit Blick auf das bei dem Verwaltungsgericht Dresden anhängige Verfahren hätte aussetzen müssen.
a) Diese Verfahrensrüge ist bereits unzulässig, denn ein Verstoß gegen § 94 VwGO als solcher wäre im Revisionsverfahren nicht als Verfahrensmangel rügefähig. Eine Aussetzungsentscheidung nach § 94 VwGO ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO - hier i.V.m. § 80 Abs. 1 Satz 1 DRiG - unanfechtbar, wenn sie im Beschlussweg ergeht. Die Revision kann in diesen Fällen nicht auf eine fehlerhafte Ablehnung einer Aussetzung gestützt werden. Dies folgt aus § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 557 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 80 Abs. 1 Satz 1 DRiG. Nichts anderes kann gelten, wenn - wie hier - über die begehrte Aussetzung im Urteil entschieden wird (vgl. BVerwGE 139, 272 Rn. 15; BVerwG, BeckRS 2017, 103793 Rn. 26; BVerwG, Beschluss vom 15. April 1983 - 1 B 133/82, Buchholz 310 § 94 VwGO Nr. 4 [juris Rn. 5]; jeweils m.w.N.).
b) Die Revision legt auch nicht gemäß § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 1 Satz 1 DRiG dar, dass die Verweigerung der Aussetzung des Verfahrens zu einem Folgemangel geführt hat, der dem Urteil des Dienstgerichts weiter anhaftet (vgl. BVerwGE 139, 272 Rn. 16; BVerwGE 39, 319, 323 f. [juris Rn. 15]). Der Antragsgegner wendet hierzu ein, wenn der vermeintliche Vertrauensverlust vorrangig und durchgängig daran festgemacht werde, dass er in der Öffentlichkeit als "Rechtsextremist" wahrgenommen werde, was wiederum zentral mit seiner Erwähnung im Sächsischen Verfassungsschutzbericht 2020 begründet werde, müsse dies vorrangig durch das Verwaltungsgericht Dresden geklärt werden. Damit kann der Antragsgegner nicht durchdringen. Das Dienstgericht hat nicht entscheidend darauf abgestellt, ob der Antragsgegner zu Recht als Rechtsextremist bezeichnet worden ist. Vielmehr hat es seine Entscheidung damit begründet, die festgestellten, vom Antragsteller vorgebrachten Äußerungen und Verhaltensweisen des Antragsgegners rechtfertigten die Einschätzung, dass seine Versetzung in den Ruhestand gemäß § 31 Nr. 3 DRiG zwingend geboten sei, um eine schwere Beeinträchtigung der Rechtspflege abzuwenden.
3. Das Dienstgericht hat ohne revisionsrechtlich beachtliche Rechtsfehler angenommen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für die vom Antragsteller beabsichtigte Versetzung des Antragsgegners im Interesse der Rechtspflege nach § 31 Nr. 3 DRiG gegeben sind. Nach dieser Vorschrift kann ein Richter auf Lebenszeit in den Ruhestand versetzt werden, wenn Tatsachen außerhalb seiner richterlichen Tätigkeit eine Maßnahme dieser Art zwingend gebieten, um eine schwere Beeinträchtigung der Rechtspflege abzuwenden.
a) Die Anwendung dieser Norm ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil einige der vom Antragsteller zur Begründung vorgetragenen und vom Dienstgericht berücksichtigten Umstände in einen Zeitraum fielen, in dem der Antragsgegner als Abgeordneter Mitglied des Deutschen Bundestages war.
aa) Der Antragsgegner kann sich insoweit nicht, wie das Dienstgericht zutreffend angenommen hat, auf seine Indemnität als Abgeordneter gemäß Art. 46 Abs. 1 Satz 1 GG berufen. Danach darf ein Abgeordneter zu keiner Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen einer Äußerung, die er im Bundestage oder in einem seiner Ausschüsse getan hat, gerichtlich oder dienstlich verfolgt oder sonst außerhalb des Bundestages zur Verantwortung gezogen werden. Der Indemnitätsschutz verbietet demgemäß jede beeinträchtigende Maßnahme außerhalb des Parlaments als Folge innerparlamentarischen Verhaltens eines Abgeordneten. Nach seinem Wortlaut und seinem Sinn und Zweck, die Arbeits- und Funktionsfähigkeit des Parlaments zu sichern und den Abgeordneten zu schützen, erfasst Art. 46 Abs. 1 Satz 1 GG allerdings nur das innerparlamentarische Verhalten des Abgeordneten (vgl. BVerfGE 144, 20 Rn. 568 m.w.N.). Der Schutzbereich dieser Bestimmung ist hingegen schon nicht betroffen, wenn - wie hier - ausschließlich außerparlamentarische Äußerungen eines (ehemaligen) Abgeordneten herangezogen werden, um die Tatbestandsvoraussetzungen des § 31 Nr. 3 DRiG zu belegen.
bb) Weiterhin ist das Dienstgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die vom Antragsteller vorgetragenen Tatsachen nicht deshalb unverwertbar sind, weil gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1, § 8 Abs. 1 AbgG i.V.m. § 36 Abs. 2 DRiG die Rechte und Pflichten aus dem Dienstverhältnis eines in den Bundestag gewählten Richters vom Tage der Feststellung des Bundeswahlausschusses (§ 42 Abs. 2 Satz 1 des Bundeswahlgesetzes) oder der Annahme des Mandats für die Dauer der Mitgliedschaft mit Ausnahme der Pflicht zur Amtsverschwiegenheit und des Verbots der Annahme von Belohnungen und Geschenken ruhen. Entgegen der Ansicht der Revision ergibt sich aus § 5 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 AbgG keine Privilegierung, die als lex specialis die Anwendung des § 31 DRiG sperren könnte.
(1) Eine derartige "Sperrwirkung" lässt sich weder dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 AbgG noch der Gesetzessystematik entnehmen. § 5 Abs. 1 Satz 1 AbgG, der nach § 8 Abs. 1 AbgG für Richter entsprechend gilt, ordnet lediglich ein "Ruhen" der Rechte und grundsätzlich auch der Pflichten aus dem Dienstverhältnis an. Das Ruhen der dem Richter obliegenden Pflichten für die Dauer seiner Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag lässt bei wortgetreuer Auslegung des § 5 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 AbgG nicht darauf schließen, dass nach Beendigung des Mandats eine in § 31 DRiG vorgesehene Versetzung im Interesse der Rechtspflege ausgeschlossen sein soll, wenn sie auf außerparlamentarische Umstände aus der Zeit der Mitgliedschaft des Richters im Deutschen Bundestag gestützt wird.
(2) Auch aus der Entstehungsgeschichte und dem Regelungszweck der § 5 Abs. 1 Satz 1, § 8 Abs. 1 AbgG ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber mit diesen Vorschriften die Anwendung des § 31 DRiG einschränken oder ausschließen wollte. Nachdem das Bundesverfassungsgericht im sogenannten Diätenurteil vom 5. November 1975 (BVerfGE 40, 296) die Privilegierung von in den Bundestag gewählten Beamten und Richtern durch Versetzung in den Ruhestand und Gewährung eines Ruhegehalts für verfassungswidrig erklärt hatte, konzipierte der Gesetzgeber mit dem Abgeordnetengesetz vom 18. Februar 1977 (BGBl. I S. 297) die Rechtsstellung dieser Mandatsträger neu und bestimmte u nter anderem das Ruhen der Rechte und Pflichten aus dem Dienstverhältnis in § 5 Abs. 1 Satz 1 AbgG. Diesbezüglich erfuhr die Vorschrift ebenso wie die Verweisungsnorm des § 8 AbgG seit Inkrafttreten des AbgG keine Änderungen (vgl. zur Entstehungsgeschichte: NK-AbgeordnetenR/Leppek, 2. Aufl. § 5 AbgG Rn. 1 ff., § 8 AbgG Rn. 1 f.). Die Inkompatibilitätsregelungen der §§ 5 ff. AbgG beruhen auf der Ermächtigung in Art. 137 Abs. 1 GG und tragen dem Grundsatz der Gewaltenteilung Rechnung. Dementsprechend hat der Gesetzgeber in § 5 AbgG die sich aus dem Nebeneinander der beiden unterschiedlichen Statusverhältnisse (Beamter/Richter und Abgeordneter) ergebenden Abgrenzungsfragen geregelt (vgl. NK-AbgeordnetenR/Leppek aaO § 5 AbgG Rn. 5). Dabei hat er das Ruhen des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses während der Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag angeordnet und für die Zeit danach ein weiteres Ruhen für längstens weitere sechs Monate bzw. bis zum Ruhestand sowie die Zurückführung in das frühere Dienstverhältnis auf Antrag bestimmt (§ 6 AbgG).
Darüber hinaus hat er keine Bestimmungen für die Ausgestaltung des wiederaufgenommenen Dienstverhältnisses nach Beendigung des Abgeordnetenmandats getroffen und insbesondere nicht die Ruhestandsversetzung des Beamten oder Richters eingeschränkt. Für einen so weitreichenden Regelungswillen des Gesetzgebers findet sich keine Andeutung in der Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages. Ziel dieses Gesetzes war die grundlegende Änderung der Rechtsstellung der Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die in den Bundestag gewählt werden. Im Unterschied zum bisherigen Recht sollte der Beamte mit Annahme der Wahl nicht mehr in den Ruhestand treten, sondern es sollte das Ruhen der Rechte und Pflichten aus dem Dienstverhältnis angeordnet werden (BT-Drucks. 7/5525 S. 2; BT-Drucks. 7/5531 S. 11, 14 f. zu § 7 AbgG-E; BT-Drucks. 7/5903 S. 2, 10 zu § 5 AbgG-E). In der Gesetzesbegründung wird hervorgehoben, dass sich der Entwurf "im Sinne einer klaren Trennung von Amt und Mandat" für das Ruhen der Rechte und Pflichten entscheide und dies den Beamten stärker aus seinem Dienstverhältnis löse. So sollte insbesondere die Pflicht zur Unparteilichkeit und die politische Treuepflicht, die Pflicht zur Mäßigung und Zurückhaltung bei politischer Betätigung und die Pflicht zur Einholung einer Genehmigung für eine Nebentätigkeit ruhen (BT-Drucks. 7/5531 S. 15 zu § 7 AbgG-E). Daraus ergibt sich, anders als die Revision meint, kein Anhaltspunkt dafür, dass die Ruhensanordnung für Richter nach Beendigung des Mandats und Wiederaufnahme des früheren Dienstverhältnisses eine "Sperrwirkung" in Bezug auf § 31 DRiG entfalten sollte. Vielmehr war Intention des Gesetzgebers lediglich die klare Trennung von Mandat und öffentlichem Dienstverhältnis während der Mitgliedschaft des Beamten oder Richters im Parlament. Dieser Zweck gebietet es nicht, dass aus - außerparlamentarischen - Äußerungen und sonstigen Verhaltensweisen eines Richters allein deshalb keine Folgerungen für die Anwendung von § 31 DRiG hergeleitet werden dürfen, weil sie in den zeitlichen Rahmen des Abgeordnetenmandats fallen.
b) Die Entscheidung des Dienstgerichts beruht auf einer rechtsfehlerfreien Anwendung des § 31 DRiG.
aa) Nach dieser Vorschrift muss eine der in Nummern 1 bis 3 genannten Versetzungsmaßnahmen durch außerhalb der richterlichen Tätigkeit liegende Tatsachen zwingend geboten sein, um eine schwere Beeinträchtigung der Rechtspflege abzuwenden.
Welcher Art die nach § 31 DRiG maßgeblichen Tatsachen sein müssen, umschreibt das Gesetz nicht. In Betracht kommen mündliche oder schriftliche Äußerungen oder anderes Verhalten des Richters (vgl. Schmidt-Räntsch, DRiG, 6. Aufl., § 31 DRiG Rn. 6). Die betreffenden Tatsachen müssen außerhalb der richterlichen Tätigkeit und können auch ganz außerhalb des dienstlichen Bereichs liegen (Schmidt-Räntsch aaO Rn. 5; vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 1995 - RiZ(R) 1/95, NJW 1995, 2495; vgl. die in der Begründung des Entwurfs eines Deutschen Richtergesetzes genannten Beispielsfälle, BT-Drucks. 3/516 S. 42 zu § 27 DRiG-E).
Ob die Versetzungsmaßnahme zwingend geboten ist, um eine schwere Beeinträchtigung der Rechtspflege abzuwenden, ist unter Abwägung der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Dabei sind strenge Maßstäbe anzulegen, weil § 31 DRiG in den Grundsatz der Unversetzbarkeit des Richters eingreift, der Ausfluss seiner persönlichen Unabhängigkeit im Sinne des Art. 97 Abs. 2 GG ist. Als Ausnahmeregelung von diesem Grundsatz ist die Vorschrift daher eng auszulegen (BGH, Urteil vom 19. Mai 1995 - RiZ(R) 1/95, NJW 1995, 2495 [juris Rn. 28]; Schmidt-Räntsch, DRiG, 6. Aufl., § 31 DRiG Rn. 8). Art. 97 Abs. 2 Satz 1 GG gestattet die Versetzung hauptamtlicher und planmäßig endgültig angestellter Richter gegen ihren Willen nur kraft richterlicher Entscheidung und nur aus Gründen und unter den Formen, welche die Gesetze bestimmen. Die Unversetzbarkeit wird dem Richter allerdings nicht um seiner selbst willen, sondern im Interesse einer unabhängigen Rechtsprechung gewährt (Schmidt-Räntsch aaO Rn. 3). Das Erfordernis restriktiver Gesetzesauslegung hat zur Folge, dass eine Versetzungsmaßnahme durch richterliches Urteil nur dann für zulässig erklärt werden darf, wenn objektiv feststeht, dass die festgestellten Tatsachen die Rechtspflege in schwerwiegender Weise beeinträchtigen. Davon muss unter anderem dann ausgegangen werden, wenn das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Person des Richters oder in seine Amtsführung in so hohem Maße Schaden genommen hat, dass seine Rechtsprechung nicht mehr glaubwürdig erscheint und durch sein Verbleiben in dem ihm anvertrauten Amt zugleich das öffentliche Vertrauen in eine unabhängige und unvoreingenommene Rechtspflege beseitigt oder gemindert würde (BGH, Urteil vom 19. Mai 1995 aaO m.w.N.; vgl. zur Wahrung der Unabhängigkeit durch Verhalten außerhalb des Richteramtes BVerfG NJW 1989, 93 [juris Rn. 4 f.] m.w.N.).
Eine Versetzung nach § 31 DRiG kommt grundsätzlich in Betracht, wenn der Richter nicht mehr die Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintreten wird. Das gilt nicht nur für die Berufung in das Richterverhältnis (§ 9 Nr. 2 DRiG), sondern ist dauernde Voraussetzung für die Ausübung des Richteramts auf der Grundlage des Grundgesetzes (vgl. BVerfG, NJW 2008, 2568 Rn. 16 ff.). Auf dem Boden des Grundgesetzes ist unabdingbare Voraussetzung für die Ausübung des Richteramts die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Richters (vgl. zur Voraussetzung der Rechtsstaatlichkeit als unverzichtbarem Bestandteil der freiheitlich en demokratischen Grundordnung BVerfGE 144, 20 Rn. 547). Tatsachen, die eine Versetzung nach § 31 DRiG rechtfertigen, liegen danach im Falle einer politischen Betätigung des Richters vor, wenn er sich in herausgehobener Stellung bei einer politischen Gruppierung betätigt, die Grundlagen des demokratischen Verfassungsstaats ablehnt. Weiter rechtfertigen Tatsachen eine Versetzung des Richters, wenn er durch sein Auftreten in der Öffentlichkeit den Eindruck erweckt, er werde aus politischen Gründen sein künftiges dienstliches Verhalten an seiner persönlichen Einschätzung und nicht mehr allein an den Gesichtspunkten der Sachrichtigkeit, Rechtstreue, Gerechtigkeit, Objektivität und dem Allgemeinwohl ausrichten.
Ob und inwieweit basale politische Treuepflichten aus dem Grundstatus des Richteramts folgen und in welchem Umfang sie während der Mitgliedschaft eines Richters im Deutschen Bundestag fortbestehen (vgl. dazu Gärditz, DVBl 2023, 367, 369; Nitschke, ZBR 2023, 139 ff. m.w.N.; von Roetteken, ZBR 2022, 109, 110; Wittkowski, ZRP 2022, 87, 89 f.), spielt deshalb für die Anwendung des § 31 DRiG keine Rolle. Entscheidend ist, ob die festgestellten Tatsachen die Beurteilung rechtfertigen, dass von der weiteren Ausübung der Richtertätigkeit eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Rechtspflege ausgehen wird. Hierfür ist maßgeblich, ob die Annahme gerechtfertigt ist, der Richter werde bei seiner künftigen Berufsausübung nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stehen.
Die Feststellung und Würdigung der einer Versetzungsmaßnahme im Sinne von § 31 DRiG zugrundeliegenden Tatsachen ist grundsätzlich Sache der Tatsachengerichte (vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 1995 - RiZ(R) 1/95, NJW 1995, 2495 [juris Rn. 28]) und unterliegt im Revisionsverfahren nur einer eingeschränkten Überprüfung (vgl. § 80 Abs. 1 Satz 1 DRiG, § 137 Abs. 2 VwGO). Sofern keine durchgreifenden Verfahrensrügen erhoben werden, ist das Revisionsgericht grundsätzlich an die im angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Die tatrichterliche Würdigung ist nur darauf zu überprüfen, ob sie gegen anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt, ob wesentlicher Tatsachenstoff außer Betracht gelassen wurde oder ob sie sonst auf Rechtsfehlern beruht (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juni 2023 - RiZ(R) 1/22, juris Rn. 36 m.w.N.).
bb) Die vom Dienstgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen sind revisionsrechtlich ebenso wenig zu beanstanden wie die von ihm auf dieser Grundlage vorgenommene Würdigung, dass nur eine Versetzung des Antragsgegners in den Ruhestand nach § 31 Nr. 3 DRiG in Betracht kommt.
(1) Das Dienstgericht hat zutreffend maßgeblich auf die exponierte Betätigung des Antragsgegners im sogenannten Flügel der AfD abgestellt, der nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im Sächsischen Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2020 unter Bezugnahme auf eine Fachinformation des Bundesamtes für Verfassungsschutz für 2020 als extremistischer Personenzusammenschluss innerhalb der AfD bezeichnet wird und dessen Politikkonzept insbesondere auf die permanente Verächtlichmachung demokratischer Institutionen, die Abschaffung des Parlamentarismus, die Etablierung einer völkischen Gesellschaftsordnung mit einem ethnokulturell homogenen Staatsvolk, die pauschale Ausgrenzung, Verächtlichmachung und Rechtlosstellung von Migranten, Muslimen und politisch Andersdenkenden abzielt und strukturelle Verbindungen zu sowie die systematische Zusammenarbeit mit der klassischen rechtsextremistischen und der neurechten Szene unterhält. Dabei hat das Dienstgericht zu Recht berücksichtigt, dass der "Flügel" im April 2020 zwar formell aufgelöst wurde, aber auch nach den in dem Sächsischen Verfassungsschutzbericht 2020 und im Verfassungsschutzbericht des Bundesamts für Verfassungsschutz 2020 zitierten Äußerungen des Antragsgegners "als Haltungsgemeinschaft noch weiterhin aktiv" ist. Dass das Dienstgericht mit Blick darauf die Besorgnis des Antragstellers, der Antragsgegner werde wegen seiner Betätigung für den "Flügel" der AfD in der Öffentlichkeit als Rechtsextremist wahrgenommen, für zutreffend erachtet hat, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Dabei hat das Dienstgericht wie geboten in den Blick genommen, dass der Antragsgegner nicht aufgrund einer haltlosen Berichterstattung Opfer einer künstlich herbeigeführten Empörung der Öffentlichkeit geworden ist, sondern seine öffentliche Wahrnehmung Folge tatsächlicher eigener Verhaltensweisen ist. Die - auch nach Ansicht des Antragsgegners in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Dresden zu klärende - Frage, ob er mit Recht als "Rechtsextremist" bezeichnet worden ist, hat das Dienstgericht zutreffend für unerheblich gehalten. Im Versetzungsverfahren kommt es entscheidend darauf an, dass - was hier der Fall ist - aufgrund der festgestellten Anknüpfungstatsachen das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Person des Antragsgegners oder in seine Amtsführung in so hohem Maße Schaden genommen hat, dass durch sein Verbleiben in dem ihm anvertrauten Amt zugleich das öffentliche Vertrauen in eine unabhängige und unvoreingenommene Rechtspflege beseitigt wird.
(2) Des Weiteren hat das Dienstgericht die oben wiedergegebenen, vom Antragsteller vorgetragenen und durch Videomitschnitt dokumentierten Äußerungen des Antragsgegners am 17. Januar 2017 bei einer Rede auf einer Parteiveranstaltung der AfD sowie die Presseberichterstattung hierzu berücksichtigt. Es hat hieraus zutreffend den Schluss gezogen, der Antragsgegner werde in der Öffentlichkeit als eine Person wah rgenommen, die nicht auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung steht. Die tatrichterliche Würdigung der in dieser Rede gefallenen Äußerungen wie der Bezeichnung der Aufarbeitung der NS -Verbrechen als "gegen uns gerichtete Propaganda und Umerziehung" und "Schuldkult" sowie der Hervorhebung der NPD als einzige Partei, die bis zum Aufkommen der AfD "immer geschlossen zu Deutschland gestanden habe", als nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stehend begegnet - auch mit Blick auf die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Auslegung von Meinungsäußerungen (vgl. BVerfGE 114, 339 Rn. 30 ff.) - keinen revisions-rechtlichen Bedenken. Letzteres steht im Einklang mit der Bewertung des Bundesverfassungsgerichts, die NPD sei eine dem Nationalsozialismus wesensverwandte Partei (BVerfGE 144, 20 Rn. 805). In diesen Zusammenhang hat das Dienstgericht zutreffend auch die Äußerungen des Antragsgegners anlässlich eines Wahlkampfauftritts am 21. August 2017 eingeordnet.
Mit der betreffend die Rede vom 17. Januar 2017 erhobenen Rüge, das Dienstgericht habe unter Verstoß gegen Verfahrensrecht (§ 108 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO) Quellen berücksichtigt, die erst aufgrund Abrufs aus dem Internet am 6. Dezember 2022 und damit nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 1. Dezember 2022 entstanden seien, vermag die Revision nicht durchzudringen. Soweit das Dienstgericht die von ihm herangezogene und im Internet veröffentlichte Presseberichterstattung mit dem Zusatz "Abruf zuletzt am 6. Dezember 2022" zitiert hat, legt die Revision bereits nicht dar, dass diese Quellen abweichend vom Wortlaut des Zusatzes erstmalig nach Schluss der mündlichen Verhandlung ermittelt wurden und mit den zu den Akten gereichten Presseberichten nicht übereinstimmen.
(3) Zu Recht hat das Dienstgericht weiter als Tatsache, die eine schwere Beeinträchtigung der Rechtspflege befürchten lässt und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Amtsführung und die Unvoreingenommenheit des Antragsgegners beseitigt, den von seinem offiziellen Twitter-Account als Reaktion auf einen Bericht des "Spiegel" vom 18. März 2019 abgesetzten "Tweet" rechtsfehlerfrei so gewürdigt, dass dadurch in der Öffentlichkeit der nachvollziehbare Eindruck entstehe, der Antragsgegner werde in Zukunft nicht unvoreingenommen und unabhängig Recht sprechen, sondern in seiner von ihm selbst empfundenen Eigenschaft als "AfDRichter" von parteipolitischen Motiven oder Einstellungen geleitet. Soweit das Dienstgericht ausweislich der Entscheidungsgründe den "Spiegel"-Bericht "zuletzt am 6. Dezember 2022" abgerufen hat, hat die Revision aus den vorgenannten Gründen mit ihrer Verfahrensrüge ebenfalls keinen Erfolg.
Ob der fragliche "Tweet" vom Antragsgegner selbst oder, wie er vorträgt, von einem seiner Mitarbeiter abgesetzt wurde, brauchte das Dienstgericht entgegen der Auffassung der Revision nicht aufzuklären. Revisionsrechtlich bedenkenfrei hat es darauf abgestellt, dass die Öffentlichkeit die vom offiziellen Twitter-Account des Antragsgegners stammenden und von ihm nicht zurückgenommenen Äußerungen dem Antragsgegner zurechnen und daraus Schlüsse auf seine von seiner politischen Überzeugung geprägte Einstellung bei seiner (künftigen) richterlichen Tätigkeit ziehen werde.
(4) Entsprechendes gilt, wie das Dienstgericht zutreffend angenommen hat, soweit in einem "Tweet" vom Twitter-Account des Antragsgegners der Sohn des ehemaligen Tennisprofis Becker als "kleiner Halbneger" bezeichnet wurde. Auch diese rechtsfehlerfrei als abwertend, menschenverachtend und rassistisch gewürdigte Äußerung konnte das Dienstgericht dem Antragsgegner aufgrund der Veröffentlichung mittels seines offiziellen Accounts zuordnen, selbst wenn sie nach seinem Vortrag von einem seiner Mitarbeiter abgesetzt wurde.
(5) Bereits die vorstehenden, vom Dienstgericht festgestellten, vom Antragsgegner stammenden oder ihm zuzurechnenden Äußerungen und Verhaltensweisen tragen im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung den Schluss, dass das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Person und die Amtsführung des Antragsgegners in hohem Maße beeinträchtigt ist und seine weitere rechtsprechende Tätigkeit den Eintritt eines schweren Schadens für das Ansehen der Rechtspflege besorgen lässt, was eine Maßnahme nach § 31 DRiG zwingend gebietet.
Das Dienstgericht hat auch zutreffend aus den in § 31 DRiG genannten Maßnahmen die Versetzung in den Ruhestand als verhältnismäßig ausgewählt. Eine Versetzung des Antragsgegners gemäß § 31 Nr. 1 DRiG in ein anderes Richteramt mit gleichem Endgrundgehalt kommt nicht in Betracht, weil die den Vertrauensverlust begründenden Tatsachen die Verwendung des Antragsgegners in jedem Richteramt ausschließen. Jedenfalls in einem Fall wie hier, in dem aufgrund einer langjährig verfestigten und öffentlichkeitswirksam vertretenen politischen Anschauung außerhalb der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ein erheblicher Vertrauensverlust in der Öffentlichkeit eingetreten und zugleich nicht zu erwarten ist, dass innerhalb der verbleibenden Dienstzeit eine Änderung der die Entscheidung nach § 31 DRiG bestimmenden Tatsachen eintritt, kommt auch eine Versetzung nur in den einstweiligen Ruhestand gemäß § 31 Nr. 2 DRiG als weniger einschneidende Maßnahme nicht in Betracht. Deshalb hat das Dienstgericht rechtsfehlerfrei auf die nach § 31 DRiG schärfste Maßnahme erkannt.