BGH zur Pflicht des Rechtsanwalts, den Ablauf von Rechtsmittelbegründungspflichten eigenverantwortlich zu überprüfen
Verfahrensrecht
BGH, Beschluss vom 31.07.2024, XII ZB 573/23
Verfahrensgang: AG Minden, 33 F 70/23 vom 25.07.2023
OLG Hamm, II-9 UF 127/23 vom 13.11.2023
Leitsatz:
Werden einem Rechtsanwalt die Akten im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozesshandlung vorgelegt, hat er den Ablauf von Rechtsmittelbegründungsfristen eigenverantwortlich zu prüfen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 1. März 2023 - XII ZB 483/21 - NJW-RR 2023, 698).
Gründe:
I. Der Antragsgegner begehrt Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist.
Das Amtsgericht hat den Antragsgegner in einem Verfahren nach § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG (sonstige Familiensache) verpflichtet, an die Antragstellerin, seine von ihm getrennt lebende Ehefrau, einen Betrag von 293.000 ¤ nebst Zinsen zu zahlen. Gegen den seinem Verfahrensbevollmächtigten am 25. Juli 2023 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner am 24. August 2023 beim Amtsgericht Beschwerde eingelegt. Mit einem am selben Tag beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 2. Oktober 2023 hat der Antragsgegner seine Beschwerde begründet. Das Amtsgericht hat den mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehenen Schriftsatz am 4. Oktober 2023 auf elektronischem Wege an das Oberlandesgericht weitergeleitet. Durch Beschluss vom selben Tag hat das Oberlandesgericht darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, die Beschwerde des Antragsgegners als unzulässig zu verwerfen, weil eine Rechtsmittelbegründung nicht innerhalb der Frist des § 117 Abs. 1 Satz 3 FamFG eingegangen sei. Dieser Hinweis ist dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners am 6. Oktober 2023 zugegangen.
Am 11. Oktober 2023 hat der Antragsgegner beim Oberlandesgericht Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdebegründungsfrist beantragt. Zur Begründung hat er unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung der Mitarbeiterin Frau E. seines Verfahrensbevollmächtigten ausgeführt, diese sei in der Kanzlei für die Fristenverwaltung zuständig. In den mehr als 20 Jahren ihrer Beschäftigung sei ihr bislang kein Fehler im Fristenkalender unterlaufen. Nach der Organisation des Büros werde zunächst eine Vorfrist von einer Woche eingetragen, wobei die Fristen sowohl in einem gesonderten Fristenkalender als auch digital in der Anwaltssoftware notiert würden. Neben der Vorfrist gebe es ferner die sogenannte Notfrist. Der Verfahrensbevollmächtigte kontrolliere regelmäßig die Einhaltung der Fristen. Sämtliche Mitarbeiter seien bei Aufnahme ihrer Tätigkeit über die Regelungen für die Fristenkontrolle und deren Bedeutung belehrt worden. Diese Belehrungen würden auch regelmäßig wiederholt, zuletzt am 4. August 2023. Der Verfahrensbevollmächtigte habe beim Diktat der Beschwerdeschrift explizit erklärt, dass die Frist für die Beschwerdebegründung einen Monat betrage und diese allerspätestens am 25. September 2023 beim Oberlandesgericht, hilfsweise beim Familiengericht Minden, einzugehen habe. Er habe ferner diktiert, dass ihm die Akte zur Vorfrist am 18. September 2023 vorgelegt werden solle, damit ausreichend Zeit für die Rechtsmittelbegründung verbleibe. Tatsächlich habe Frau E. die Vorfrist aber versehentlich für den 18. Oktober 2023 und die Notfrist für den 25. Oktober 2023 eingetragen. Dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners sei dies nicht aufgefallen, da er auf die ordnungsgemäße Einhaltung und Beachtung der Fristen vertraut habe und aufgrund seiner Arbeitsbelastung eine Kontrolle nicht erfolgt sei. Erst durch den Hinweis des Oberlandesgerichts vom 4. Oktober 2023 habe er den Fehler bemerkt und nach seiner urlaubsbedingten Abwesenheit vom 3. bis zum 10. Oktober 2023 den Wiedereinsetzungsantrag gestellt.
Das Oberlandesgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners.
II. Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 112 Nr. 3, 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG i.V.m. §§ 238 Abs. 2, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Auch wenn die Beschwerde des Antragsgegners noch nicht als unzulässig verworfen worden ist, kann gegen den isolierten, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagenden Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt werden (vgl. BGH Beschluss vom 31. August 2023 - III ZB 72/22 - NJOZ 2023, 1399 Rn. 7 mwN). Sie ist jedoch nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Die angefochtene Entscheidung verletzt den Antragsgegner jedenfalls im Ergebnis weder in seinem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) noch in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1, 19 Abs. 4, 20 Abs. 3 GG).
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, dass der Verfahrensbevollmächtige des Antragsgegners durch seine Büroorganisation grundsätzlich ausreichende Vorkehrungen zur Vermeidung von Fristversäumnissen getroffen habe. Er dürfe grundsätzlich darauf vertrauen, dass eine zuverlässige Bürokraft allgemeine Weisungen befolge, wenn nicht Umstände dazu Anlass geben würden, an der Umsetzung der Anweisung zu zweifeln. Allerdings habe der Verfahrensbevollmächtigte es entgegen seiner üblichen Büroorganisation unterlassen, die entsprechenden Fristen zu kontrollieren. Soweit er sich darauf stütze, dass die Kontrolle aufgrund der - allerdings nicht näher dargelegten - anwaltlichen Arbeitsbelastung unterlassen worden sei, könne dies den Antragsgegner nicht entlasten. Im Übrigen hätte spätestens die ihm unter dem 12. September 2023 erfolgte Übermittlung des Aktenzeichens des Beschwerdeverfahrens Anlass geben müssen, die notierten Fristen (erneut) zu prüfen. Dass die Nichtwahrung der Beschwerdebegründungsfrist auch auf anwaltlichem Verschulden beruhte, lege des Weiteren der Umstand nahe, dass die Begründungsschrift vom 2. Oktober 2023 an das hierfür unzuständige Amtsgericht gerichtet gewesen sei, ohne dass die zu diesem Zeitpunkt bereits verstrichene Begründungsfrist aufgefallen sei.
2. Zwar meint die Rechtsbeschwerde mit Recht, dass diese Ausführungen des Beschwerdegerichts nicht tragfähig sind. So führt die Gewohnheit eines Rechtsanwalts, in seinem Kanzleibetrieb über das gebotene Maß hinaus weitere Vorkehrungen zur Vermeidung von Fristversäumnissen zu treffen, nicht zu einer Verschärfung seiner Sorgfaltspflichten (vgl. BGH Urteil vom 19. Dezember 1991 - VII ZR 155/91 - NJW 1992, 1047 mwN), weshalb dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners auch nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, dass er die Fristen entgegen seiner sonst üblichen Büroorganisation nicht nach deren Eintragung im Fristenkalender anlasslos kontrolliert hat. Darüber hinaus hat die lediglich informatorische Mitteilung des zweitinstanzlichen Aktenzeichens - unbeschadet der Frage ihres Eingangs beim Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners - keinen Anlass zu einer Bearbeitung der Akte gegeben, die eine Pflicht zur Prüfung der notierten Fristen hätte auslösen können (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 1. März 2023 - XII ZB 483/21 - NJW-RR 2023, 698 Rn. 11 mwN und BGH Beschluss vom 23. November 2000 - IX ZB 83/00 - NJW 2001, 1578, 1579 mwN). Auch lassen sich aus der nach dem Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist erfolgten Adressierung des Begründungsschriftsatzes an das für dessen Empfang nicht zuständige Amtsgericht (§ 117 Abs. 1 Satz 2 FamFG) keine Rückschlüsse auf ein etwaiges Anwaltsverschulden hinsichtlich der damit vorliegend nicht in Zusammenhang stehenden Versäumung der Begründungsfrist ziehen.
Auf all dies kommt es aber nicht entscheidend an. Vielmehr erweist sich die angefochtene Entscheidung im Ergebnis gleichwohl als zutreffend, weil die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist aus anderen Gründen auf einem Verschulden des Verfahrensbevollmächtigten beruht, das sich der Antragsgegner nach § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss.
a) Gemäß § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 233 ZPO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn ein Beteiligter ohne sein Verschulden verhindert war, die Beschwerdebegründungsfrist nach § 117 Abs. 1 Satz 3 FamFG einzuhalten, wobei ein Verschulden des Verfahrensbevollmächtigten dem Beteiligten zuzurechnen ist (§ 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO). Nach ständiger Rechtsprechung des Senats muss der Wiedereinsetzungsantrag die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten. Hierzu gehört eine aus sich heraus verständliche, geschlossene Schilderung der tatsächlichen Abläufe, aus der sich ergibt, auf welchen konkreten Umständen die Fristversäumung beruht (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 16. August 2023 - XII ZB 499/22 - juris Rn. 6 mwN). Besteht nach diesen von dem Beteiligten glaubhaft gemachten Tatsachen (§ 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO) zumindest die Möglichkeit, dass die Fristversäumung von dem Beteiligten beziehungsweise seinem Verfahrensbevollmächtigten verschuldet war, kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht (vgl. Senatsbeschluss vom 1. März 2023 - XII ZB 228/22 - FamRZ 2023, 879 Rn. 13 mwN).
b) Der Wiedereinsetzungsantrag des Antragsgegners und die eidesstattliche Versicherung der Mitarbeiterin enthalten keine hinreichende Schilderung der tatsächlichen Abläufe, die nach den vorstehenden Maßstäben ein fehlendes Verschulden seines Verfahrensbevollmächtigten annehmen ließe.
aa) Es entspricht ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass ein Rechtsanwalt die Führung des Fristenkalenders im Rahmen einer von ihm zu verantwortenden Büroorganisation auf sein geschultes, als zuverlässig erprobtes und sorgfältig überwachtes Personal zur selbstständigen Erledigung übertragen darf. Zu den die Führung des Fristenkalenders betreffenden Aufgaben, die delegiert werden dürfen, gehört auch die Notierung von Vor- und Hauptfristen (vgl. etwa BGH Beschlüsse vom 26. Januar 2022 - VII ZB 2/21 - NJOZ 2022, 1043 Rn. 15 mwN und vom 13. September 2018 - V ZB 227/17 - NJW-RR 2018, 1451 Rn. 9 mwN). Allerdings muss ein Rechtsanwalt alles ihm Zumutbare tun, um die Wahrung von Fristen zu gewährleisten. So hat er durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden. Zu den zur Ermöglichung einer Gegenkontrolle erforderlichen Vorkehrungen im Rahmen der Fristenkontrolle gehört insbesondere, dass die Rechtsmittel- und Rechtsmittelbegründungsfristen in der Handakte notiert werden und die Handakte durch entsprechende Erledigungsvermerke oder auf sonstige Weise erkennen lässt, dass die Fristen in den Fristenkalender eingetragen worden sind (Senatsbeschluss vom 19. Oktober 2022 - XII ZB 113/21 - NJW-RR 2023, 136 Rn. 11 mwN). Zu einer ordnungsgemäßen Büroorganisation gehört dabei die klare Anweisung, dass stets und unter allen Umständen zuerst die Fristen im Kalender notiert werden müssen, bevor ein entsprechender Vermerk in der Akte eingetragen werden kann. Denn sonst besteht die Gefahr, dass der Erledigungsvermerk in der Handakte bereits vor der Eintragung in den Kalender angebracht wird und die Gegenkontrolle versagt (Senatsbeschluss vom 29. Juni 2022 - XII ZB 9/22 - FamRZ 2022, 1633 Rn. 9 mwN).
Darüber hinaus hat ein Rechtsanwalt den Ablauf von Rechtsmittelbegründungsfristen immer dann eigenverantwortlich zu prüfen, wenn ihm die Akten im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Verfahrenshandlung, insbesondere zu deren Bearbeitung, vorgelegt werden. In diesem Fall muss der Rechtsanwalt stets auch alle unerledigten Fristen einschließlich ihrer Notierung in den Handakten prüfen (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 1. März 2023 - XII ZB 483/21 - NJW-RR 2023, 698 Rn. 11 mwN und BGH Beschluss vom 23. November 2000 - IX ZB 83/00 - NJW 2001, 1578, 1579 mwN). Dies gilt unabhängig davon, ob die Handakten des Rechtsanwalts in herkömmlicher Form als Papierakten oder als elektronische Akten geführt werden (vgl. Senatsbeschluss vom 1. März 2023 - XII ZB 483/21 - NJW-RR 2023, 698 Rn. 11 mwN). Die anwaltliche Prüfungspflicht besteht auch dann, wenn die Handakte nicht zugleich zur Bearbeitung mit vorgelegt worden ist, so dass der Rechtsanwalt in diesen Fällen die Vorlage der Handakte zur Fristenkontrolle zu veranlassen hat (Senatsbeschluss vom 19. Oktober 2022 - XII ZB 113/21 - NJW-RR 2023, 136 Rn. 12 mwN). Der Rechtsanwalt muss die erforderliche Einsicht in die Handakte nehmen, indem er sich entweder die Papierakte vorlegen lässt oder das digitale Aktenstück am Bildschirm einsieht (Senatsbeschluss vom 9. Juli 2014 - XII ZB 709/13 - FamRZ 2014, 1624 Rn. 14).
bb) Gemessen hieran kann vorliegend die Möglichkeit, dass die Fristversäumung vom Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers verschuldet war, nicht ausgeschlossen werden.
(1) Nach dem Vortrag des Antragsgegners hat sein Verfahrensbevollmächtigter beim Diktat der Beschwerdeschrift explizit auch erklärt, dass die Beschwerdebegründungsfrist bis zum 25. September 2023 laufe und ihm die Akte zur Vorfrist am 18. September 2023 vorgelegt werden solle, damit ausreichend Zeit für die Rechtsmittelbegründung verbleibe. Die bis dahin zuverlässige Mitarbeiterin habe aber versehentlich die Vorfrist für den 18. Oktober 2023 und die Notfrist für den 25. Oktober 2023 eingetragen. Mit dem Diktat der Beschwerdeschrift war diese fristgebundene Verfahrenshandlung indes nicht abgeschlossen. Vielmehr musste der Verfahrensbevollmächtigte noch die Endkontrolle des nach seinem Diktat gefertigten Schriftsatzes vornehmen, für diesen - hier in Form einer qualifizierten elektronischen Signatur - die Verantwortung übernehmen und die Versendung des Schriftsatzes an das Amtsgericht veranlassen. Da zu einer ordnungsgemäßen Büroorganisation gehört, dass stets und unter allen Umständen zuerst die Fristen im Kalender eingetragen werden und erst danach ein entsprechender Vermerk in der Handakte erfolgt, hätten die Fristen anlässlich der Erledigung des Diktats der Beschwerdeschrift zuerst im Kalender notiert und sodann ein Vermerk in den Handakten angebracht werden müssen.
Zu dem Zeitpunkt, als der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners mit der Endkontrolle der Beschwerdeschrift befasst war, hätte im Falle einer ordnungsgemäßen Büroorganisation die Handakte also durch entsprechende Erledigungsvermerke oder auf sonstige Weise erkennen lassen müssen, dass die Vorfrist und die Notfrist in den Fristenkalender eingetragen worden sind. Es ist allerdings nicht dargelegt, dass in der Handakte die korrekten Fristen notiert wurden, weshalb nicht ausgeschlossen werden kann, dass dort dieselben falschen Fristen wie im Fristenkalender eingetragen worden sind. Dies hätte dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners anlässlich der Endkontrolle des Beschwerdeschriftsatzes auffallen müssen.
(2) Ebenso wenig ist dargelegt, wann der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners die Akten zur Erstellung der Beschwerdebegründung vorgelegt bekam oder wann er sie sich selbst zur Bearbeitung gezogen hat. Angesichts des Umstands, dass er am 2. Oktober 2023 den fehlerhaft an das Amtsgericht adressierten Begründungsschriftsatz elektronisch signiert hat, müssen ihm die Akten - aus welchem Grund auch immer - vor der im Fristenkalender für den 18. Oktober 2023 eingetragenen Vorfrist vorgelegen haben. Bei diesem Geschehensablauf ist die Möglichkeit nicht auszuschließen, dass er die Akten auch schon so rechtzeitig zur Bearbeitung vorliegen hatte, dass er die Beschwerdebegründung noch fristwahrend hätte fertigen oder zumindest eine (erstmalige) Fristverlängerung hätte beantragen können. Es ist somit nicht auszuschließen, dass die fehlerhafte Eintragung der Fristen im Fristenkalender nicht kausal für die Fristversäumung war, sondern der Verfahrensbevollmächtigte, dem auch am 2. Oktober 2023 die bereits abgelaufene Beschwerdebegründungsfrist nicht aufgefallen ist, diese Frist durch ein eigenes Verschulden versäumt hat.
c) Der Senat war auch nicht gehalten, dem Antragsgegner Gelegenheit zur Präzisierung seines Vortrags zu geben. Grundsätzlich müssen gemäß § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. §§ 234 Abs. 1, 236 Abs. 2 ZPO alle Tatsachen, die für die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Bedeutung sein können, innerhalb der Antragsfrist vorgetragen werden. Zwar dürfen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung geboten gewesen wäre, auch noch nach Fristablauf erläutert und vervollständigt werden (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 25. September 2013 - XII ZB 200/13 - NJW 2014, 77 Rn. 9 mwN). Diese Voraussetzungen liegen hier indessen nicht vor, weil die Fragen, ob der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners anlässlich der Endkontrolle der Beschwerdeschrift die Fristvermerke in der Handakte überprüft hat und wann ihm die Akten zur Erstellung der Beschwerdebegründung vorgelegen haben, zentrale Aspekte zur Beurteilung der Frage des Verschuldens an der Fristversäumung darstellen und das Vorbringen des Antragsgegners somit die gebotene geschlossene Schilderung des konkreten Geschehensablaufs insgesamt vermissen ließ.
3. Über die Kosten des Wiedereinsetzungsverfahrens, zu denen auch die Kosten des hiesigen Rechtsbeschwerdeverfahrens gehören, ist erst im Rahmen der Endentscheidung über die Hauptsache zu befinden (vgl. BGH Beschluss vom 24. Juli 2000 - II ZB 20/99 - NJW 2000, 3284, 3286).